Entscheidungsstichwort (Thema)

Voraussetzungen eines Anspruchs auf Urlaubsabgeltung

 

Leitsatz (amtlich)

Rechtlicher Ausgangspunkt für die Entstehung eines Ersatzanspruchs für untergegangene Urlaubsansprüche ist der Verzug des Arbeitgebers. Der Urlaubsanspruch geht mit Ablauf des Übertragungszeitraumes unter. Erforderlich ist deshalb ein vorhergehendes Urlaubsverlangen des Arbeitnehmers, weil dem Arbeitgeber nicht die Pflicht obliegt, dem Arbeitnehmer Urlaub zu erteilen. Dies ergibt sich bereits aus der gesetzlichen Konstruktion des Urlaubs als Anspruch, § 194 BGB. Dem stehen auch europarechtliche Vorgaben nicht entgegen.

 

Normenkette

BUrlG § 7 Abs. 4; BGB § 280 Abs. 1, §§ 194, 283

 

Verfahrensgang

ArbG Essen (Entscheidung vom 09.12.2015; Aktenzeichen 6 Ca 2280/15)

 

Tenor

  1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Essen vom 09.12.2015, Az. 6 Ca 2280/15 wird kostenpflichtig zurückgewiesen.
  2. Die Revision wird zugelassen.
 

Tatbestand

Die Parteien streiten über Urlaubsabgeltungsansprüche im Umfang von neun Urlaubstagen aus dem Jahre 2013.

Die Beklagte befasst sich mit Inkassodienstleistungen für die Wohnungswirtschaft.

Der Kläger war bei der Beklagten vom 18.03.2013 bis zum 17.03.2015 mit einem durchschnittlichen Stundenlohn von 10,02 € bei einer wöchentlichen Arbeitszeit von 40 Stunden beschäftigt. Der jährliche Urlaubsanspruch beträgt 21 Tage.

Für das Jahr 2013 standen dem Kläger nach dem übereinstimmenden Sachvortrag der Parteien 16 Urlaubstage zu, von denen er sechs Tage in Anspruch nahm. Einen weiteren Tag nahm er im Januar 2014, weil der Anspruch jedenfalls bis zum 31.03.2014 übertragen worden ist. Für das Jahr 2014 standen ihm 21 Urlaubstage zu, von denen er im April und Mai 2014 acht Urlaubstage in Anspruch nahm. Für das Jahr 2015 besteht ein Anspruch von vier Tagen Urlaub, von denen er keinen in Anspruch nahm, nachdem er von August 2014 bis zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses arbeitsunfähig erkrankte.

Mit gewerkschaftlichem Schreiben vom 08.06.2015 (Bl. 5f. d.A.) verlangte der Kläger zunächst Urlaubsabgeltung für 25 Urlaubstage in Höhe der Klageforderung. Er wies darauf hin, dass in der Abrechnung für Mai 2014 (Bl. 29a d.A.) - insoweit unstreitig - ein Urlaubsanspruch von 21 Tagen ausgewiesen sei.

Die Beklagte erstellte für März 2015 eine Abrechnung (Bl. 18 d.A.) über eine Urlaubsabgeltung in Höhe von 136,00 Stunden = 1.326,00 € für 17 Urlaubstage (13 Urlaubstage aus 2014, 4 Tage aus 2015) und zahlte den sich ergebenden Nettobetrag am 16.09.2015 an den Kläger aus.

Mit seiner am 24.08.2015 beim Arbeitsgericht eingegangenen und der Beklagten am 27.08.2015 zugestellten Klage hat der Kläger zunächst Urlaubsabgeltung in Höhe von 1.935,00 € für 25 Tage verlangt. Er hat die Klage mit Schriftsatz vom 26.10.2015 auf neun Urlaubstage reduziert.

Der Kläger hat erstinstanzlich die Auffassung vertreten, ihm seien noch neun Urlaubstage aus dem Jahre 2013 abzugelten, die insgesamt auf das Jahr 2014 übertragen worden seien. Er habe zum Jahreswechsel 2013/2014 sehr viele Überstunden gemacht. Vor diesem Hintergrund habe ihm sein Teamleiter L. Anfang 2014 erklärt, der Resturlaub aus dem Jahre 2013 verfalle nicht, sondern könne ohne zeitliche Beschränkung in Anspruch genommen werden. Vor diesem Hintergrund habe die Beklagte auch konsequent im Mai 2014 noch einen Urlaubsanspruch von 22 Tagen in der Lohnabrechnung ausgewiesen. Bei einem Durchschnittsverdienst von 10,02 €, den die Beklagte selbst ihrer Abrechnung aus 5/2014 (Bl. 29 a d.A.) zugrunde gelegt habe, errechne sich bei acht Stunden pro Urlaubstag ein Zahlungsanspruch von 721,44 € brutto.

Der Kläger hat erstinstanzlich zuletzt beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an ihn 721,44 € brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten Zinsen über dem Basiszinssatz der EZB seit dem 01.04.2015 zu zahlen.

Die Beklagte hat erstinstanzlich beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte hat erstinstanzlich behauptet, der Urlaub aus dem Jahr 2013 sei nur bis zum 31.03.2014 übertragen worden. Der in den Monaten April und Mai 2014 genommene Urlaub von acht Tagen habe den Urlaubsanspruch aus dem Jahr 2014 erfüllt, so dass aus dem Jahr 2014 noch ein Urlaubsanspruch von 13 Tagen bestehe. Etwas anderes ergebe sich auch nicht aus der Abrechnung Mai 2014. Diese sei von der externen Lohnbuchhaltung unrichtig ausgefüllt.

Das Arbeitsgericht Essen hat die Klage nach durchgeführter Beweisaufnahme abgewiesen. Ein Anspruch auf weitergehende Urlaubsabgeltung bestünde nicht, weil der Urlaub aus dem Jahre 2013 mit Ablauf des 31.03.2014 verfallen sei. Denn die Beweisaufnahme habe nicht ergeben, dass die Parteien eine weitergehende Übertragung des Alturlaubs aus dem Jahre 2013 vereinbart hätten. Der Zeuge L. habe die Behauptung des Klägers nicht bestätigt. Auch aus der Abrechnung für April und Mai 2014 ergebe sich nichts anderes, weil sie kein Schuldanerkenntnis darstelle. In aller Regel teile der Arbeitgeber in der Lohnabrechnung dem Arbeitnehmer entsprechend § 108 GewO lediglich die Höhe des Entg...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?