Entscheidungsstichwort (Thema)
Fahrerkarte für digitalen Fahrtenschreiber. Kostenerstattung
Leitsatz (amtlich)
Dem Arbeitnehmer steht in Ermangelung anderweitiger Vereinbarung kein Aufwendungsersatzanspruch entsprd. § 670 BGB für den Erwerb einer sog. Fahrerkarte für den digitalen Fahrtenschreiber i.S.d. VO (EG) Nr. 561/2006 v. 15.03.2006 zu. Deren Beschaffung ist – vergleichbar der Erteilung einer Fahrerlaubnis – der Sphäre des Arbeitnehmers zuzuordnen.
Normenkette
BGB § 670; VO (EG) 561/2006 v. 15.03.2006
Verfahrensgang
ArbG Wesel (Urteil vom 11.10.2006; Aktenzeichen 3 Ca 1018/06) |
Nachgehend
Tenor
1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Wesel vom 11.10.2006 – 3 Ca 1018/06 – wird kostenpflichtig zurückgewiesen.
2. Die Revision wird zugelassen.
3. Streitwert: 58,– EUR.
Tatbestand
Die Parteien streiten um die Erstattung von Auslagen des Klägers für den Erwerb einer sog. Fahrerkarte.
Der Kläger ist seit dem 01.01.1988 bei der Beklagten, welche ein Transportunternehmen betreibt, als Kraftfahrer tätig.
Aufgrund der Verordnung (EG) Nr. 561/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15.03.2006 sind seit dem 01.05.2006 u.a. für neu zugelassene Lkws ab 3,5 t zul. Gesamtgewicht anstelle des bisherigen analogen Kontrollgeräts mit Tachoscheibe digitale Tachographen vorgesehen. Entsprechendes gilt im Falle der Ersetzung der bisherigen Fahrtenschreiber in Altfahrzeugen. Mit der Einführung des digitalen Aufzeichnungsgeräts werden die Daten des Fahrers und des Fahrzeugs gespeichert und ermöglichen eine elektronische Auswertung der Daten vor Ort. Zum Betrieb des Geräts ist neben einer Unternehmerkarte der Einsatz einer Fahrerkarte von der Größe einer Scheckkarte erforderlich, welche in das Gerät zu führen ist. In einem auf der Karte befindlichen Chip sind die persönlichen Daten des Fahrers in maschinenlesbarer Form gespeichert. Voraussetzung für den Erhalt der Fahrerkarte ist u.a. eine Meldebescheinigung sowie ein Lichtbild. Die Chipkarte wird vom Kraftfahrtbundesamt zu einer Gebühr von 38,– EUR erstellt. Sie steht im Eigentum des Fahrers und ist nicht an ein bestimmtes Fahrzeug oder Unternehmen gebunden.
Mit Aushang vom 10.01.2006 „Fahrerinformation – Digitaler Tacho” teilte die Beklagte ihren Fahrern u.a. Folgendes mit:
„Neu zugelassene Lkw ab 3,5 t zul. Gesamtgewicht müssen 20 Tage nach Inkrafttreten der neuen Lenk- und Ruhezeitverordnung mit einem digitalen Tachographen ausgerüstet sein. Mit Veröffentlichung der neuen Verordnung tritt diese in Kraft. Die Veröffentlichung wird nach Angaben der Kommission aller Voraussicht nach Mitte April 2006 erfolgen. Mit der rechtsverbindlichen Einführung des Tachographen ist damit für Anfang Mai 2006 zu rechnen.
Bis zu diesem Zeitpunkt haben wir noch die Möglichkeit, Neufahrzeuge mit dem derzeitigen analogen EG-Kontrollgerät zu bestellen.
Gleichwohl kann unabhängig von dieser Investitionsentscheidung die Pflicht zur Anwendung des neuen digitalen Tachographen unerwartet auf uns zukommen. Denn Lkw mit Zulassungsdatum ab dem 1.1.1996, und damit fast unser gesamter Fuhrpark, sind im Falle der Ersetzung des alten Tachographen ebenfalls mit dem neuen Gerät auszurüsten, sofern die Übermittlung der Signale an das Gerät völlig elektrisch erfolgt; in die gleiche Situation können wir bei der Inanspruchnahme von Leih- oder Mietfahrzeugen kommen. Um auf diesen Fall vorbereitet zu sein, ist es unumgänglich, uns umfassend organisatorisch vorzubereiten:
Wir haben unsere Unternehmenskarte bereits bestellt.
Für den Betrieb der Fahrzeuge mit dem digitalen Tachographen sind Chipkarten erforderlich.
Die Unternehmerkarte identifiziert das Unternehmen und ermöglicht, Daten aus dem digitalen Tachographen anzuzeigen, auszudrucken und herunterzuladen.
Wir müssen Sie als Fahrer verpflichten, unverzüglich die Fahrerkarte bei den für den gewöhnlichen Wohnsitz zuständigen Fahrerlaubnisbehörden zu beantragen.
Jeder Fahrer benötigt die Fahrerkarte, auf der alle Tagesaktivitäten gespeichert werden. Dazu muss die Karte zu Schichtbeginn vom Fahrer und ggf. vom Beifahrer in das Gerät eingeführt werden. Der Beifahrer befindet sich dann im Bereitschaftsdienst. Die Fahrerkarte kann nur vom Fahrer beantragt werden und ist 5 Jahre gültig und gehört zum Führerschein.”
Mit Schreiben seiner Rechtsschutz gewährenden Gewerkschaft vom 16.02.2006 machte der Kläger erfolglos die Erstattung der durch den Erwerb der Fahrerkarte angefallenen Auslagen geltend. Ihm sind Kosten in Höhe von 38,– EUR für die Karte, von 15,– EUR für Passfotos sowie von 5,– EUR für eine Meldebescheinigung entstanden.
Mit der am 22.03.2006 bei dem Arbeitsgericht Wesel eingegangenen Klage hat der Kläger die Beklagte auf Kostenerstattung in Anspruch genommen und die Auffassung vertreten, die Anschaffung sei primär im Interesse der Beklagten erfolgt, da diese ihn ohne eine solche Fahrerkarte nicht einsetzen dürfe.
Der Kläger hat beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 58,– EUR ne...