Entscheidungsstichwort (Thema)
Betriebsübergang. Widerspruch. Verwirkung
Leitsatz (amtlich)
Die Nichterhebung einer Kündigungsschutzklage gegen eine vom Betriebserwerber ausgesprochene Kündigung reicht für sich genommen nicht aus, um eine Verwirkung des Widerspruchsrechts anzuerkennen.
Normenkette
BGB § 613a
Verfahrensgang
ArbG Solingen (Urteil vom 26.01.2007; Aktenzeichen 2 Ca 122/06 lev) |
Nachgehend
Tenor
I. Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Arbeitsgerichts Solingen vom 26.01.2007 – 2 Ca 122/06 lev – teilweise abgeändert:
Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 7.088,00 EUR brutto (anteilige Sondervergütung für das Jahr 2005) nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.05.2006 zu zahlen.
II. Im Übrigen wird die Berufung der Klägerin zurückgewiesen.
III. Die Berufung der Beklagten wird zurückgewiesen.
IV. Die Kosten des Verfahrens erster Instanz nach einem Streitwert von 220.894,24 EUR trägt die Klägerin zu 57 %, die Beklagte zu 43%. Die Kosten des Berufungsverfahrens nach einem Streitwert von 80.433,24 EUR trägt die Beklagte.
V. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten darüber, ob die Klägerin dem Übergang ihres Arbeitsverhältnisses auf den Erwerber eines Betriebsteils der Beklagten wirksam widersprochen hat.
Mit ihrer am 18.01.2006 beim Arbeitsgericht Solingen eingegangenen Klage begehrte die Klägerin zunächst die Verurteilung der Beklagten zur Zahlung einer Abfindung aus einer von ihr behaupteten Individualzusage. Hilfsweise hat sie die Feststellung begehrt, dass zwischen den Parteien ein Arbeitsverhältnis besteht und hat die sich daraus ergebenden Zahlungsansprüche geltend gemacht. Im Berufungsverfahren streiten die Parteien nur noch darüber, ob zwischen ihnen ein Arbeitsverhältnis mit entsprechenden Zahlungsverpflichtungen der Beklagten besteht.
Die am 15.02.1953 geborene, verheiratete Klägerin ist seit dem 01.01.1981 bei der Beklagten beschäftigt und wurde zuletzt als Leiterin der Planung und Steuerung zu einem monatlichen Bruttolohn in Höhe von 6.038,00 EUR beschäftigt. Außerdem hat die Klägerin Anspruch auf eine jährliche Sondervergütung sowie aufgrund einer Gesamtbetriebsvereinbarung auf Zahlung eines Bonus.
Bei der Beklagten besteht zudem eine Gesamtbetriebsvereinbarung über die Gewährung von Geschenken anlässlich von Dienstjubiläen. Wegen des Inhalts der Gesamtbetriebsvereinbarung im Einzelnen wird auf Bl. 360 – 362 der Akte Bezug genommen.
Die Klägerin war nach dem übereinstimmenden Vorbringen der Parteien dem selbständigen Geschäftsbereich Consumer Imaging (CI) zugeordnet, der insbesondere die Geschäftsfelder Film, Finishing und Laborgeräte umfasste. Da dieser Geschäftsbereich seit mehreren Jahren einen massiven Umsatzrückgang zu verzeichnen hatte, hat die Beklagte zur Kostenreduzierung Personalabbaumaßnahmen durchgeführt. Dazu gehörte unter anderem auch der Abschluss von Vorruhestandsverträgen oder Altersteilzeitvereinbarungen, in denen den jeweiligen Arbeitnehmern zum Teil erhebliche finanzielle Leistungen zugesagt wurden.
Mit Schreiben vom 26.07.2004 (Bl. 462 der Akte) teilte die Beklagte der Klägerin die Höhe ihres Funktionseinkommens mit und bezifferte die ihr für das Jahr 2004 zustehende Sondervergütung mit 14.850,00 EUR.
Da die Beklagte beabsichtigte, den Geschäftsbereich Consumer Imaging auf die B. Photo GmbH als Erwerberin zu übertragen, fanden für die von diesem Teilbetriebsübergang betroffenen Belegschaftsmitglieder Informationsveranstaltungen statt. Unter anderem hat die Beklagte eine solche Informationsveranstaltung am 19.08.2004 abgehalten, bei der der spätere Geschäftsführer der B. Photo GmbH, F. S., zum damaligen Zeitpunkt Mitglied des Vorstandes der Beklagten, Informationen zur wirtschaftlichen Situation der B. Photo GmbH erteilte. Außerdem wurden die Arbeitnehmer in Mitarbeiterzeitschriften über den bevorstehenden Teilbetriebsübergang unterrichtet. Im Monat September 2004 befanden sich in den betriebsinternen Magazinen die Zahlenangaben für die Erwerberin B. Photo GmbH von 300 Millionen Eigenkapitalsumme sowie 70 bzw. 72 Millionen Euro Barmittel.
Sämtliche dem Geschäftsbereich CI zugeordneten Arbeitnehmer der Beklagten haben im Oktober 2004 im Zusammenhang mit der Übertragung des Geschäftsbereichs CI eine im Wesentlichen gleich lautende schriftliche Information erhalten. Die Informationsschreiben unterscheiden sich allerdings abhängig von der jeweiligen arbeitsvertraglichen Situation der betroffenen Mitarbeiter in Einzelfragen voneinander.
Mit Schreiben vom 22.10.2004 wurde auch die Klägerin über die geplante Übertragung des Geschäftsbereichs CI informiert. Nach Hinweis auf die Informationspflicht gemäß § 613 a BGB und Wiedergabe des Textes von § 613 a Abs. 5 und 6 BGB teilt die Beklagte mit, es werde hiermit „noch einmal” schriftlich die vorgesehene und mit dem Verhandlungsgremium des Gesamtbetriebsrates und der örtlichen Betriebsräte abgestimmte Informati...