Entscheidungsstichwort (Thema)
Bochumer Verband. Betriebsrente. Anpassungsentscheidung. Anpassungsstichtag
Leitsatz (redaktionell)
Die Verpflichtung zur nachträglichen Anpassung einer Betriebsrente wird durch die Streit beendende Wirkung einer früheren, nicht gerügten Anpassungsentscheidung begrenzt. Wenn der Versorgungsempfänger die Anpassungsentscheidung des Arbeitgebers für unrichtig hält, muss er dies grundsätzlich vor dem nächsten Anpassungsstichtag dem Arbeitgeber gegenüber wenigstens außergerichtlich geltend machen. Mit dem nächsten Anpassungsstichtag entsteht ein neuer Anspruch auf Anpassungsentscheidung. Ohne Rüge des Versorgungsempfängers erlischt der Anspruch auf nachträgliche Anpassung und sämtlichen Streitigkeiten über die Richtigkeit früherer Anpassungsentscheidungen wird die Grundlage entzogen.
Normenkette
BetrAVG § 1
Verfahrensgang
ArbG Essen (Urteil vom 01.02.2007; Aktenzeichen 3 Ca 2334/06) |
Tenor
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Essen vom 01.02.2007 – 3 Ca 2334/06 – wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten darüber, ob die Beklagte verpflichtet ist, die Betriebsrente des Klägers zu erhöhen.
Der Kläger bezieht als ehemaliger Arbeitnehmer der Beklagten seit März 1985 ein ihm zugesagtes Ruhegeld nach der Leistungsordnung des Bochumer Verbandes. Dieser Verband bündelt die Anpassungsprüfung für Betriebsrenten, die von den ihm angeschlossenen Unternehmen gezahlt werden, dreijährig. Wegen des hier maßgeblichen Inhalts der Leistungsordnung in der Fassung ab dem 01.01.1985 (LO 1985) wird auf den Tatbestand des den Parteien bekannten Urteils des Bundesarbeitsgerichts vom 20.05.2003 – 3 AZR 179/02 – Bezug genommen.
Der Bochumer Verband fasste für seine Mitgliedsunternehmen mit Wirkung ab dem 01.01.1997 einen zweigeteilten Anpassungsbeschluss, der für die Mitgliedsunternehmen des Bergbaus einschließlich der mit diesem Bereich verbundenen Organisationen eine Betriebsrentenerhöhung von 2 % und für die übrigen Mitglieder von 4 % festlegte. Mit Wirkung zum 01.01.2000 wurde dann beschlossen, die Betriebsrenten für die zum Bergbau gerechneten Unternehmen um 1,2 % und für die übrigen Mitglieder um 3,44 % anzupassen. Die Beklagte erhöhte das Ruhegeld aufgrund der Beschlüsse des Bochumer Verbandes zum 01.01.1997 um 2,0 % und zum 01.01.2000 um 1,2 %. Die Industriegewerkschaft Bergbau, Chemie, Energie (IG BCE) rügte die beschlossenen Erhöhungen jeweils in dem Zeitraum bis zum nächsten Anpassungsstichtag. Der Kläger war Mitglied der IG BCE.
Mit der vorliegenden Klage, die der Beklagten am 19.04.2006 zugestellt worden ist, hat der Kläger geltend gemacht, seine ab dem 01.01.1994 gezahlte Betriebsrente von 4.619,91 DM (2.362,12 EUR) brutto hätte in Höhe der maßgeblichen Preissteigerungsrate zum 01.01.1997 um 5,6 % und zum 01.01.2000 um 3,44 % angepasst werden müssen. Er hat auf dieser Grundlage von der Beklagten – unter Berücksichtigung zwischenzeitlich erfolgter weiterer Anpassungen – für den Zeitraum vom 01.01.1997 bis 31.03.2006 einen restlichen Betriebsrentenbetrag von 12.116,77 EUR brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 31.03.2006 verlangt.
Das Arbeitsgericht hat der Klage durch Urteil vom 01.02.2007, auf das wegen der Einzelheiten verwiesen wird, stattgegeben. Mit der gegen diese Entscheidung eingelegten Berufung verfolgt die Beklagte ihr Klageabweisungsbegehren weiter, während der Kläger um Zurückweisung der Berufung bittet.
Von einer weiteren Darstellung des Tatbestandes wird gemäß § 69 Abs. 2 ArbGG abgesehen.
Entscheidungsgründe
A. Die Berufung der Beklagten ist unbegründet. Das Arbeitsgericht hat der Klage zu Recht stattgegeben. Der Kläger hat gegen die Beklagte Anspruch auf einen restlichen Betriebsrentenbetrag in Höhe von 12.116,77 EUR brutto für den Zeitraum vom 01.01.1997 bis 31.03.2006.
I. Die Beklagte ist gemäß § 20 LO 1985 i.V.m. § 315 BGB verpflichtet, die Betriebsrente des Klägers mit Wirkung zum 01.01.1997 und zum 01.01.2000 im Umfang der jeweiligen Preissteigerungsrate zu erhöhen.
1. Nach zahlreichen arbeitsgerichtlichen Entscheidungen zu diesem Komplex stellt die Beklagte im Grundsatz nicht mehr in Frage, dass die Verpflichtung besteht, die im Rahmen des Bochumer Verbandes gezahlten Betriebsrenten in Höhe der jeweiligen Preissteigerungsrate zum 01.01.1997 um 5,6 % und zum 01.01.2000 um 3,44 % anzupassen. Zwar sind die vom Bochumer Verbandes beschlossenen Anpassungsentscheidungen hinsichtlich ihrer Zweiteilung nicht zu beanstanden. Diese Unterteilung ist auch für die reallohnbezogene Obergrenze maßgebend. Im vorliegenden Fall kann aber nicht davon ausgegangen werden, dass die maßgeblichen Reallöhne geringer gestiegen sind als die Geldentwertungsrate. Da die vom Bochumer Verband beschlossenen Anpassungen insoweit nicht billigem Ermessen entsprechen, erfolgt nach § 315 Abs. 3 Satz 2 BGB die erforderliche Leistungsbestimmung durch Urteil. Es kann wegen der weiteren Einzelheite...