Entscheidungsstichwort (Thema)
Berechnung der Höhe des Betriebsrentenanspruchs eines Betriebsrentners nach einem Versorgungsausgleich
Leitsatz (amtlich)
1. Die Bindungswirkung einer familiengerichtlichen Beschlussformel über den Versorgungsausgleich betreffend den Betriebsrentenanspruch eines Ehegatten erfasst im Verhältnis des Ehegatten als Betriebsrentner und seinem am familiengerichtlichen Verfahren beteiligten Versorgungsschuldner auch den Wirkungszeitpunkt des Versorgungsausgleichs.
2. Der Umstand, dass der Ehegatte während des familiengerichtlichen Verfahrens weiter seine ungekürzte Versorgung aus einer unmittelbaren Versorgungszusage bezogen hat, führt nicht dazu, dass die Kürzung seines Betriebsrentenanspruchs abweichend von dem im familiengerichtlichen Beschluss festgelegten Wirkungszeitpunkt in der Vergangenheit - hier der 30.06.2016 - erst nach Eintritt der Rechtskraft des familiengerichtlichen Beschlusses - hier am 14.12.2022 - erfolgt.
Normenkette
BGB § 242; FamFG § 219 Nr. 2, § 220 Abs. 4, § 224 Abs. 1; VersAusglG § 1 Abs. 1-2, § 5 Abs. 2, § 10 Abs. 1, § 30 Abs. 2; ZPO §§ 258, 520 Abs. 3
Verfahrensgang
ArbG Essen (Entscheidung vom 12.12.2023; Aktenzeichen 3 Ca 2191/23) |
Tenor
1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Essen vom 12.12.2023 - 3 Ca 2191/23 - wird zurückgewiesen.
2. Die Kosten des Berufungsverfahrens werden dem Kläger auferlegt.
3. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten über die Höhe des Betriebsrentenanspruchs des Klägers nach einem Versorgungsausgleich.
Der am 06.08.1953 geborene Kläger war bei der Beklagten bis zum 31.08.2003 beschäftigt. Diese hatte ihm eine betriebliche Altersversorgung nach der Leistungsordnung des Bochumer Verbandes (im Folgenden LO) zugesagt. Ab dem 01.12.1975 war der Kläger mit Frau N. verheiratet. Seit dem 01.09.2013 bezog der Kläger von der Beklagten ein Ruhegeld nach der LO.
An dem seit dem Jahr 2016 anhängigen familiengerichtlichen Verfahren bei dem Amtsgericht D. - Familiengericht - zum Az. 40 F 393/16 war neben dem Kläger (im familiengerichtlichen Verfahren Antragsgegner) und seiner damaligen Ehefrau N. (im familiengerichtlichen Verfahren Antragstellerin) u.a. auch die Beklagte beteiligt. Auf Anforderung des Familiengerichts D. gab die Beklagte in dem damaligen Verfahren unter dem 07.09.2016 und unter dem 07.03.2022 einen Vorschlag für einen Ausgleichswert betreffend die bei ihr zu Gunsten des Klägers nach der LO bestehende betriebliche Altersversorgung ab. Der Vorschlag für den Ausgleichswert belief sich in beiden Fällen auf einen Kapitalwert von 173.174,87 Euro. Grundlage waren jeweils der Auskunft beigefügte Gutachten der O. Deutschland GmbH vom 01.09.2016 und 07.03.2022, die inhaltlich identisch waren und bei ihrer Berechnung jeweils zu dem Kapitalwert von 173.174,87 Euro gemäß § 9 der Teilungsregelung der Beklagten (im Folgenden TR) kamen.
Während des laufenden familiengerichtlichen Verfahrens bezog der Kläger von der Beklagten - anders als vom Bochumer Verband mit Schreiben vom 15.09.2016 mitgeteilt, welches dieser mit Schreiben vom 29.09.2016 insoweit betreffend die laufende Zahlung für gegenstandslos erklärte - seine ungekürzte Betriebsrente von zunächst monatlich 1.458,20 Euro brutto weiter. Dieser Betrag wurde zum 01.01.2018 um 3,66 % auf monatlich 1.511,60 Euro brutto und zum 01.01.2021 um 2,83 % auf monatlich 1.554,40 Euro brutto angepasst und in dieser Höhe an den Kläger ausgezahlt. Grundlage waren Beschlüsse des Bochumer Verbandes, ausweislich derer die sich nach der Anpassung ergebenden laufenden Leistungen kaufmännisch auf 10 Cent gerundet wurden.
In dem Protokoll der nichtöffentlichen Sitzung des Familiengerichts D. zum Az. 40 F 393/16 am 24.03.2022 hieß es u.a.
"Die Auskünfte der Versorgungsträger der sich daraus ergebene Ausgleich wurden erörtert. Es wurde festgestellt, dass noch keine neue Auskunft bezüglich der Anwartschaft des Antragsgegners bei der Deutschen Rentenversicherung Knappschaft-Bahn-See vorliegt. Der Eingang dieser Auskunft muss noch abgewartet werden bis der Versorgungsausgleich endgültig durchgeführt werden kann. Es wurde insbesondere noch einmal hervorgehoben, dass auch nach der Gesetzeslage die betriebliche Altersvorsorge des Antragsgegners bei der C. Herne auszugleichen ist.
Sodann schlossen die Beteiligten folgenden Vergleich:
1. Die Beteiligten verzichten wechselseitig auf Zugewinnausgleichsansprüche und nehmen diesen Verzicht wechselseitig an.
2. Die Beteiligten verzichten wechselseitig auf Nachscheidungsunterhalt und nehmen diesen Verzicht wechselseitig an. Der Verzicht gilt wechselseitig sowohl dem Anspruchsgrund als auch der Höhe nach, auch für den Fall des Notbedarfs, einer sonstigen Einkommens- oder Vermögenslosigkeit, gleichgültig, ob Ansprüche bereits erkennbar hervorgetreten sind oder nicht, mithin für Unterhalt in jeder Form.
3. Dieser Vergleich erlangt Wirksamkeit, wenn keiner der beteiligten Eheleute gegen den Scheidungsbeschluss oder den Ausspruch zum Versorgungsausg...