Entscheidungsstichwort (Thema)

Betriebsübergang zwischen zwei mit beruflicher Fortbildung. Umschulung befaßter Unternehmen

 

Leitsatz (amtlich)

Erfüllt ein mit beruflicher Fortbildung/Umschulung befaßtes Unternehmen, dessen Lehrgangsteilnehmer an von der Bundesanstalt für Arbeit geförderten sog. freien Bildungsmaßnahmen nach § 33 Abs. 1 AFG i.V.m. § 9 Abs. 1 der Anordnung des Verwaltungsrats der Bundesanstalt für Arbeit über die individuelle Förderung der beruflichen Fortbildung und Umschulung – AFuU – vom 29.04.1993 i.d.F. der 1. Änderungsanordnung vom 16.03.1994 (ANBA S. 295) teilnehmen, wegen eingetretener Illiquidität nicht mehr die Förderungsvoraussetzungen nach § 34 Abs. 1 S. 2 AFG i.V.m. § 10 AFuU, und setzt deshalb ein anderes Unternehmen, das diese Voraussetzungen erfüllt, die von dem illiquiden Unternehmen begonnenen Kurse mit einem erheblichen Teil von dessen Lehrkräften fort, scheitert ein Betriebsübergang nach § 613 a Abs. 1 S. 1 BGB bzw. nach der Richtlinie 77/187/EWG von dem einen auf das andere Unternehmen jedenfalls an einem fehlenden Rechtsgeschäft bzw. an einer vertraglichen Beziehung unmittelbar zwischen beiden Unternehmen oder mittelbar über die Bundesanstalt für Arbeit.

 

Normenkette

BGB § 613a Abs. 1 S. 1

 

Verfahrensgang

ArbG Mönchengladbach (Urteil vom 11.12.1996; Aktenzeichen 2 Ca 1865/96)

 

Nachgehend

BAG (Urteil vom 18.02.1999; Aktenzeichen 8 AZR 485/97)

 

Tenor

1. Auf die Berufung der Beklagten wird dasUrteil des Arbeitsgerichts Mönchengladbach vom 11.12.1996 – 2 Ca 1865/96 – abgeändert:

Die Klage wird auch im übrigen abgewiesen.

2. Die gesamten Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin.

3. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die 1950 geborene, ledige Klägerin war seit April 1979 bei der Privatschule „K. GmbH”, die sich mit der Durchführung von Maßnahmen der beruflichen Fortbildung befaßte, als Assistentin und Sekretärin beschäftigt. Ende November 1994 ging das Arbeitsverhältnis der Klägerin im Rahmen einer Betriebsübernahme auf die Firma P. Privatschule für berufliche Fortbildung GmbH über. Über das Vermögen dieser Firma wurde durch Beschluß des Amtsgerichts Mönchengladbach vom 08.03.1996 – 20 N 33/96 – die Sequestration angeordnet und zum Sequester Herr Rechtsanwalt L. in Düsseldorf bestellt. Die Konkurseröffnung erfolgte durch Beschluß des Amtsgerichts Mönchengladbach vom 16.04.1996 – 20 N 33/96 –. Zum vorläufigen Konkursverwalter wurde der Sequester bestimmt.

Die Beklagte ist ein PC-Systemhaus. Sie vertreibt PC's und bietet insbesondere Netzwerk-Verkabelungstechniken sowie Programmierungs- und damit verbundene sonstige Dienstleistungen an. In N. verfügt sie über eine Schulungsabteilung, die bis Ende 1995 ausschließlich Schulungskurse für Arbeitnehmer ihrer Kunden durchführte. Seit dem genannten Zeitpunkt bot die Schulungsabteilung dem Arbeitsamt Mönchengladbach an, Umschulungs- und Fortbildungsmaßnahmen für Arbeitslose abzuhalten.

Ab Januar 1996 trat die Beklagte mit der Gemeinschuldnerin in Vertragsverhandlungen, bei denen sie ein Interesse an einer Übernahme der Gemeinschuldnerin zeigte. In einem an das Arbeitsamt Mönchengladbach gerichteten, nicht unterschriebenen Schriftstück vom 08.03.1996, das die Klägerin der Beklagten zuordnet, heißt es:

„Maßnahmenr.:

365/232/1/95

Industriekaufmann ab 04.12.95

Maßnahmenr.:

365/11/1/95

Kaufmann für Bürokommunikation ab 20.03.95

Maßnahmenr.:

365/152/1/95

Reiseverkehrskaufmann ab 20.03.95

Maßnahmenr.:

365/152/2/95

Reiseverkehrskaufmann ab 06.11.95

Maßnahmenr.:

Reiseverkehrskaufmann ab 25.03.96

(im Z-Büro beantragt)

Sehr geehrter Herr P.

wir möchten die o.g. Maßnahmen, die bisher von der Privatschule für b. GmbH durchgeführt werden, ab dem 16.03.96 fortsetzen.

Wir beantragen, uns hierfür die Förderungsfähigkeit nach dem AFG zuzuerkennen.

Wir sagen zu, die Maßnahmen exakt so durchzuführen, wie sie die Firma P. GmbH in den jeweiligen Erhebungsbögen gegenüber Ihrem Haus dargelegt hat.

Das gilt insbesondere für folgende Punkte:

  • • Der Unterrichts-/Zeitplan bleibt erhalten.
  • • Die Lehrpläne bleiben unverändert erhalten.
  • • Der Stoffverteilungsplan bleibt unverändert erhalten.
  • • Die Stundenpläne bleiben bestehen.
  • • Räume und technische Ausstattung bleiben wie bisher, gleiches gilt für Lernmittel.
  • • Die Praktikumsfirmen bleiben dieselben.
  • • Das Lehrpersonal (Dozenten, Trainer, Betreuer) bleibt dasselbe.
  • • Ihr Ansprechpartner bleibt derselbe.
  • • Die Gebühren und Zahlungsbedingungen bleiben unverändert.
  • • Die Vertragsbedingungen für die Teilnehmer bleiben unverändert.

Die Erhebungsbögen der P. GmbH fügen wir samt Anlagen diesem Antrag bei. Wir machen sie ausdrücklich zum Gegenstand unseres Antrages.

Ebenfalls fügen wir als Anlage bei die erforderliche ‚Erklärung des Bildungsträgers’ und den Handelsregisterauszug.

Da Sie aufgrund der beiliegenden Unterlagen die vorgenannten Maßnahmen anerkannt haben, den jeweiligen Maßnahmebogen ausgefertigt haben, gehen wir davon aus, daß Sie unserem Antrag stattgeben.

Den technischen Ablauf der Kursübernahme stellen wir uns wie folgt...

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