Entscheidungsstichwort (Thema)

Betriebsübergang und Verdrängung durch Versorgungstarifvertrag. Betriebsvereinbarung versus Versorgungstarifvertrag. Besitzstand Altersversorgung bei Betriebsübergang

 

Leitsatz (amtlich)

1. Im Falle eines Betriebsübergangs wird gemäß § 613a Abs.1 Satz 3 BGB eine im veräußerten Betrieb geltende Betriebsvereinbarung über Leistungen der Betrieblichen Altersversorgung durch einen beim Erwerber geltenden Versorgungstarifvertrag verdrängt. Der bis zum Betriebsübergang erdiente Versorgungsbesitzstand ist aufrecht zu erhalten.

2. Die gebotene Besitzstandswahrung führt nicht nur dann zu einem erhöhten Versorgungsanspruch, wenn die Ansprüche aus der Neuregelung hinter dem zurückbleiben, was bis zum Betriebsübergang erdient war. Der Besitzstand wird vielmehr zusätzlich zu der beim Betriebserwerber geltenden Altersversorgung geschuldet (Abweichung vom Urteil des BAG v. 24.07.2001 - AZ: 3 AZR 660/00 -).

 

Normenkette

BGB § 613a; BetrAVG § 1; BetrVG § 87 Abs. 1 Eingangssatz

 

Verfahrensgang

ArbG Düsseldorf (Entscheidung vom 25.10.2013; Aktenzeichen 11 Ca 713/13)

 

Tenor

  • I.

    Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Arbeitsgerichts Düsseldorf vom 25.10.2013 - AZ: 11 Ca 713/13 - abgeändert.

    Es wird festgestellt, dass der Klägerin gegen die Beklagte im Versorgungsfall über den festgestellten Anspruch der Gothaer Versicherung (Stand 01.01.2013: 16.287,-€) sowie dem Anspruch aus der Zusage des BKK Gesundheitsfonds hinaus eine betriebliche Altersversorgung in Höhe des unverfallbaren Anspruchs für die Zeit vom 14.04.1975 bis zum 31.12.1996 gemäß der Pensionsordnung der G. AG zusteht.

  • II.

    Die Kosten des Rechtsstreits hat die Beklagte zu tragen.

  • III.

    Die Revision wird für die Beklagte zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten darüber, ob der Klägerin im Hinblick auf Dienstzeiten bei einer Rechtsvorgängerin der Beklagten weitergehende Ansprüche auf betriebliche Altersversorgung zustehen.

Die am 14.04.1955 geborene Klägerin begann am 01.08.1972 eine Ausbildung bei der G. AG. Zum 01.01.1975 wurde sie als Sachbearbeiterin übernommen. Der Arbeitsvertrag enthielt u.a. folgende Regelung:

"7. Altersversorgung/Altersgrenze

Wir gewähren unseren Mitarbeitern, die zehn Jahre unserem Unternehmen angehören, beim Ausscheiden nach Erreichen der Altersgrenze oder bei vorzeitiger Berufsunfähigkeit eine Altersversorgung nach unserer geltenden Ordnung über die Alters- und Hinterbliebenenfürsorge."

Die von der G. AG mit ihren Betriebsräten vereinbarte Pensionsordnung in der Fassung vom 07.11.1978 enthielt - soweit hier von Interesse - nachfolgende Bestimmungen:

"...

A) Altersversorgung

...

§ 3

Anrechenbare Dienstjahre

1. Es werden diejenigen Dienstjahre und Ausbildungszeiten angerechnet, die der Mitarbeiter nach Vollendung des 20. Lebensjahres ... ununterbrochen im Dienste der G. AG verbracht hat. ...

D) Höhe der Versorgung

I. Alters- und Invalidenversorgung

§ 18

Grundbetrag und Steigerungsbetrag

Die Altersversorgung und Invalidenversorgung setzt sich aus einem Grundbetrag und einem nach der Zahl der anrechenbaren Dienstjahre errechneten Steigerungsbetrag zusammen.

§ 19

Höhe des Grundbetrages

Der Grundbetrag beläuft sich auf 50 DM monatlich nach 10 anrechenbaren Dienstjahren (§ 3).

...

§ 20

Errechnung der Steigerungsbeträge

1. Die Steigerungsbeträge werden mit 0,45% des durchschnittlichen Einkommens für jedes nach Vollendung von 10 Dienstjahren zurückgelegte weitere anrechenbare Dienstjahr errechnet...

2. Die Steigerungsbeträge werden aus dem durchschnittlichen Einkommen des Mitarbeiters der letzten 24 Monate vor Eintritt des Versorgungsfalles errechnet.

..."

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Anlage 2 zur Klageschrift Bezug genommen.

Zum 01.07.1996 wurde die Betriebskrankenkasse, in der die Klägerin tätig war, zunächst ausgegliedert und dann zum 01.01.1997 von der neu gegründeten BKK FPB Holding AG übernommen. Bis zum 31.12.1996 hat die Klägerin laut einer Auskunft der Beklagten eine unverfallbare Anwartschaft in Höhe von 130,90 € erworben. Wäre sie bis zum Rentenbeginn bei der G. AG beschäftigt gewesen, hätte sie - auf der Basis ihres Entgelts in den Jahren 1995 und 1996 - vorbehaltlich der etwaigen Anrechnung anderweitiger Leistungen einen Anspruch in Höhe von 267,15 € erwerben können. Insoweit wird auf eine von der Beklagten als Anlage B 1 überreichte Berechnung der Funk Böhm Consultants GmbH verwiesen.

Anlässlich ihrer Gründung vereinbarte die FPB Holding AG mit der IG Bergbau, Chemie, Energie einen Versorgungstarifvertrag (Anlage 3 zur Klageschrift). Darin heißt es:

"§ 3 Dotierungsrahmen und Finanzierung

Die BKK FPB Holding führt zum 01.01.1997 eine betriebliche Altersversorgung ein. Für die Dotierung dieser Versorgung ist mindestens 4,6%,höchstens jedoch 4,8% der Bruttojahreslohn- und Gehaltssumme der teilhabenden Mitarbeiter des Unternehmens aufzuwenden. ...

§ 4 Einrichtung und Ablösung

Die Einrichtung geschieht im Rahmen eines privatwirtschaftlich organisierten betrieblichen Altersversorgungswerkes. Es besteht Übereinstimmung darüber,...

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