Entscheidungsstichwort (Thema)
Insolvenzordnung
Leitsatz (amtlich)
Unter § 209 Abs. 1 Nr. 2 InsO und § 209 Abs. 2 Nr. 2 fallen nicht später fällig werdende Forderungen aus einem schon vor Anzeige der Masseunzulänglichkeit begründeten Dauerschuldverhältnis.
Nach § 209 Abs. 1 Ziffer 2 InsO sind als Neumasseverbindlichkeiten im Rang nach den Verfahrenskosten diejenigen Verbindlichkeiten zu begleichen, die nach der Anzeige der Masseunzulänglichkeit begründet wurden, ohne Verfahrenskosten zu sein. Im Dauerschuldverhältnis, das bei Verfahrenseröffnung nicht gekündigt ist, sind Neumasseverbindlichkeiten diejenigen Teile des Anspruchs, die im eröffneten Verfahren entstanden, d.h. begründet worden sind nach dem ersten Kündigungszeitpunkt, der auf die Masseunzulänglichkeitsanzeige folgt. Dabei ist die Entstehung der vorrangig zu befriedigenden Neumasseverbindlichkeiten unabhängig von der Inanspruchnahme der Gegenleistung durch den Insolvenzverwalter.
Nach dem Sinn der Vorschriften, dem Insolvenzverwalter die Möglichkeit zu gewährleisten, im Interesse der Masse Verträge einzugehen und Verbindlichkeiten zu erfüllen, können zu den privilegierten Forderungen aus einem Dauerschuldverhältnis für die Zeit nach dem ersten Kündigungstermin nach Anzeige der Masseunzulänglichkeit nur solche gerechnet werden, die der Verwalter vor der Anzeige der Masseunzulänglichkeit selbst begründet hatte.
Normenkette
InsO § 209 Ic, §§ 210, 55 I Nr. 2
Verfahrensgang
ArbG Wuppertal (Urteil vom 14.02.2002; Aktenzeichen 2 Ca 23/02) |
Nachgehend
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen dasUrteil des Arbeitsgerichts Wuppertal vom 14.02.2002 – 2 Ca 23/02 – wird auf Kosten des Klägers zurückgewiesen.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten über die Abwicklung von Gehaltsansprüchen des Klägers im massearmen Insolvenzverfahren. Der Kläger macht im Berufungsrechtszug einen Zahlungsanspruch für seine Gehaltsansprüche aus den Monaten Juli bis August 1999 abzüglich bezogenen Arbeitslosengeldes geltend.
Der Kläger stand bei der Gemeinschuldnerin in der Zeit von 1994 bis zum 30.09.1999 in einem Arbeitsverhältnis. Seine Vergütung betrug zuletzt 12.500,– DM brutto. Ab April 1999 hat er keine Arbeitsvergütung mehr erhalten. Am 01.05.1999 wurde das Insolvenzverfahren über das Vermögen der Gemeinschuldnerin eröffnet. Am 12.05.1999 zeigte der Insolvenzverwalter dem Amtsgericht Wuppertal das Vorliegen von Masseunzulänglichkeit an. Der Insolvenzverwalter hat die ausstehenden Gehaltsforderungen unter Berücksichtigung der Lohnersatzleistungen als quotenmäßig zu berichtigende Masseverbindlichkeit anerkannt.
Der Kläger ist der Auffassung, ihm stünde für die Entgeltforderungen Juli bis September 1999 ein nach § 209 Abs. 1 Ziffer 2 InsO in Verbindung mit Abs. 2 Ziffer 2 privilegierter Zahlungsanspruch zu.
Der Beklagte stellte den Kläger mit Wirkung ab 04.05.1999 von der weiteren Mitarbeit „mangels einer ausreichenden Masse und der Tatsache, dass keine Aufträge mehr vorhanden sind” frei. Mit Schreiben vom 25.06.1999 kündigte der Beklagte das Arbeitsverhältnis aus betriebsbedingten Gründen fristgerecht zum 30.09.1999. Die vertragliche Kündigungsfrist betrug sechs Monate zum Halbjahresende. Mit der gegen die Kündigung gerichteten Klage unterlag der Kläger sowohl erstinstanzlich als auch im Berufungsrechtszug vor der erkennenden Kammer am 29.06.2000 (13 Sa 484/00).
Der Kläger stellt im Berufungsrechtszug folgenden Antrag,
den Beklagten zu verurteilen, an den Kläger (28.321,16 DM) 14.480,33 EUR
nebst 4 % Zinsen aus (12.500,00 DM) 6.391,13 EUR vom 01.07.–29.07.1999, 4 % Zinsen aus (9.407,13 DM) 4.809,77 EUR vom 30.07.1999–30.04.2000 und 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz aus (9.407,13 DM) 4.809,77 EUR ab 01.05.2002,
nebst weiteren 4 % Zinsen aus (12.500,00 DM) 6.391,13 EUR vom 01.08–30.08.1999, 4 % Zinsen aus (9.407,13 DM) 4.809,77 EUR vom 31.08.1999–30.04.2000 und 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz aus (9.407,13 DM) 4.809,77 EUR ab 01.05.2000.
nebst weiteren 4 % Zinsen aus (5.500,00 DM) 6.391,13 EUR vom 01.09.–29.09.1999, 4 % Zinsen aus (9.506,90 DM) 4.860,78 EUR vom 30.09.1999–30.04.2000 und 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz aus (9.506,90 DM) 4.860,78 EUR ab 01.05.2000
zu zahlen.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er wiederholt seine Auffassung, dass es sich bei den Forderungen des Klägers um eine nachrangige Altmasseverbindlichkeit handele, bezüglich derer nur die Feststellung nach Maßgabe des Erkenntnisses des Arbeitsgerichts Wuppertal auf den vom Kläger gestellten Hilfsantrag verlangt werden kann.
Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der gewechselten Schriftsätze, vornehmlich die Berufungsbegründung vom 04.06.2002 (Bl. 75 f. d. A.) und die Berufungserwiderung vom 10.07.2002 (Bl. 80 f. d. A.) sowie den gesamten sonstigen Sachvortrag und Akteninhalt, der Gegenstand der mündlichen Erörterung war, Bezug genommen (§ 69 Abs. 3 ArbGG n. F.).
Entscheidungsgründe
I.
Die Beru...