Entscheidungsstichwort (Thema)

Betriebsrente nach Versorgungstarifvertrag. ergänzende Auslegung

 

Leitsatz (amtlich)

Die außerordentliche Anhebung der Beitragsbemessungsgrenze (BBG) aufgrund des § 275 c SGB VI führt bei einem Versorgungstarifvertrag mit gespaltener Rentenformel auch dann zu einer durch ergänzende Auslegung zu schließenden Regelungslücke, wenn der Zweck der gespaltenen Rentenformel – den oberhalb der BBG liegenden Teil der Vergütung stärker zu gewichten – im Tarifvertrag nicht ausdrücklich genannt ist (im Anschluss an BAG vom 21.04.2009 – 3 AZR 695/08, 3 AZR 471/07).

 

Normenkette

SGB VI § 275c

 

Verfahrensgang

ArbG Düsseldorf (Urteil vom 23.04.2010; Aktenzeichen 13 Ca 9332/09)

 

Nachgehend

BAG (Urteil vom 23.04.2013; Aktenzeichen 3 AZR 23/11)

 

Tenor

Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Arbeitsgerichts Düsseldorf vom 23.04.2010 – 13 Ca 9332/09 – abgeändert:

Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 5.299,96 EUR brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz aus jeweils 140,49 EUR für jeden Monat beginnend ab dem 01.01.2007, aus jeweils 142,30 EUR für jeden Monat beginnend ab dem 01.01.2008 und aus jeweils 146,17 EUR für jeden Monat beginnend ab dem 01.01.2009 zu zahlen.

Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten über die Höhe der dem Kläger zustehenden Betriebsrente und in diesem Zusammenhang über die Auswirkungen der „außerplanmäßigen” Anhebung der Beitragsbemessungsgrenze in der gesetzlichen Rentenversicherung (BBG) zum 1. Januar 2003.

Die Beklagte ist bundesweit im Bereich der Flugsicherung durch § 1 der Verordnung zur Beauftragung eines Flugsicherungsunternehmens exklusiv damit beauftragt, die sichere, geordnete und flüssige Abwicklung des Luftverkehrs im deutschen Luftraum zu gewährleisten. Sie ging aus der Bundesanstalt für Flugsicherung (BFS) hervor. Mit Wirkung vom 1.1.1993 gingen die bisherigen behördlichen Aufgaben und Befugnisse der BFS in eine privatrechtliche Organisationsform, die Beklagte, über. Die Abschaffung der BFS hatte zur Folge, dass im Zuge der Überleitung der Flugsicherungsaufgaben für den deutschen Luftraum auf die DFS auch die Beamten und Angestellten der BFS übergeleitet werden mussten. Vorrangig wurde dazu das Ziel verfolgt, den bisherigen Bundesbeschäftigten in der Flugsicherung Übernahmeangebote zu unterbreiten und sie in ein neues privatrechtliches Arbeitsverhältnis mit der neuen Beklagten zu bewegen. Die im Zuge der Überleitung auf die Beklagte unterbreiteten Übernahmeangebote umfassten auch Zusagen über die Weiterführung einer Altersversorgung. Dies war auch Gegenstand der Rahmenvereinbarung zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Beklagten vom 23.12.1992. In dieser Vereinbarung wurden die Vorgaben festgelegt, die für die Beklagte zur Erfüllung ihres gesetzlichen Auftrages infolge der Überführung in ein organisationsprivatisiertes Unternehmen maßgebend waren. In § 5 Abs. 11 dieser Rahmenvereinbarung vom 23.12.1992 (Blatt 115 ff. der Akte) heißt es:

„Die DFS wird grundsätzlich jedem dem Luftfahrt-Bundesamt (Abteilung Flugsicherung) angehörenden ehemaligen Beschäftigten der Bundesanstalt für Flugsicherung ein Übernahmeangebot unterbreiten. Das Angebot hat auch eine Versorgungszusage zu enthalten, welche die spätere Versorgung dieses Personals durch die DFS regelt. Diese Zusage muss dem jeweiligen Beamten und Arbeitnehmer eine Versorgung in der Höhe sicherstellen, die er zum Zeitpunkt des Überwechsels zur DFS erreicht hat; dies soll in geeigneter Form tarifvertraglich vereinbart werden. Die DFS wird verpflichtet, aus dem ihr vom Bund überlassenen Anlagevermögen eine ausreichende Rückstellung zur Absicherung derjenigen Anteile dieser Versorgung zu bilden, die sich auf die Tätigkeit im öffentlichen Dienst vor dem Zeitpunkt des Überwechselns zur DFS beziehen und nicht durch eine Nachversicherung in der gesetzlichen Rentenversicherung bei Beamten oder den fortbestehenden gesetzlichen Rentenversicherungsschutz bei Arbeitnehmern gedeckt sind.”

Die Beklagte schloss mit der Gewerkschaft DAG den Tarifvertrag über die Versorgung für die bei der DFS Deutsche Flugsicherung GmbH beschäftigten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter (im Folgenden: VersTV) vom 7. Juli 1993 (Blatt 15 ff. der Akte). Dem Tarifvertrag ist eine Präambel vorangestellt, welche lautet:

„Die nachfolgend vereinbarte Leistung, deren Finanzierung von der DFS garantiert wird, dient der Absicherung des Lebensunterhaltes im Alter und bei Dienstunfähigkeit sowie der Hinterbliebenen bei Tod einer Mitarbeiterin bzw. eines Mitarbeiters, und ersetzen die bei der BFS und dem LBA vorhandenen Versorgungssysteme. Darüber hinaus sichert der Pensions-Sicherungs-Verein a.G. zusätzlich diese Leistungen entsprechend dem Gesetz zu Verbesserung der betrieblichen Altersversorgung.”

In § 6 des VersTV ist unter der Überschrift „Altersruhegeld” folgendes geregelt:

„(1) Lebenslängliches Altersruhegeld wird gewährt, wenn die Mitarb...

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