Entscheidungsstichwort (Thema)
Urlaubsgeld-Vorbehalt eines ungekündigten Arbeitsverhältnisses. Zulässigkeit des Urlaubsgeld-Vorbehalts während eines ungekündigten Arbeitsverhältnisses
Leitsatz (amtlich)
Ein Anspruch auf Sonderzuwendungen, deren Leistungszweck nicht der zusätzlichen Vergütung der Arbeitsleistung dient, kann an den ungekündigten Bestand des Arbeitsverhältnisses zum Auszahlungszeitpunkt geknüpft werden (im Anschluss an BAG 18.01.2012 - 10 AZR 667/10 - ).
Normenkette
BGB § 305
Verfahrensgang
ArbG Wuppertal (Entscheidung vom 29.02.2012; Aktenzeichen 5 Ca 3223/11) |
Nachgehend
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts
Wuppertal vom 29.02.2012 - 5 Ca 3223/11 - teilweise abgeändert:
1.
Der Zahlungsantrag wird abgewiesen.
2.
Die Kosten des Rechtsstreits der ersten Instanz werden der Klä-
gerin zu 7/8 und der Beklagten zu 1/8 auferlegt. Die Kosten der Berufung fallen der Klägerin zur Last.
3.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten noch über die Ansprüche der Klägerin auf Urlaubsgeld.
Die Klägerin war vom 01.10.1994 bis zum 30.09.2011 bei der Beklagten zu einem Bruttomonatsgehalt von 2.567,00 € beschäftigt. Der Urlaubsanspruch betrug 30 Arbeitstage pro Jahr.
§ 6 des Arbeitsvertrages vom 01.04.1999 hat u.a. folgenden Inhalt:
"...
4.
Weiterhin erhält der Mitarbeiter/die Mitarbeiterin pro genommenen Urlaubstag ein Urlaubsgeld von 2,4 % des monatlichen Bruttogeldes. Das Urlaubsgeld wird am Monatsende ausgezahlt. Voraussetzung für die Auszahlung des Urlaubsgeldes ist ein ungekündigtes Arbeitsverhältnis.
5.
Weihnachtsgeld und Urlaubsgeld sind ausdrücklich freiwillige Leistungen der Firma. Die Firma behält sich vor, diese Gratifikationen jederzeit herabzusetzen oder ganz entfallen zu lassen.
..."
Mit Schreiben vom 22.03.2011 kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis zum 30.09.2011. Das von der Klägerin geführte Kündigungsschutzverfahren vor dem Arbeitsgericht Wuppertal endete durch den Vergleich vom 26.07.2011. Darin einigten sich die Parteien u.a. darüber, dass die Klägerin unter Fortzahlung der Vergütung und unter Anrechnung von Urlaubsansprüchen von der Arbeitsleistung freigestellt bleibt.
Mit der vorliegenden Klage begehrt die Klägerin Urlaubsgeld sowie die Erteilung eines bestimmten Zeugnisses.
Die Klägerin hat vorgetragen, dass ihr ein Urlaubsgeld für 30 Urlaubstage zustehe. Soweit die Klausel im Arbeitsvertrag ein ungekündigtes Arbeitsverhältnis für die Zahlung des Urlaubsgeldes voraussetze, sei die Klausel unwirksam. Eine geltungserhaltende Vertragsauslegung komme nicht in Betracht. Gegenansprüche der Beklagten bestünden nicht. Das erteilte Zeugnis sei auch auf den Beendigungszeitpunkt zu datieren und die Tätigkeitsbeschreibung und Leistung- und Verhaltensbeurteilung sei nicht ausreichend.
Die Klägerin hat zuletzt soweit für die Berufung von Bedeutung beantragt,
1.)
die Beklagte zu verurteilen, an sie 1.848,24 € brutto nebst 5 % Punkte Zinsen über dem Basiszinssatz zu zahlen;
2.)
die Beklagte zu verurteilen, dass ihr unter dem 13.09.2011 erteilte Zeugnis Zug um Zug gegen Herausgabe des unter dem 13.9.2011 erteilten Zeugnisses wie folgt zu berichtigen:
a.)
Das Zeugnis ist unter dem Beendigungszeitpunkt 30.09.2011 zu schreiben.
b.)
......
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagte ist der Auffassung, dass die Klägerin kein Urlaubsgeld verlangen könne. Die Voraussetzungen der vertraglichen Regelung seien nicht erfüllt. § 6 des Arbeitsvertrages sei wirksam. Das Verhalten der Klägerin verstoße zudem gegen Treu und Glauben. Im Übrigen sei man mit Abschluss des Vergleichs am 26.07.2011 davon ausgegangen, dass mit der Zahlung der Abfindung alle Ansprüche erledigt sein. Zudem stünden der Klägerin nur 23 Urlaubstage für das Jahr 2011 zu. Der Anspruch sei entsprechend dem Austritt zu kürzen. Letztlich beschränke sich der Anspruch auf den Nettobetrag. Ein Anspruch auf Berichtigung des Zeugnisses bestehe nicht.
Mit Urteil vom 29.02.2012 wurde dem Zahlungsantrag und dem Zeugnisantrag in Bezug auf das Datum des Zeugnisses stattgegeben und die Klage im Übrigen abgewiesen. Soweit für die Berufung von Bedeutung hat das Arbeitsgericht im Wesentlichen ausgeführt, dass der Klägerin 30 Urlaubstage zustünden. Für die Berechnung des Urlaubs sei gemäß § 8 Abs. 3 des Arbeitsvertrages das Bundesurlaubsgesetz maßgebend, da es keine abweichenden betrieblichen Regelungen gebe. Danach könne die Klägerin den vollen Jahresurlaubsanspruch verlangen, da sie nach dem Vergleich erst zum 30.09.2011 ausgeschieden sei. Die Kürzungsregelung des § 5 Abs. 1. c) BUrlG greife nicht. Die Klägerin habe auch einen arbeitsvertraglichen Anspruch auf Zahlung von Urlaubsgeld für 30 Tage. Die Regelung im letzten Satz des § 6 Abs. 4 des Arbeitsvertrages, die den Anspruch vom Bestehen eines ungekündigten Arbeitsverhältnisses abhängig mache, benachteilige die Klägerin unangemessen und sei deswegen gemäß § 307 Abs. 1 S. 1 BGB unwirksam. Die Klausel differenzie...