Entscheidungsstichwort (Thema)
Verbraucherinsolvenz des Arbeitnehmers. einvernehmliche Änderung von Arbeitszeit und Arbeitsvergütung nach Änderungskündigung ohne Zustimmung des Treuhänders
Leitsatz (amtlich)
Der Arbeitnehmer, der sich in Verbraucherinsolvenz befindet, darf ohne Zustimmung des Treuhänders das in einer Änderungskündigung enthaltene Angebot seines Arbeitgebers zur Absenkung von Arbeitszeit und Arbeitsvergütung annehmen, auch wenn sich dadurch der pfändbare Teil seines Arbeitseinkommens verringert. Dies gilt jedenfalls dann, wenn sich die Änderung der Vergütung als Folge der Neubestimmung des Synallagmas des Arbeitsverhältnisses darstellt.
Normenkette
InsO §§ 80-81, 97, 287, 291, 313
Verfahrensgang
ArbG Mönchengladbach (Urteil vom 13.07.2011; Aktenzeichen 6 Ca 1302/11) |
Nachgehend
Tenor
1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Mönchengladbach vom 13.07.2011 – 6 Ca 1302/11 – wird zurückgewiesen.
2. Die Kosten der Berufung werden dem Kläger auferlegt.
3. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten darüber, in welcher Höhe der Kläger von der Beklagten Zahlungen aus dem Arbeitseinkommen des Herrn D. zur Insolvenzmasse verlangen kann.
Herr D. war seit dem 01.06.2006 auf der Grundlage des Arbeitsvertrags vom 30.05.2006 bei der Beklagten, deren Geschäftsführerin die Ehefrau des Herrn D. ist, als Führungskraft zur Überwachung von Diskothek und Bistro in B. sowie von Restaurant und Hotel in N. beschäftigt. § 3 des Arbeitsvertrags sah eine Arbeitszeit „entsprechend den betrieblichen Erfordernissen zwischen 169 und 199 Stunden” vor. In § 4 des Arbeitsvertrags war eine Vergütung von 3.000,00 Euro brutto monatlich vereinbart, mit welcher auch die über die 169 Stunden hinaus geleistete Arbeitszeit abgegolten sein sollte. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den zur Akte gereichten Arbeitsvertrag Bezug genommen. Die Beklagte betrieb neben ihrem Stammgeschäft, dem Gaststätten- und Hotelbetrieb „L.” in N. die Diskothek „Tanz q. F.” in B., L. 8. In B., L. 10 eröffnete sie zudem im November 2006 die Gaststätte „U.”.
Über das Vermögen des Herrn D. wurde durch Beschluss des Amtsgerichts Mönchengladbach vom 01.10.2007 (45 IK 188/07) am gleichen Tag wegen Zahlungsunfähigkeit das Insolvenzverfahren eröffnet und der Kläger zum Treuhänder (§ 313 InsO) ernannt. In dem Beschluss wurde weiter festgehalten, dass Herr D. Restschuldbefreiung beantragt hatte. Mit Schreiben vom 09.10.2007 forderte der Kläger die Beklagte zur Abführung der pfändbaren Beträge des Arbeitseinkommens von Herrn D. auf und wies darauf hin, dass hinsichtlich der pfändbaren Lohnbestandteile mit schuldbefreiender Wirkung nur noch an ihn gezahlt werden konnte. Bis einschließlich März 2010 waren drei Unterhaltspflichten des Herrn D. (Ehefrau und zwei Kinder), seit April 2010 aufgrund des Beschlusses des Amtsgerichts Mönchengladbach vom 31.03.2010 (45 IK 188/07) nur noch zwei Unterhaltspflichten (zwei Kinder) zu berücksichtigen.
Am 31.07.2010 kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis mit Herrn D. aus dringenden betrieblichen Gründen zum 30.09.2010. Sie bot diesem zugleich die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses zu folgenden Bedingungen an:
- „Das Gehalt beträgt ab 1.10.2010 brutto 2.100,00 Euro monatlich.
- Die Arbeitszeit ab 1.10.2010 beträgt 120 Stunden monatlich.
- Die Öffnungszeiten des Lokals U. F. bleiben beschränkt auf die Wochentage Freitag und Samstag und vor einem Feiertag.
- Im Übrigen gelten die Bestimmungen des Anstellungsvertrages fort.”
Dieses Angebot nahm Herr D. ohne Zustimmung des Klägers am 31.07.2010 ohne Vorbehalt an. Bis zum September 2010 führte die Beklagte vom Arbeitseinkommen des Herrn D. monatlich einen pfändbaren Anteil von 263,01 Euro ab. Ab dem 01.10.2010 reduzierte sich das monatliche Bruttogehalt des Herrn D. auf 2.100,00 Euro. Die Beklagte führte fortan monatlich 87,01 Euro an den Kläger ab.
Der Kläger hat die Ansicht vertreten, die ohne seine Zustimmung erfolgte Reduzierung des Gehalts durch Herrn D. sei gemäß §§ 80, 81 InsO unwirksam. Zwar falle die Arbeitskraft als solche nicht in die Insolvenzmasse, wohl aber die pfändbaren Einkommensanteile. Über diese habe Herr D. nur mit seiner Zustimmung verfügen können. Ihm stehe demgemäß für die Monate Oktober 2010 bis März 2011 die Zahlung des pfändbaren Anteils des Arbeitseinkommens des Herrn D. berechnet auf der bisherigen Basis eines monatlichen Bruttogehalts von 3.000,00 Euro, mithin noch 1.056,00 Euro [6 × (263,01 - 87,01)] zu. Der Kläger hat behauptet, die Ertragslage der Beklagten habe sich im Jahr 2008 gegenüber dem Jahr 2007 noch verbessert. Sie habe nämlich einen Überschuss von 75.764,59 Euro erzielt.
Der Kläger hat beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an ihn 1.056,00 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat die Ansicht vertreten, Herr D. habe mit der Annahm...