Entscheidungsstichwort (Thema)
Anpassung der Betriebsrente
Leitsatz (amtlich)
1. Der Anpassungsbedarf für die Zeit bis zum 31.12.2002 ist anhand des Lebenshaltungskostenindex für 4-Personen-Haushalte mittleren Einkommens zu bestimmen.
2. Die Anpassungsprüfung nach dem 01.01.2003 ist anhand des zum Zeitpunkt der Anpassungsentscheidung jeweils geltenden Verbraucherpreisindex zu ermitteln. § 16 Abs. 4 BetrAVG kann nicht entnommen werden, dass für den Anpassungsbedarf der zum Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung in der Tatsacheninstanz geltende Verbraucherpreisindex zugrundezulegen ist (siehe auch LAG Hamm Urteil v. 16.06.2009 – 9 Sa 280/09 –; anhängig BAG – 3 AZR 732/09 –).
Normenkette
BetrAVG § 16
Verfahrensgang
ArbG Duisburg (Urteil vom 07.05.2009; Aktenzeichen 1 Ca 1721/08) |
Nachgehend
Tenor
Auf die Berufung des Klägers und der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Duisburg vom 07. Mai 2009 – 1 Ca 1721/08 – teilweise abgeändert:
- Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 164,72 EUR brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz von 123,54 EUR seit dem 24.04.2009, sowie von je 20,59 EUR seit dem 01.05., 01.06.2009 zu zahlen.
- Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger ab Juni 2009 über die monatlich gezahlte Betriebsrente von 5207,77 EUR brutto hinaus weitere 20,59 EUR brutto monatlich jeweils zum Letzten des Monats zu zahlen.
- Im Übrigen wird die Berufung des Klägers und der Beklagten zurückgewiesen.
- Die Kosten des Rechtstreits haben der Kläger zu 77 % und die Beklagte zu 23 % zu tragen.
- Die Revision wird für beide Parteien zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten über die Höhe der betrieblichen Altersversorgung.
Der Kläger war bei der Beklagten beschäftigt und bezieht seit dem 1. Juli 2002 eine Betriebsrente. Seit 2004 hat die Beklagte keine aktiven Beschäftigten und wird als sog. Rentnergesellschaft fortgeführt.
Die Pensionsordnung (im Folgenden PO-A) der Beklagten vom 1. August 1973 hat unter Berücksichtigung der Anpassungsvorschrift vom 16. September 1991 u.a. folgenden Inhalt:
„§ 13 Anpassung der Versorgungsleistungen
Die Geschäftsführung der TG wird jährlich prüfen, ob und in welchem Umfang im Hinblick auf die gestiegenen Lebenshaltungskosten eine Anpassung der Versorgungsleistungen erfolgen kann.
Zu § 13
Für die Anpassung hat die Geschäftsführung am 12.11.1974 folgende Grundsätze aufgestellt:
- Anpassung jeweils am 1. Okt. eines jeden Jahres, erstmalig am 1.10.74
- Basis prozentuale Steigerung des Lebenshaltungskostenindexes für einen 2-Personen-Rentnerhaushalt (Kalenderjahresdurchschnitt), erstmals 1973 im Vergleich zu 1972
- Anwendung auf jeweils die Werkspensionen, die bereits seit dem vorausgegangenen Kalenderjahr oder früher gezahlt werden
Die Erhöhung ab 1.10.74 wird gemäß Vorlage auf 7,2 % bemessen.
Für die Folgejahre erfolgt die Anpassung in der Regel bei einer Steigerung des Lebenshaltungskostenindexes um mindestens 5 %, jeweils nach erneuter Vorlage und deren Genehmigung durch Gf.
O.a. Grundsätze werden ab 01.10.1982 durch die am 14.10.1982 seitens Gf entschiedene Neuregelung ersetzt.”
Die Beklagte zahlte an den Kläger ab Juli 2002 eine monatliche Betriebsrente in Höhe von 4.708,65 EUR brutto. Zum 1. Oktober 2005 erfolgte nach einer vertraglichen Anpassungsprüfung eine Erhöhung der Betriebsrente um 4,12 % auf 4.902,65 EUR brutto. Zum 1. Oktober 2008 erfolgte eine weitere Anpassung um 5,48 % auf 5.171,31 EUR brutto.
Die Beklagte nahm außerdem eine Überprüfung der Anpassung der Betriebsrente nach § 16 BetrAVG für die Zeit vom 1. Juli 2002 bis 30. Juni 2005 und für die Zeit vom 1. Juli 2005 bis 1. Juni 2008 vor. Unter Berücksichtigung des Preisindex für die Lebenshaltung von Vier-Personen-Haushalten von Arbeitern und Angestellten mit mittlerem Einkommen (im Folgenden: LHK-Index) (Basis 1995 = 100) für die Zeit bis Dezember 2003 und des Verbraucherpreisindex (im Folgenden: VPI) (Basis 2005 = 100) errechnete die Beklagte für die Zeit von 06/2002 bis 06/2005 eine Teuerungsrate von 3,15 % und für die Zeit von 6/2002 bis 6/2008 eine Teuerungsrate von 10,60 %.
Es ergab sich danach ab dem 1. Juli 2005 eine Betriebsrente von 4.856,97 EUR brutto und ab dem 1. Juli 2008 eine Betriebsrente von 5.207,77 EUR brutto. Den Differenzbetrag zu den vertraglichen Anpassungsbeträgen und ausgezahlten Betriebsrenten für die Zeit von Juni 2005 bis März 2009 in Höhe von insgesamt 1579,02 EUR brutto zahlte die Beklagte an den Kläger am 11. März 2009. Zur Berechnung des Nachzahlungsbetrages wird auf die Aufstellung der Beklagten (Bl. 51 d.A.) Bezug genommen. Seit April 2009 zahlt die Beklagte an den Kläger eine monatliche Betriebsrente in Höhe von 5.207,77 EUR brutto.
Der Kläger hat die Auffassung vertreten, dass sich aus § 16 BetrAVG eine höhere Anpassung ergebe. Für die Vergleichsberechnung sei jeweils auf den 1. Oktober abzustellen, da auch die vertragliche Anpassungsprüfung jeweils zum 1. Oktober erfolge. Für die Berechnung der Steigerungs...