Entscheidungsstichwort (Thema)
Vergleichswiderruf per Telefax
Leitsatz (amtlich)
Die Vorlage eines „OK-Vermerks” im Sendebericht des Anwaltes, der für seinen Mandanten einen auf Widerruf geschlossenen Vergleich widerruft, reicht nicht aus, den Zugang bei Gericht nachzuweisen.
Normenkette
BGB § 130 (1) 1
Verfahrensgang
ArbG Krefeld (Urteil vom 14.10.2003; Aktenzeichen 4 Ca 416/03) |
ArbG Krefeld (Urteil vom 26.09.2003; Aktenzeichen 4 Ca 416/03) |
Tenor
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Krefeld vom 26.09.2003/14.10.2003 – 4 Ca 416/03 – wird auf Kosten der Beklagten zurückgewiesen.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Mit der am 11.02.2003 beim Arbeitsgericht aufgenommenen Klage hat der Kläger sich gegen die fristlose Kündigung der Beklagten vom 28.01.2003 gewandt und hat die Einhaltung der Kündigungsfrist bis zum 04.02.2003 begehrt. Außerdem hat er Zahlung der Vergütung für die Zeit bis zum 04.02.2003 sowie die Erteilung von Abrechnungen für diese Zeit verlangt.
Im Gütetermin vor dem Arbeitsgericht am 05.03.2003 schlossen die Parteien einen Vergleich auf Widerruf, wonach das Arbeitsverhältnis aufgrund arbeitgeberseitiger fristgerechter Kündigung aus betriebsbedingten Gründen mit dem 04.02.2003 sein Ende gefunden hat und die Beklagte an den Kläger noch restlichen Lohn in Höhe von 2.067,65 EUR zahlt. Dieser Vergleich sollte wirksam werden, falls er nicht durch schriftliche Anzeige an das Arbeitsgericht seitens der Beklagten bis zum 12.03.2003 widerrufen würde.
Ein Widerruf der Beklagten ist beim Arbeitsgericht erst am 17.03.2003 (Bl. 22 d. A.) eingegangen.
Die Beklagte hat behauptet:
Per Telefax habe ihr Prozessbevollmächtigter den Vergleich bereits am 10.03.2003, eingegangen beim Arbeitsgericht, widerrufen. Die Büromitarbeiterin des Prozessbevollmächtigten habe nämlich am 10.03.2003 um 16.36 Uhr das Widerrufsschreiben an das Arbeitsgericht gefaxt und habe dies auch handschriftlich entsprechend vermerkt (Bl. 119 d. A.). Dementsprechend weise der Sende-Aktivitätsbericht des Büros aus, dass um 16.36 Uhr zur Faxnummer des Arbeitsgerichts für die Dauer von 24 Sekunden eine Verbindung bestanden habe. Dies werde, so meint die Beklagte, durch den „OK-Vermerk” bestätigt.
Sie hat die Auffassung vertreten, aufgrund des „OK-Vermerks” müsse davon ausgegangen werden, dass der Widerruf beim Arbeitsgericht auch eingegangen sei, so dass der Vergleich widerrufen und der Rechtsstreit durch den Vergleich nicht beendet worden sei.
Die Beklagte hat beantragt,
festzustellen, dass der Rechtsstreit durch den Vergleich vom 05.03.2003 nicht beendet worden ist.
Der Kläger hat beantragt,
die Beklagte mit dem Antrag zurückzuweisen.
Mit Urteil vom 26.09.2003 hat das Arbeitsgericht festgestellt, dass der Rechtsstreit durch den Vergleich vom 05.03.2003 beendet worden ist und hat dies unter anderem wie folgt begründet: Der von der Beklagten zu beweisende Zugang des Telefaxes folge nicht aus dem vorgelegten Sendebericht mit dem „OK-Vermerk”. Einem solchen Sendebericht komme nicht der Wert eines Anscheinsbeweises zu. Im Übrigen könne die Beklagte sich auch nicht auf die Rechtsprechung zu § 233 ZPO berufen. Bei der Widerrufsfrist handele es sich nämlich nicht um eine Notfrist, so dass eine Wiedereinsetzung unzulässig sei.
Gegen dieses der Beklagten am 31.10.2003 zugestellte Urteil hat sie am 01.12.2003 Berufung eingelegt und hat diese am 30.12.2003 begründet.
Die Beklagte vertritt die Auffassung:
Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts dürften die aus den technischen Gegebenheiten des Kommunikationsmittels herrührenden besondere Risiken nicht auf den Nutzer dieses Mediums abgewälzt werden. Dies gelte im Besonderen für die Störung des Empfangsgerätes im Gericht. Auch Störungen der Übermittlungsleitungen seien dem gewählten Übermittlungsmedium immanent. Deshalb sei das Bundesverfassungsgericht zu Recht zu dem Ergebnis gekommen, dass der dortige Beschwerdeführer alles Erforderliche zur Fristwahrung getan habe. Würde man dies anders sehen, so wäre das Telefax als Kommunikationsmedium insbesondere für fristgebundene Schriftsätze völlig untauglich. Dieselben Grundsätze, die für den üblichen Briefkasten gelten würden, müssten auch für die Übermittlung per Telefax gelten. Wenn eine Partei belegen könne, dass von ihr der Brief in den Briefkasten des Gerichts eingeworfen worden sei, könne das Gericht nicht eine Verfristung mit dem Hinweis annehmen, dass das Dokument die zuständige Abteilung nie erreicht habe. Wenn der Erklärende alles Erforderliche getan habe, so dass unter normalen Umständen mit Kenntnisnahme der Erklärung zu rechnen sei, so sei der Zugang bewirkt. Mit der Absendung des Telefaxes und dem Ausdruck eines positiven Sendeberichts könne mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit davon ausgegangen werden, dass das Schriftstück den Empfänger erreicht habe. Der Erklärende sei ebenso wenig für die ordnungsgemäße Funktion des Faxgerätes wie für die ordnungsgemäße Funktionsweise des Nachtbriefkastens bzw. dessen...