Entscheidungsstichwort (Thema)
Tarifliche Erschwerniszulage. Innenreinigungsarbeiten. Öffentliche Bedürfnisanstalt. Tarifauslegung
Leitsatz (amtlich)
Flughafentoiletten sind keine öffentlichen Bedürfnisanstalten im Sinne von § 9 RTV.
Normenkette
Rahmentarifvertrag für die gewerblichen Beschäftigten in der Gebäudereinigung § 9 Ziff. 2.5
Verfahrensgang
ArbG Düsseldorf (Urteil vom 19.05.2005; Aktenzeichen 9 Ca 6568/04) |
Nachgehend
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen dasUrteil des Arbeitsgerichts Düsseldorf vom19.05.2005 – 9 Ca 6568/04 – wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten über die Zahlung einer Erschwerniszulage für die Reinigung der am Flughafen Düsseldorf außerhalb des Sicherheitsbereichs liegenden Toiletten nach § 9 des Rahmentarifvertrags für die gewerblichen Beschäftigten in der Gebäudereinigung vom 04.10.2004 (RTV), der für allgemeinverbindlich erklärt worden ist.
Die Klägerin ist bei der Beklagten als Innenreinigerin beschäftigt. Sie reinigt im Flughafen Düsseldorf an zwei Stunden pro Tag Toiletten, die außerhalb des Sicherheitsbereichs liegen. Der Flughafen Düsseldorf wird von jährlich 15 Millionen Passagieren und einer großen Anzahl von Besuchern und Besucherinnen genutzt. Die Toilettenanlagen stehen 24 Stunden am Tag zur Verfügung.
§ 9 RTV lautet auszugsweise wie folgt:
„Der/die Beschäftigte hat für die Zeit, in der er/sie mit einer der folgenden Arbeiten beschäftigt wird, Anspruch auf den nachstehend jeweils aufgeführten Erschwerniszuschlag, bezogen auf den jeweiligen Lohn des Tätigkeitsbereichs….
2.5 Innenreinigungsarbeiten in Arbeitsbereichen mit außergewöhnlicher Verschmutzung, z. B. Reinigung von Waschkauen in der Schwerindustrie, sanitäre Anlagen in Werkstattbereichen, öffentliche Bedürfnisanstalten, Farbspritzanlagen (Spritzkabinen), Fahrbahnen und Werkhallen im Industriebereich (ausschließlich manuelle Tätigkeiten), Inspektionsgruben in Kraftfahrzeugbetrieben, Filteranlagen, Produktionsbereiche der chemischen Industrie, in den Farben, Säuren und Teerprodukte usw. hergestellt oder verarbeitet werden 0,75 Euro/Stunde Nicht gemeint sind typische Arbeiten der Unterhaltsreinigung in Werkstattbüros, -fluren und -treppen sowie in Kunden- und Besuchertoiletten.”
Der RTV ist am 01.04.2004 in Kraft getreten.
§ 9 Ziff. 2.5 des bis zum 31.03.2004 geltenden Rahmentarifvertrages vom 16.08.2000 (RTV 2000) lautete auszugsweise wie folgt:
„Innenreinigungsarbeiten in Arbeitsbereichen mit außergewöhnlicher Verschmutzung, z. B. Reinigung von Waschkauen in der Schwerindustrie, sanitären Anlagen in Werkstattbereichen, öffentlichen Toilettenanlagen, die der Anlage nach öffentlichen Bedürfnisanstalten gleichkommen …
Nicht gemeint sind typische Arbeiten der Unterhaltsreinigung in Werkstattbüros, -fluren und -treppen.”
Durch rechtskräftiges Urteil des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf vom 20.12.2004 – 10 Sa 1527/04 – wurde die Berufung gegen ein Urteil des Arbeitsgerichts Düsseldorf zurückgewiesen, nach dem die Beklagte den Zuschlag nach § 9 Ziff. 2.5 RTV 2000 für die Reinigung der am Flughafen Düsseldorf außerhalb des Sicherheitsbereichs liegenden Toiletten zu zahlen hatte. Bei der in jenem Verfahren durchgeführten Beweisaufnahme hat der Justiziar der Flughafen GmbH ausgesagt, der Flughafen Düsseldorf sei eine öffentliche Infrastruktureinrichtung. Die dortigen Toilettenanlagen könnten von allen Passagieren und Besuchern genutzt werden. Es gebe für die Benutzung des Flughafens keine Hausordnung. Allerdings könne die Flughafen GmbH aufgrund ihres Hausrechts Stadtstreicher und Fixer vom Betriebsgelände verweisen und ein Hausverbot erteilen. Weder die Sicherheitskräfte noch der Reinigungsdienst sei jedoch von der Flughafen GmbH beauftragt, die Toilettenanlage daraufhin zu überprüfen, ob sich dort Stadtstreicher und Drogenabhängige aufhielten.
Das Landesarbeitsgericht Düsseldorf ist in jenem Verfahren zu dem Ergebnis gelangt, dass es sich bei den außerhalb des Sicherheitsbereichs liegenden Toiletten des Flughafen Düsseldorf um Toilettenanlagen, die der Anlage nach öffentlichen Bedürfnisanstalten gleichkommen, im Sinne von § 9 Ziff. 2.5 RTV 2000 handelt.
Die Klägerin begehrt mit ihrer Klage die Zahlung der Zulage nach § 9 Ziff. 2.5 RTV für den Monat Mai 2004.
Sie hat beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an sie 28,50 EUR brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz ab dem 09.09.2004 zu zahlen.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Das Arbeitsgericht Düsseldorf hat die Klage durch Urteil vom 19.05.2005, auf dessen Inhalt Bezug genommen wird, abgewiesen und die Berufung zugelassen.
Gegen das ihr am 02.06.2005 zugestellte Urteil hat die Klägerin mit einem am 30.06.2005 bei dem Landesarbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz Berufung eingelegt und diese – nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis zum 23.08.2005 – mit einem am 23.08.2005 bei dem Landesarbeitsgericht ein...