Entscheidungsstichwort (Thema)

Verwirkung

 

Leitsatz (amtlich)

Schließt ein Arbeitnehmer mit dem Betriebserwerber nach Ausspruch einer betriebsbedingten Kündigung eine Abwicklungsvereinbarung, kann darin ein Umstandsmoment gesehen werden, das im Zusammenspiel mit dem Zeitmoment zur Verwirkung des Widerspruchrechts führen kann.

 

Normenkette

BGB §§ 242, 613a

 

Verfahrensgang

ArbG Solingen (Urteil vom 18.03.2008; Aktenzeichen 2 Ca 2037/07 lev)

 

Nachgehend

BAG (Urteil vom 24.02.2011; Aktenzeichen 8 AZR 468/09)

 

Tenor

I. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Solingen vom 18.03.2008 – 2 Ca 2037/07 lev – abgeändert:

Die Klage wird abgewiesen.

II. Die Kosten des Rechtsstreits hat der Kläger zu tragen.

III. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Mit seiner am 29.11.2007 beim Arbeitsgericht Solingen eingegangenen Klage macht der Kläger gegen die Beklagte Vergütungsansprüche aus Annahmeverzug gelten. Es handelt sich hierbei um ein Folgeverfahren.

Der am 25.05.1950 geborene Kläger war seit dem 01.04.1968 bei der Beklagten beschäftigt.

Er war nach dem übereinstimmenden Vorbringen der Parteien dem selbständigen Geschäftsbereich Consumer Imaging (CI) zugeordnet, der insbesondere die Geschäftsfelder Film, Finishing und Laborgeräte umfasste. Da dieser Geschäftsbereich seit mehreren Jahren einen massiven Umsatzrückgang zu verzeichnen hatte, hat die Beklagte zur Kostenreduzierung Personalabbaumaßnahmen durchgeführt. Dazu gehörte unter anderem auch der Abschluss von Vorruhestandsverträgen oder Altersteilzeitvereinbarungen, in denen den jeweiligen Arbeitnehmern zum Teil erhebliche finanzielle Leistungen zugesagt wurden.

Unter dem Datum vom 23.09.2004 erstellte die Beklagte für den Kläger eine Frühruhestandsberechnung.

Mit Schreiben vom 22.10.2004 unterrichtete die Beklagte den Kläger über den zum 01.11.2004 geplanten Betriebsteilübergang des Geschäftsbereichs CI auf die B. Photo GmbH. Wie das Bundesarbeitsgericht mittlerweile in einer Vielzahl von Verfahren festgestellt hat, war die Unterrichtung fehlerhaft.

Der Kläger hat dem Betriebsübergang zunächst nicht widersprochen.

Unter dem Datum vom 14.12.2004 hat er von der Erwerberin eine ordentliche betriebsbedingte Kündigung erhalten, die er nicht mit einer Kündigungsschutzklage angegriffen hat.

Am 15.12.2004 hat die B. Photo GmbH dem Kläger mitgeteilt, dass sein Arbeitsverhältnis aufgrund der betriebsbedingten Kündigung enden wird und ihm eine ratierlich zu zahlende Abfindung zugesagt.

Dieses Schreiben hat der Kläger unter der Rubrik „zur Kenntnis genommen” unterschrieben.

Am 20.05.2005 stellte die B. Photo GmbH einen Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens.

Seit dem 01.05.2005 bezieht der Kläger Arbeitslosengeld in Höhe von 1.737,60 EUR monatlich.

Mit anwaltlichem Schreiben vom 23.06.2005 widersprach der Kläger dem Übergang seines Arbeitsverhältnisses auf die B. Photo GmbH, äußerte die Rechtsauffassung, dass durch den Widerspruch die mit der Beklagten bestehende Vorruhestandsvereinbarung wieder hergestellt werde und forderte die Beklagte unter Fristsetzung bis zum 06.07.2005 auf, rechtsverbindlich mitzuteilen, dass sie den sich aus der Vorruhestandsvereinbarungen ergebenden Verpflichtungen vollumfänglich nachkommen wird. Im Übrigen bot er seine Arbeitskraft an.

Am 01.08.2005 wurde das Insolvenzverfahren über das Vermögen der B. Photo GmbH eröffnet.

Mit einer am 07.11.2005 beim Arbeitsgericht Solingen eingegangenen Klage, die unter dem AZ 1 Ca 330/07 lev geführt wurde, begehrte der Kläger in der Hauptsache die Feststellung, dass zwischen den Parteien ein Frühruhestandsvertragsverhältnis besteht und machte sich daraus ergebende Zahlungsansprüche geltend. Hilfsweise begehrte er die Feststellung, dass zwischen den Parteien ein Anstellungsverhältnis besteht und machte ebenfalls die sich daraus ergebenden Zahlungsansprüche geltend.

Das Arbeitsgericht hat mit Urteil vom 21.05.2007 den Hauptantrag des Klägers, festzustellen, dass zwischen den Parteien ein Frühruhestandsvertragsverhältnis besteht und die damit zusammenhängenden Zahlungsanträge abgewiesen, dem Antrag auf Feststellung, dass zwischen den Parteien ein Anstellungsverhältnis besteht sowie einem Teil der damit zusammenhängenden Zahlungsansprüche stattgegeben.

Auf die Berufung der Beklagten, die beim Landesarbeitsgericht unter dem Az

7 Sa 1454/07 geführt wurde, ist das Urteil des Arbeitsgerichts mit einem am 27.05.2007 verkündetem Urteil abgeändert und die Klage insgesamt abgewiesen worden.

Die Berufung des Klägers wurde zurückgewiesen.

Der Kläger hat die Auffassung vertreten, aufgrund seines wirksamen Widerspruchs sei die Beklagte verpflichtet, ihm für den Zeitraum ab April bis Dezember 2007, Urlaubsgeld, eine tarifliche Jahresleistung sowie eine Einmalzahlung zu leisten.

Der Kläger hat beantragt,

  1. die Beklagte zu verurteilen, an ihn 4.606,18 Euro brutto (Arbeitsentgelt April 2007) abzüglich bezogenem Arbeitslosengeld in Höhe von 1.737,60 Euro netto nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz sei...

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