Entscheidungsstichwort (Thema)
Billigkeit einer Um- oder Versetzung eines Arbeitnehmers zur Sicherung oder Wiederherstellung des Betriebsfriedens
Leitsatz (amtlich)
1. Die Um- oder Versetzung eines Arbeitnehmers in einen anderen Arbeitsbereich und eine andere Schicht kann unter anderem auch als Reaktion auf eine konkrete Konfliktlage im bisherigen Arbeitsbereich zur Sicherung oder Wiederherstellung des Betriebsfriedens und/oder -ablaufs erfolgen; hierin liegt ein berechtigtes betriebliches Interesse zur Begründung der Billigkeit der Direktionsrechtsausübung.
2. In solchen Fällen ist es grundsätzlich Sache des Arbeitgebers zu entscheiden, wie er auf Konfliktlagen reagieren will. Insbesondere ist er nicht gehalten, zunächst die Ursachen und Verantwortlichkeiten für die Konfliktlage aufzuklären. Der damit verbundene Aufwand und Zeitverlust sind dem Arbeitgeber regelmäßig in solchen Fällen gerade deshalb unzumutbar, weil er schnell reagieren muss.
3. Das bedeutet aber nicht, dass der die Darlegungs- und Beweislast für die die Billigkeit einer Weisung begründenden Umstände tragende Arbeitgeber nicht nur die weitere Aufklärung der Ursachen einer Konfliktlage unterlassen könnte, sondern nicht einmal gehalten wäre, wenigstens die Konfliktlage selbst und ihre Auswirkungen auf Betriebsfrieden und/oder Betriebsablauf konkret und - soweit streitig - unter Beweisantritt darzulegen. Die innerbetriebliche Konfliktlage ist kein "Freifahrtschein" für quasi jedwede Ausübung des Weisungsrechts. Vielmehr ist konkret zu der behaupteten Konfliktlage selbst und zu deren Auswirkungen auf Betriebsfrieden und/oder -ablauf vorzutragen, um überhaupt zur Annahme eines berechtigten betrieblichen Belanges für die Weisung zu kommen, mit dem dann die gegen die Weisung sprechenden Interessen des betroffenen Arbeitnehmers abzuwägen sind.
4. Zu den in die Interessenabwägung einzubeziehenden, gegen eine Um- oder Versetzung sprechenden Interessen des betroffenen Arbeitnehmers gehören unter anderem die Außenwirkung der von ihm als "Bestrafung" empfundenen Maßnahme im Betrieb sowie wirtschaftliche Auswirkungen wie der Wegfall einer bisher erlangten Schichtzulage.
Normenkette
GewO § 106; BGB § 315; ZPO § 138
Verfahrensgang
ArbG Krefeld (Entscheidung vom 26.01.2018; Aktenzeichen 2 Ca 1373/17) |
Tenor
I.
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Krefeld vom 26.01.2018 - Az.: 2 Ca 1373/17 - wird zurückgewiesen.
II.
Die Kosten des Berufungsverfahrens tragen die Beklagte zu 3/4 und der Kläger zu 1/4.
III.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten im Berufungsrechtszug zuletzt noch über die Wirksamkeit einer arbeitgeberseitigen Weisung, wonach der Kläger statt des bisherigen Einsatzes als Maschinenbediener im 3-Schicht-System in der Verzinkerei in die Abteilung Verpackung/Logistik im 1-Schicht(Frühschicht)-System wechseln soll.
Der am 10.11.1979 geborene Kläger ist seit dem 01.08.2000 bei der Beklagten zu einem monatlichen Bruttoentgelt von zuletzt 3.574,- € beschäftigt.
Der Arbeitsvertrag der Parteien vom 26.11.2003, wegen dessen Inhalts im Übrigen auf Blatt 5 ff. der Akte Bezug genommen wird, enthält unter § 1 folgende Regelungen:
" § 1
Mit Wirkung vom 01. Januar 2004
wirdHerr K.
alsMaschinenbediener/ -einrichter im Bereich
Fertigung Norglide/ NG-Halbzeug (KST 6220)
beschäftigt.
Als Eintrittsdatum gilt der 01.08.2000. Die Betriebszugehörigkeit innerhalb des T.-H. Konzerns wird bei allen Leistungen und rechtlichen Belangen voll angerechnet, bei denen die Dienstzeit von Relevanz ist.
Die Firma behält sich vor, dem Mitarbeiter nach den jeweiligen betrieblichen Erfordernissen auch eine andere, seiner Vorbildung und seinen Fähigkeiten entsprechende Aufgabe zu übertragen.
Der Mitarbeiter erklärt sich bereit, im 3-Schicht-System zu arbeiten."
Unter dem 28.01.2009 änderten die Parteien den Arbeitsvertrag dahingehend ab, dass der Kläger ab dem 01.02.2009 als Maschinenbediener in der Stanzerei eingesetzt wurde. Alle übrigen Regelungen des Arbeitsvertrages blieben ausdrücklich unberührt (Blatt 9 der Akte). Im Jahr 2013 wurde der Kläger dann mit seiner Zustimmung in die Verzinkerei versetzt, wo er zuletzt bis zu der hier streitigen Weisung im 3-Schicht-System als Maschinenbediener tätig war.
Etwa Mitte März 2017 teilte die Beklagte dem Kläger mit, dass er in Zukunft nicht mehr als Maschinenbediener in der Stanzerei/Verzinkung beschäftigt werde. Man werde ihn in die Abteilung für Verpackung/Logistik versetzen. Dort werde man ihn entgegen der bisherigen Praxis nicht mehr im 3-Schicht-System, sondern ausschließlich im 1-Schicht-System (Frühschicht) beschäftigen. Dies begründete die Beklagte damit, dass sich Mitarbeiter aus der Abteilung des Klägers über seine mangelnde Sozialkompetenz beschwert hätten.
In seiner Sitzung vom 14.12.2017 stimmte der Betriebsrat der Beklagten der unbefristeten Versetzung des Klägers zu (Blatt 89 der Akte).
Mit seiner am 24.08.2017 bei dem Arbeitsgericht Krefeld eingereichten und der Beklagten am 30.08.2017 zuges...