rechtskräftig
Entscheidungsstichwort (Thema)
Keine Einigungsstelle gemäß § 87 I Nr. 7 BetrVG allein wegen Vertretung. Gesundheitsschutz. Einigungsstelle. Vertretung. offensichtliche Unzuständigkeit. Bestimmtheit des Antrags auf Einsetzung einer Einigungsstelle
Leitsatz (amtlich)
1. Eine unter dem Gesichtspunkt des Gesundheitsschutzes (§ 87 I Nr. 7 BetrVG) angerufene Einigungsstelle ist offensichtlich unzuständig i. S. v. § 98 I 2 ArbGG, wenn der Antragsteller einen Sachverhalt vorträgt, bei dem eine Gesundheitsgefährdung lediglich theoretisch in Betracht kommt, in dem jedoch keine konkreten Anhaltspunkte für eine Handlungspflicht des Arbeitgebers nach § 3 I ArbSchG ersichtlich sind.
2. Dass Arbeitnehmer zur Vertretung anderer Arbeitnehmer herangezogen werden, ist für sich genommen nicht ausreichend, um von einer mehr als nur theoretisch denkbaren Gesundheitsgefährdung auszugehen.
3. Der Gegenstand des Einsetzungsverfahren gemäß § 98 ArbGG muss im Antrag so genau bezeichnet werden, dass der Kompetenzrahmen der Einigungsstelle festgestellt werden kann. Das Vorliegen dieses Erfordernisses ist im Beschwerdeverfahren im vollem Umfang überprüfbar (Anschluss an LAG Hessen v. 31.01.2006 – 4 TaBV 208/05)
Normenkette
BetrVG § 87 I Nr. 7; ArbGG §§ 98, 98 Abs. 1; ArbSchG § 3 Abs. 1; ZPO § 253 Abs. 2
Verfahrensgang
ArbG Hamburg (Beschluss vom 07.12.2006; Aktenzeichen 17 BV 41/06) |
Tenor
Auf die Beschwerde der Beteiligten zu 2) wird der Beschluss des Arbeitsgerichts Hamburg vom 07.12.2006 (17 BV 41/06) aufgehoben.
Der Antrag des Betriebsrats wird zurückgewiesen.
Gründe
[1] I. Die Beteiligten streiten um die Einsetzung einer Einigungsstelle gemäß § 98 ArbGG.
[2] Die Arbeitgeberin (Bet. zu 2) betreibt bundesweit zahlreiche Warenhäuser. In der Filiale H. sind 141 Arbeitnehmer beschäftigt. Der Antragsteller (Bet. zu 1) ist der für diese Filiale gewählte Betriebsrat. Er besteht aus 7 Mitgliedern.
[3] Der Betriebsrat beschloss im Herbst 2006, 5 Ausschüsse gemäß § 28 BetrVG einzurichten und zwar für Technologie, Arbeits- und Gesundheitsschutz, Wirtschaft, Soziales (Kantine, Sozialräume) sowie Aus- und Weiterbildung. Mit Schreiben vom 07.09.2006 (Anl. 1 der Arbeitgeberin, Bl. 25 d. A.) unterrichtete der Betriebsrat die Arbeitgeberin über die Mitglieder der Ausschüsse sowie über die für die Ausschüsse geplanten regelmäßigen Sitzungstage. In dem Schreiben heißt es, insgesamt handele es sich um ein Stundenvolumen von monatlich ca. 15 Stunden. Die Arbeitgeberin wurde aufgefordert, in einem schriftlichen Konzept darzustellen, welche organisatorischen und personellen Vorkehrungen sie zur Entlastung der Mitarbeiter/innen treffe, die durch die angekündigten Ausschusstätigkeiten belastet würden.
[4] Mit Schreiben vom 01.11.2006 (Anl. 3 der Arbeitgeberin, Bl. 28 d. A.) erklärte der Betriebsrat die Verhandlungen der Betriebsparteien für gescheitert. Am 20.11.2006 kam es zu Gesprächen der Beteiligten darüber, ob das vom Betriebsrat angegebene Stundenvolumen angesichts der Betriebsgröße der Filiale E erforderlich sei.
[5] Am 23.11.2006 beantragte der Betriebsrat beim Arbeitsgericht die Einsetzung einer Einigungsstelle zur Regelung von Maßnahmen und Vorkehrungen, welche die Belastungen mindern, die durch Betriebsratsausfallzeiten entstehen. Zur Begründung seines Antrags berief sich der Betriebsrat auf § 87 I Nr. 7 BetrVG. Entlastungsmaßnahmen seien erforderliche Maßnahmen i. S. v. § 3 I ArbSchG.
[6] Der Betriebsrat hat beantragt,
1) zum Vorsitzenden einer Einigungsstelle zur Regelung von Maßnahmen und organisatorischen Vorkehrungen zur Minderung von Belastungen, die durch Betriebsratsausfallzeiten bewirkt werden, Herrn B., Richter am Arbeitsgericht Hamburg, zu bestellen.
2) Die Anzahl der von jeder Seite zu benennenden Beisitzer auf je drei festzusetzen.
[7] Die Arbeitgeberin hat beantragt,
1. die Anträge zurückzuweisen
[8] Hilfsweise
2. zum Vorsitzenden einer Einigungsstelle zur Regelung von Maßnahmen und organisatorischen Vorkehrungen zur Minderung von Belastungen, die durch Betriebsratsausfallzeiten bewirkt werden, Herrn R.S., Richter am Arbeitsgericht Hamburg, zu bestellen.
3. Die Anzahl der von jeder Seite zu benennenden Beisitzer auf jeweils zwei festzusetzen.
4. den Antrag im Übrigen zurückzuweisen.
[9] Die Arbeitgeberin hat die Ansicht vertreten, der Antrag zu 1. des Betriebsrats sei schon mangels Bestimmtheit unzulässig, weil die begehrten Maßnahmen und Vorkehrungen nicht konkretisiert würden. Die Einigungsstelle sei offensichtlich unzuständig, weil kein Mitbestimmungsrecht bestehe, insbesondere nicht unter dem Gesichtspunkt des Gesundheitsschutzes.
[10] Das Arbeitsgericht hat den Anträgen des Betriebsrats im Wesentlichen entsprochen. Die Einigungsstelle sei nicht offensichtlich unzuständig, da ein Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats jedenfalls unter dem Gesichtspunkt der Arbeitszeit gemäß § 87 I Nr. 2 bestünde. Ob darüber hinaus auch ein Mitbestimmungsrecht gemäß § 87 I Nr. 7 BetrVG bestehe, könne deshalb dahinstehen. Als Vorsitzenden der Einigungsstelle ...