Entscheidungsstichwort (Thema)
Bezugnahmeklausel. AVR. Reichweite der Verweisung
Leitsatz (amtlich)
Sind in einem mit einem kirchlich-caritativen Rechtsträger abgeschlossenen Arbeitsvertrag die „Richtlinien für Arbeitsverträge in den Einrichtungen des Deutschen Caritasverbandes” (AVR) in Bezug genommen, werden von einer solchen Bezugnahmeklausel auch die jeweiligen Verfahrensregelungen erfasst, auf deren Grundlage arbeitsvertragliche Regelungen auf dem „Dritten Weg” normiert bzw. festgelegt werden.
Normenkette
AVR
Verfahrensgang
ArbG Duisburg (Urteil vom 15.09.2011; Aktenzeichen 2 Ca 1363/11) |
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Duisburg vom 15.09.2011 – 2 Ca 1363/11 – abgeändert:
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
A.
Mit seiner Klage begehrt der Kläger die Verurteilung der Beklagten zur Zahlung einer Weihnachtszuwendung für das Kalenderjahr 2009.
Der 63-jährige Kläger war bei der Beklagten seit dem 01.10.1980 zuletzt als Apothekerassistenz beschäftigt. Sein monatlicher Bruttoverdienst lag zuletzt bei 2630,15 EUR brutto, sein Regelentgelt betrug zuletzt 2037,93 EUR brutto.
Für das Arbeitsverhältnis wurden am 22.07.1980 und 21.08.1981 weitgehend ähnlich lautende Arbeitsverträge geschlossen.
§ 2 des Arbeitsvertrages vom 21.08.1981 lautet wie folgt:
„Für das Dienstverhältnis gelten die „Richtlinien für Arbeitsverträge in den Einrichtungen des Deutschen Caritasverbandes” (AVR) in der zur Zeit des Vertragsabschlusses in der „Caritas-Korrespondenz” veröffentlichten und im Amtsblatt des Ortsbistums in Kraft gesetzten Fassung.
Die AVR sind Bestandteil des Dienstvertrages und haben dem Mitarbeiter zur Kenntnisnahme zur Verfügung gestanden.
Bei Änderungen der AVR gilt jeweils die in der „Caritas-Korrespondenz” veröffentlichte und im Amtsblatt des Ortsbistums in Kraft gesetzte Fassung, ohne dass es einer weiteren Vereinbarung bedarf. Auch insoweit ist dem Mitarbeiter Gelegenheit zur Kenntnisnahme gegeben.”
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf die Arbeitsverträge, Bl. 14 ff. d. A., verwiesen.
Gemäß Anlage 1 XIV der AVR erhält der Mitarbeiter unter den dort festgelegten Voraussetzungen, die der Kläger unstreitig erfüllt, jährlich eine Weihnachtsgeldzuwendung, zahlbar zum 1.12. eines Jahres.
Die AVR enthielten in Anlage 1 XIV eine bis zum 31.01.2005 befristete Öffnungsklausel für Notsituationen, wonach es möglich war, durch Abschluss einer Dienstvereinbarung zwischen Dienstgeber und Mitarbeitervertretung für Einrichtungen, die sich in einer schwierigen wirtschaftlichen Situation befanden, unter anderem die Arbeitsentgelte zu reduzieren.
Nach § 1 Abs. 3 der AK-Ordnung ist Aufgabe der Arbeitsrechtlichen Kommission die Beschlussfassung von Rechtsnormen über Inhalt, Abschluss und Beendigung von Dienstverhältnissen mit kirchlich-caritativen Rechtsträgern. Die materiellrechtlichen Regelungen der AVR werden durch die Arbeitsrechtliche Kommission beschlossen. Die AK-Ordnung als Verfahrensrecht beschließt demgegenüber die Delegiertenversammlung des Deutschen Caritasverbandes.
Mit Inkrafttreten der „Ordnung für beschließende Unterkommissionen” (im Folgenden: UK-Ordnung) in der Fassung vom 17.03.2005, in Kraft getreten am 07.07.2005 durch Veröffentlichung im kirchlichen Amtsblatt, hat die Arbeitsrechtliche Kommission auf der Grundlage der §§ 12 – 14 der Ordnung der Arbeitsrechtlichen Kommission des Deutschen Caritasverbandes (im Folgenden: AK-Ordnung) in der Fassung vom 01.07.2004 die Entscheidung über aus wirtschaftlichen Gründen gestellte Absenkungsanträge für eine Einrichtung oder einen Träger nicht mehr dem Dienstgeber und der Mitarbeitervertretung der jeweiligen Einrichtung, sondern den von ihr gebildeten vier Unterkommissionen übertragen. Nach § 12 der AK-Ordnung in der Fassung vom 01.07.2004 kann die Arbeitsrechtliche Kommission für die Dauer ihrer Amtszeit oder zeitlich befristet beschließende Unterkommissionen bilden, die nach § 13 der AK-Ordnung zur Beschlussfassung von Rechtsnormen über Inhalt, Abschluss und Beendigung von Dienstverhältnissen berechtigt sind. Nach § 14 der AK-Ordnung legt die Arbeitsrechtliche Kommission die Beschlusskompetenz der Unterkommissionen fest.
In der von der Arbeitsrechtlichen Kommission beschlossenen UK-Ordnung sind in § 6 die Anspruchsvoraussetzungen und in § 8 der Umfang der Regelungskompetenz der Unterkommission enthalten. § 8 UK-Ordnung sieht unter anderem die Beschlusskompetenz für „eine Absenkung oder Stundung der Weihnachtszuwendung (Abschnitt XIV der Anlage 1 zu den AVR)” vor.
Nach der AK-Ordnung in der Fassung vom 17.10.2007, in Kraft getreten am 01.01.2008, besteht die Arbeitsrechtliche Kommission aus einer Bundeskommission und sechs Regionalkommissionen. Nach § 11 dieser AK-Ordnung, der mit „Einrichtungsspezifische Regelungen” überschrieben ist, hat die Regionalkommission über einen Absenkungsantrag einer Einrichtung zu entscheiden. Nach dieser Vorschrift kann u.a. der betroff...