Entscheidungsstichwort (Thema)
Gleichbehandlungsgrundsatz. Ungleichbehandlung. Entgelterhöhung. Maßregelung
Leitsatz (amtlich)
Es ist das Recht des Arbeitnehmers, eine vom Arbeitgeber angebotene Änderung der Arbeitsbedingungen abzulehnen. Tut er dies, kann er regelmäßig weder aus dem arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz noch aus dem Maßregelungsverbot des § 612 a BGB noch aus dem Diskriminierungsverbot des § 4 Abs. 1 TzBfG einen Anspruch darauf ableiten, hinsichtlich der mit dem Angebot verbundenen Vorteile (Entgelterhöhung) mit denjenigen Arbeitnehmern gleich gestellt zu werden, die das Änderungsangebot angenommen und damit auch die Nachteile (Verzicht auf eine Bezugnahmeklausel) in Kauf genommen haben. In solch einem Fall erscheint eine Differenzierung zwischen Arbeitnehmern, die das Änderungsangebot angenommen und solchen, die am bisherigen Arbeitsvertrag festgehalten haben, sachgerecht, solange nicht die mit der Vertragsänderung für die Arbeitnehmer verbundenen Vorteile Bedeutung und Wert der damit einhergehenden Nachteile auf unangemessene Weise übersteigen.
Normenkette
BGB §§ 611, 612a; TzBfG § 4 Abs. 1
Verfahrensgang
ArbG Düsseldorf (Urteil vom 29.01.2010; Aktenzeichen 13 Ca 6946/09) |
Nachgehend
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Düsseldorf vom 29.01.2010 – 13 Ca 6946/09 – wird auf seine Kosten zurückgewiesen.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Mit der Klage begehrt der Kläger Teilhabe an einer Entgelterhöhung aus dem Gesichtspunkt der Gleichbehandlung sowie wegen verbotener Maßregelung und Diskriminierung als Teilzeitbeschäftigter.
Der Kläger war seit dem 01.03.1981 bei der I. GmbH mit Sitz in P. beschäftigt. Die I. GmbH war und ist Mitglied des Arbeitgeberverbandes der Hessischen Metallindustrie. Unter Ziffer 7 des schriftlichen Arbeitsvertrages vom 24.02. bzw. 03.03.1981, wegen dessen vollständigem Inhalt auf die vom Kläger mit der Klageschrift zu den Akten gereichte Kopie verwiesen wird, heißt es:
„Alle weiteren das Arbeitsverhältnis betreffenden Punkte richten sich nach den jeweils gültigen Bestimmungen des Tarifvertrages der Hessischen Metallindustrie und der Arbeitsordnung.”
Mit Wirkung zum 01.04.2007 ging das Arbeitsverhältnis im Wege des Betriebsübergangs gemäß § 613 a BGB auf die Beklagte über. Diese ist nicht Mitglied eines Arbeitgeberverbandes und auch sonst nicht tarifgebunden. Sie verweigerte deshalb die Anwendung neu abgeschlossener Tarifverträge der Hessischen Metallindustrie auf das Arbeitsverhältnis des Klägers. Auf die hieraufhin vom Kläger erhobene Klage ist mittlerweile höchstrichterlich festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, die Gehaltstarifverträge bzw. Entgelttarifverträge für die Hessische Metallindustrie in der jeweils gültigen Fassung auf das Arbeitsverhältnis anzuwenden und der Kläger Anspruch auf die sich aus dem Tarifabschluss der Hessischen Metallindustrie ergebende Entgelterhöhung von 4,1 % ab Juni 2007 hat (BAG vom 21.10.2009 – 4 AZR 396/08).
Mit Schreiben vom 06.01.2009 bot die Beklagte dem Kläger und einer Reihe weiterer Arbeitnehmer den Abschluss eines neuen Arbeitsvertrages an. Der genaue Empfängerkreis ist unter den Parteien jedenfalls bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung vor dem Berufungsgericht umstritten gewesen.
In dem Schreiben vom 06.01.2009, wegen dessen vollständigen Inhalt auf die von Klägerseite mit Schriftsatz vom 25.01.2010 zu den Akten gereichte Kopie Bezug genommen wird, heißt es auszugsweise:
„Sehr geehrter Herr …,
anbei erhalten Sie das Angebot für einen neuen Arbeitsvertrag in 2-facher Ausfertigung.
Mit Unterschrift unter diesen Arbeitsvertrag ist eine zweistufige Gehaltserhöhung verbunden:
- Rückwirkend ab dem 1.4.2008 erhöht sich Ihr monatliches Bruttogehalt um 3 % von Euro 4.251,12 auf Euro 4.378,65.
- Ab dem 1.1.2009 erhöht sich Ihre wöchentliche Arbeitszeit auf 39 Stunden. Damit verbunden erhalten Sie eine weitere Erhöhung um 1 %, so dass Ihr monatliches Bruttogehalt ab dem 1.1.2009 Euro 4.421,16 beträgt.
…”
Der dem Kläger angebotene neue Arbeitsvertrag enthält ausweislich der von Klägerseite ebenfalls mit Schriftsatz vom 25.01.2010 zu den Akten gereichten Kopie keine Bezugnahmeklausel auf Tarifverträge. Weitere Änderungen gegenüber den bis dahin bestehenden Arbeitsbedingungen gingen mit dem Arbeitsvertragsangebot nicht einher.
Der Kläger nahm das Angebot nicht an. Es verblieb für ihn deshalb bei der zuvor geltenden wöchentlichen Arbeitszeit von 35 Stunden. Die mit dem Angebot verbundene Entgelterhöhung um drei Prozent bekam er ebenso wenig, wie die für den Fall der Verlängerung der Wochenarbeitszeit angebotene Erhöhung um ein Prozent.
Mit der im September 2009 erhobenen Klage begehrt der Kläger bezüglich der bei ihm unterbliebenen Entgelterhöhung um drei Prozent Gleichbehandlung mit den Arbeitskollegen, die das Angebot angenommen haben. Die mit dem Angebot ebenfalls unterbreitete Entgelterhöhung von einem Prozent für eine Verlängerung der Woc...