Entscheidungsstichwort (Thema)
Arbeitsvertragliche Verweisung auf Tarifvertrag. Abbau eines „Ferienüberhangs” an einer kommunalen Musikschule
Leitsatz (amtlich)
1. Verweist der vor dem 01.03.1987 geschlossene Arbeitsvertrag eines Musiklehrers einer kommunalen Musikschule auf den BAT, insbesondere auf die Sonderregelungen für Angestellte als Lehrkräfte (SR 2 I BAT), kann die Auslegung dieses Vertrages ergeben, daß die in ihm genannte Pflichtstundenzahl unter dem Vorbehalt einer anderweitigen Regelung im einschlägigen Tarifvertrag steht (im Anschluß an BAG vom 06.09.1990 – 6 AZR 612/88 – EzA § 3 TVG Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 3).
2. Seit Inkrafttreten der durch den 56. Änderungstarifvertrag zum BAT eingefügten Sonderregelungen für Angestellte als Lehrkräfte an Musikschulen im Bereich der VKA (SR 2 l II BAT) am 01.03.1987 treten aufgrund ergänzender Vertragsauslegung diese an die Stelle der im Arbeitsvertrag genannten SR 2 I BAT.
3. Die vom kommunalen Arbeitgeber im Wege seines Direktionsrechts in den Grenzen des § 15 Abs. 1 S. 2 BAT angeordnete Erhöhung der wöchentlichen Unterrichtsstunden zum Abbau eines „Ferienüberhangs” (vgl. BAG vom 15.10.1987 – 6 AZR 530/85 – EzBAT § 15 Nr. 12) setzt nicht den Verzicht auf das in SR 2 l II Nr. 3 2 Halbs. BAT enthaltene Recht, den Musiklehrer außerhalb seines Urlaubs während der unterrichtsfreien Zeit zur Arbeit heranzuziehen, voraus.
Normenkette
BGB §§ 133, 157, 611; BAT SR 2 I II; 56. Änderungstarifvertrag zum BAT § 2
Verfahrensgang
ArbG Krefeld (Urteil vom 30.07.1996; Aktenzeichen 2 Ca 1753/96) |
Tenor
Auf die Berufung des Beklagten wird dasUrteil des Arbeitsgerichts Krefeld vom 30.07.1996 – 2 Ca 1753/96 – abgeändert und die Klage abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Der am 21.09.1950 geborene Kläger ist bei dem Beklagten seit dem 01.07.1976 als Musiklehrer an der von dem Beklagten betriebenen Musikschule beschäftigt. Im Arbeitsvertrag vom 28.07.1976 heißt u.a.:
„§ 1
H. ist ab 1.7.1976 bei der K. als Angestellter unter Eingruppierung in Vergütungsgruppe V b BAT eingestellt worden. Er wird als Musiklehrer beschäftigt.
§ 2
Das Beschäftigungsverhältnis richtet sich nach den Bestimmungen des Bundesangestelltentarifvertrages (BAT) vom 23.2.1961 und der zusätzlich abgeschlossenen Tarifverträge in der jeweils geltenden Fassung, insbesondere den Sonderregelungen für Angestellte als Lehrkräfte (SR 21 BAT).
§ 3
Die Probezeit gemäß § 5 BAT beträgt 6 Monate.
§ 4
Die Zahl der zu erteilenden Unterrichtsstunden beträgt 28 Stunden wöchentlich.”
Nach den bei Vertragsabschluß geltenden „Richtlinien der Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände (VKA) über die Vergütung der im Angestelltenverhältnis beschäftigten Lehrkräfte und Leiter von Musikschulen” vom 12.01.1973 waren Musikschullehrer vollbeschäftigt, wenn sie mindestens 28 Jahreswochenstunden Unterricht erteilten. Seit dem 01.11.1976 ist der Kläger in der Vergütungsgruppe IV b BAT eingestuft.
Mit Wirkung vom 01.03.1987 sind durch § 1 Nr. 1 des 56. ÄndTV zum BAT vom 20.02.1987 erstmals die Sonderregelungen für Angestellte als Lehrkräfte an Musikschulen im Bereich der VkA (SR 2 l II) in den BAT eingefügt worden. In deren Nr. 2 heißt es:
„(1) Vollbeschäftigt ist ein Musikschullehrer, wenn die arbeitsvertraglich vereinbarte durchschnittliche regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit 30 Unterrichtsstunden zu je 45 Minuten (= 1350 Unterrichtsminuten) beträgt.
…
(2) Die Freistellung nach § 15 a ist während der unterrichtsfreien Zeit zu gewähren.”
In Nr. 3 der SR 2 l II BAT heißt es:
„Der Angestellte ist verpflichtet, seinen Urlaub während der unterrichtsfreien Zeit zu nehmen; außerhalb des Urlaubs kann er während der unterrichtsfreien Zeit zur Arbeit herangezogen werden.”
Weiterhin enthält der 56. ÄndTV in seinem § 2 eine Übergangsvorschrift folgenden Wortlauts:
„Für die unter den Geltungsbereich der Nr. 1 SR 2 l II fallenden Angestellten, die am 28.2.1987 in einem Arbeitsverhältnis stehen, das am 1.3.1987 zu demselben Arbeitgeber fortbesteht, wird eine günstigere einzelarbeitsvertragliche Regelung zur Arbeitszeit durch das Inkrafttreten der Nr. 2 SR 2 l II nicht berührt.”
Nachdem es zwischen den Parteien zu keiner Einigung über eine wöchentliche Unterrichtsverpflichtung des Klägers von durchschnittlich 30 Unterrichtsstunden in der Woche zu je 45 Minuten gekommen war, teilte der Beklagte den Prozeßbevollmächtigten des Klägers mit Schreiben vom 21.03.1996 mit, daß er beabsichtige, im Wege eines Direktionsrechts, gestützt auf § 2 des Arbeitsvertrages vom 28.07.1976, den Kläger mit 30 Unterrichtsstunden zu beschäftigen. Dem vorgenannten Schreiben fügte der Beklagte einen Berechnungsbogen mit der Ermittlung der vom Kläger zusätzlich zu leistenden Unterrichtsstunden bei.
Mit einem nicht datierten Schreiben teilte der Leiter der Kreismusikschule des Beklagten, H., dem Kläger unter Bezugnahme auf den ihm zugesandten Berechnungsbogen mit, daß er beabsichtige, ihm zum 01.05.1996 zum Zwecke des Abbaus des Feri...