Entscheidungsstichwort (Thema)
Abgrenzung Werkvertrag und Arbeitnehmerüberlassung
Leitsatz (amtlich)
Wird ein Arbeitnehmer von seinem Arbeitgeber auf der Grundlage eines Werkvertrages im Betrieb eines anderen Unternehmens eingesetzt und kommt es dabei nur gelegentlich unter Abweichung vom normalen Tagesablauf zu arbeitsrechtlichen Weisungen des Werkbestellers, so führt dies nicht zur Annahme einer unerlaubten Arbeitnehmerüberlassung.
Normenkette
AÜG § 9 Nr. 1, § 10
Verfahrensgang
ArbG Essen (Urteil vom 14.12.2006; Aktenzeichen 8 Ca 1159/06) |
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Essen vom 14.12.2006 – 8 Ca 1159/06 – wird zurückgewiesen.
Die Kosten der Berufung hat der Kläger zu tragen.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten über die Frage, ob zwischen ihnen ein Arbeitsverhältnis besteht.
Die Beklagte betreibt über ihre Betriebsführungsgesellschaft Deutsche Steinkohle AG (im folgenden DSK) sieben Steinkohle – Bergwerke, darunter das Bergwerk Walsum, in welchem ca. 2.700 Personen, davon ca. 1.830 Menschen untertägig beschäftigt sind.
Der am 25.01.1963 geborene Kläger wurde von einer (früheren) E. – I. GmbH mit bergmännischen Tätigkeiten beschäftigt. Dieses Unternehmen wurde mit Eintragung in das Handelsregister am 29.01.2004 auf eine S. Bau- und Wegebaustoffe GmbH verschmolzen. Die hieraus entstandene Gesellschaft – die ehemalige Nebenintervenientin – firmierte wiederum als „E. – I. GmbH”. Für diese war der Kläger seit dem Jahr 2001 im Bergwerk Walsum tätig.
Bei der durch die Verschmelzung entstandenen E. – I. GmbH handelte es sich um eine Bergbauspezialgesellschaft mit mehr als 1.500 Arbeitnehmern. Sie erhielt laufend Aufträge durch die Beklagte und bot u.a. Leistungen für den Bergbau, Schacht- und Tunnelbau sowie den Spezialtiefbau an. Der Schwerpunkt der Unternehmenstätigkeit bestand in Vorarbeiten für die eigentliche Steinkohlenförderung, insbesondere dem Streckenvortrieb bzw. der Streckenauffahrung (Tunnelbau). Auch wurden – u.a. in der Zeit von Januar 2004 bis September 2005 – Gleisbau- und Gleissanierungsarbeiten durchgeführt.
Die frühere E. – I. GmbH verfügte über eine unbefristete Erlaubnis zur gewerblichen Arbeitnehmerüberlassung. Mit einem Schreiben vom 19.05.2005 teilte die Bundesagentur für Arbeit – Regionaldirektion Nordrhein – Westfalen – der neuen E. – I. GmbH mit, dass die Erlaubnis aufgrund der Verschmelzung erloschen sei. Mit einem Bescheid vom 07.09.2005 wurde ihr eine Erlaubnis zur gewerblichen Arbeitnehmerüberlassung erteilt.
Die Beklagte legt den Aufträgen der bei ihr tätigen Bergbauspezialgesellschaften ihre Einkaufsbedingungen für Bauleistungen (kurz: AGB – Bau) und die Regelungen der DSK für die Bestellung Bergmännischer Unternehmerarbeiten (RBBU) zugrunde, wegen deren Einzelheiten auf die von der Beklagten überreichten Anlagen 8 und 9 Bezug genommen wird.
Die Arbeitnehmer der E. – I. GmbH nutzten die Kauen der Beklagten, um sich umzukleiden. Die gesamte persönliche Arbeitskleidung sowie die Schutzausrüstung einschließlich Schuhen, Helm, Schienbeinschoner, Handschuhen, Lampe mit Akku und CO – Selbstretterfilter wurden von der Beklagten gestellt. Diese Arbeits- und Schutzkleidung unterschied sich optisch nicht von derjenigen, welche die Mitarbeiter der Beklagten trugen. Alle Arbeitnehmer der bei der Beklagten tätigen Bergbauspezialgesellschaften verfügten über eine Chipkarte, die der Einlasskontrolle bzw. der Entriegelung des Drehkreuzes am Eingang des Werksgeländes diente. Um an die eigentlichen Arbeitsplätze zu gelangen, nutzten die Arbeitnehmer der E. – I. GmbH die von der Beklagten durchgeführten Seilfahrten unter Tage sowie den Personentransport in die einzelnen Reviere.
Der Kläger ist Flurlokfahrer. Er wurde von der E. – I. GmbH sowohl mit der Durchführung von Transportarbeiten unter Tage als auch mit anderen bergmännischen Aufgaben betraut. Die zuvor erforderliche sechswöchige Ausbildung des Klägers zum Lokführer ist bei der Beklagten erfolgt. Die Beklagte verfügt als einziges Unternehmen in Deutschland über Ausbilder und einen Ausbildungsort zum Erwerb der Qualifikation eines Lokführers unter Tage. Die Ausbildung sowie Nachschulungen erfolgten gleichermaßen für Mitarbeiter der E. – I. GmbH wie der Beklagten. Für die Teilnahme ihrer Arbeitnehmer an den Lehrgängen und der praktischen Ausbildung unter Tage zahlte die Nebenintervenientin eine Vergütung an die Beklagte.
Für den Transport auf den Gleisanlagen standen im Bergwerk Walsum insgesamt 13 dieselbetriebene Flurloks zur Verfügung. Jedenfalls die Transporte der Beklagten wurden durch die bei ihr eingerichtete Transportleitwarte mit Hilfe eines EDV-Systems mit der Bezeichnung TS/4 koordiniert. Dieses System ermöglichte die Transportraumdisposition, die Verladesteuerung, eine Steuerung des Materialtransports und eine gezielte Vergabe von Fahraufträgen. Die Transportzüge sowohl der Beklagten als auch der E. – I. GmbH wurden von Mitarbeitern der Beklagten in der Lokkammer zugeteilt. Der Sch...