Entscheidungsstichwort (Thema)

Zulässigkeit der Befristung von Arbeitsverträgen des in der Wissenschaft tätigen Personals. Begriff der "bestimmten Aufgabe" i.S. von § 2 Abs. 2 WissZeitVG

 

Leitsatz (amtlich)

§ 2 Abs. 2 WissZeitVG soll Rechtssicherheit und Transparenz beim Abschluss befristeter Arbeitsverträge im Rahmen drittmittelfinanzierter Projekte und eine solide Prognosegrundlage für den späteren Wegfall des Beschäftigungsbedarfs bei Vertragsschluss schaffen. Gleichzeitig soll die gerichtliche Überprüfung erleichtert werden und für die Vertragsparteien transparenter sein. Gemessen an diesen Voraussetzungen kann es nicht als ausreichend angesehen werden, wenn ein sich aus einer Vielzahl unterschiedlicher Teilbereiche zusammensetzender Forschungsbereich, der für sich genommen ein auf lange Dauer angelegter Forschungsbereich ist, als "bestimmte Aufgabe" einer Drittmittelfinanzierung herangezogen wird.

 

Normenkette

WissZeitVG § 2 Abs. 2

 

Verfahrensgang

ArbG Düsseldorf (Entscheidung vom 22.09.2015; Aktenzeichen 14 Ca 1658/15)

 

Nachgehend

BAG (Urteil vom 23.05.2018; Aktenzeichen 7 AZR 875/16)

 

Tenor

  • I.

    Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Düsseldorf vom 22.09.2015, 14 Ca 1658/15, wird zurückgewiesen.

  • II.

    Die Kosten des Berufungsverfahrens hat die Beklagte zu tragen.

  • IIII.

    Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Mit seiner am 23.03.2015 bei dem Arbeitsgericht eingegangenen Klage begehrt der Kläger die Feststellung, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien nicht aufgrund einer Befristung beendet worden ist.

Der am 25.07.1968 geborene Kläger ist seit Mai 1996 promovierter Diplom-Biologe und mittlerweile habilitiert. Zwischen den Parteien wurden 15 befristete Arbeitsverträge mit einer wöchentlichen Stundenzahl von 38,5 Stunden abgeschlossen.

Erstmals wurde der Kläger für die Beklagte aufgrund eines gemäß § 57c HRG für die Zeit vom 01.08.1999 bis zum 31.07.2002 befristeten Arbeitsvertrages als wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Transplantationsmedizin und Zelltherapeutik (im Folgenden: ITZ) tätig.

In der Folgezeit wurde der Kläger weiterhin am ITZ aufgrund sechs befristeter Verträge in der Zeit vom 01.08. bis zum 31.10.2002, vom 01.11.2002 bis zum 31.02.2003, vom 01.04.2003 bis zum 31.03.2005, vom 01.04.2005 bis zum 31.03.2007, vom 01.04. bis zum 30.06.2007 und vom 01.07. bis zum 30.09.2007 beschäftigt. Die Befristungen erfolgten jeweils nach § 57a und b HRG.

In der Zeit vom 01.10. bis zum 31.12.2007 wurde der Kläger im Rahmen weiterer Befristungen über das Institut für Neuropathologie für die Beklagte tätig.

Nach einer Unterbrechung von zwei Monaten wurde die Beschäftigung des Klägers für die Zeit vom 01.03. bis zum 31.12.2008 weiterhin befristet über das ITZ fortgesetzt.

Sodann folgte eine erneute Unterbrechung von etwas mehr als einem Monat. Der Grund für die Unterbrechungen lag darin, dass eine weitere Finanzierung der Stelle des Klägers nicht möglich war.

In der Zeit vom 09.02. bis zum 08.08.2009 wurde der Kläger über die Klinik für Kinderonkologie, Hämatologie und klinische Immunologie (im Folgenden: Klinik für Kinderonkologie) der Beklagten beschäftigt. Weitere Befristungen folgten für die Zeit vom 09.08.2009 bis zum 08.08.2010, vom 09.08.2010 bis zum 08.08.2012, vom 09.08.2012 bis zum 08.08.2014 und vom 09.08.2014 bis zum 31.01.2015. Die letzte Befristung erfolgte aufgrund des Arbeitsvertrages vom 27.01.2015 (Bl. 19 der Akte) für den Zeitraum vom 01.02. bis zum 31.03.2015.

Als Befristungsgrund war in den letzten sechs vorgenannten Arbeitsverträgen angegeben:

"Die Befristung erfolgt im Rahmen der befristeten Forschungsstudie zum Thema "Molekulare Leukämiegenetik".

Außerdem enthält jeder dieser Verträge sodann den Zusatz:

"Die Befristung auf den......[Datum des jeweiligen Endes der Befristung] erfolgt gem. § 2 Abs. 2 Satz 1 Wissenschaftszeitvertragsgesetz (WissZeitVG), da die vorgenannte Forschungsstudie zu diesem Zeitpunkt beendet sein wird."

Die Stelle des Klägers an der Klinik für Kinderonkologie wurde aus Drittmitteln der Elterninitiative der Kinderkrebsklinik e.V. (im Folgenden: Elterninitiative) finanziert.

Der Kläger bezog zuletzt ein monatliches Bruttogehalt in Höhe von 5.100,00 €.

Seit dem Jahr 2010 betreute der Kläger die ebenfalls bei der Beklagten beschäftigten Doktoranden C. und S.. Herr Dr. C. hat am 09.02.2015 und Herr Dr. S. am 02.03.2015 promoviert.

Der Kläger hat zwei Forschungsaufträge erwirkt. Der im April 2014 geschlossene Kooperationsvertrag mit der K. D. Leukämie-Stiftung e.V. zu dem Thema "Analyse der MLL-ENL-assoziierten Zelltransformationen und aberranten Regulation der Gentranskription in pädiatrischen Leukämien mit der Translokation t(11;19)" sieht eine Förderung bis zum 31.05.2015 vor. Die Abgabe des Abschlussberichtes sollte bis zum 31.08.2015 erfolgen.

Außerdem erhielt die Beklagte aufgrund eines vom Kläger gestellten Antrags zu dem Thema "Die Rolle des Genregulationsfaktors Nukleolin bei der Proliferations- und Genexpressionskontrolle von Zellen aus dem Stammzel...

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