Entscheidungsstichwort (Thema)
Vorübergehende Beschäftigung einer Leiharbeitnehmerin bei befristeter Beschäftigung auf Dauerarbeitsplatz. Zustimmungsersetzung im Beschlussverfahren
Leitsatz (amtlich)
Der Begriff "vorübergehend" in § 1 Abs. 2 AÜG ist arbeitnehmer-, nicht arbeitsplatzbezogen. Eine vorübergehende Beschäftigung von Leiharbeitnehmern auf Dauerarbeitsplätzen ist also nicht grundsätzlich verboten.
Normenkette
AÜG § 1 Abs. 1, 1 S. 2; BetrVG § 99 Abs. 4, § 100
Verfahrensgang
ArbG Hamburg (Entscheidung vom 07.03.2013; Aktenzeichen 17 BV 23/12) |
Tenor
Die Beschwerde des Antragsgegners gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Hamburg vom 07. März 2013 - 17 BV 23/12 - wird zurückgewiesen.
Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.
Gründe
I.
Die Beteiligten streiten über die Zustimmung des Betriebsrats zu einer personellen Einzelmaßnahme und die Dringlichkeit ihrer vorläufigen Durchführung. Im Wesentlichen geht es um die Auslegung des Begriffs "vorübergehend" iSd. § 1 Abs. 1 Satz 2 AÜG in der seit dem 1. Dezember 2011 geltenden Fassung.
Die Arbeitgeberin beantragte mit Schreiben vom 16. Juli 2012 (Anlage Ast 2, Bl. 15 d.A.) die Zustimmung des Betriebsrats zu der auf ein Jahr befristeten Einstellung der Arbeitnehmerin K. als Leiharbeitnehmerin/Gesundheits- und Krankenpflegerin in der Gerontopsychiatrie in der A. Klinik mit Wirkung vom 01. Oktober 2012. Die Stelle war ausgeschrieben (Anl. Ast 1, Bl. 14 d.A.) und zwar unbefristet und mit der - bei der Antragstellerin üblichen - Vergütung nach dem TV-KAH. Externe Bewerber wurden allerdings darauf hingewiesen, dass für sie eine Einstellung über die A. H. P. GmbH erfolgen würde.
Der Betriebsrat verweigerte mit Schreiben vom 19. Juli 2012 (Anlage Ast 3, Bl. 16 d.A.) die Zustimmung zur beabsichtigten personellen Maßnahme. Er begründete seine Zustimmungsverweigerung im Wesentlichen mit einem Verstoß gegen § 1 Abs. 1 Satz 2 AÜG. Es handele sich nicht um einen vorübergehenden Bedarf, vielmehr gehe es darum, einen Dauerarbeitsplatz zu besetzen.
Mit Schreiben vom 20. Juli 2012 (Anlage Ast 4, Bl. 18 d.A.) unterrichtete die Arbeitgeberin den Betriebsrat über die vorläufige Einstellung der Arbeitnehmerin mit Wirkung vom 01. Oktober 2012.
Mit Schreiben vom 26. Juli 2012 (Anlage Ast 5, Bl. 19 d.A.) bestritt der Betriebsrat, dass die Maßnahme aus sachlichen Gründen dringend erforderlich sei.
Mit dem am 27. Juli 2012 beim Arbeitsgericht Hamburg per Fax vorab eingegangenen Antrag hat die Arbeitgeberin beantragt,
1a) die Zustimmung des Betriebsrats zur befristeten Einstellung der Frau K. ab dem 1. Oktober 2012 zu ersetzen,
1b) festzustellen, dass die vorläufige Einstellung der Frau K. ab dem 1. Oktober 2012 aus sachlichen Gründen dringend erforderlich war.
Der Betriebsrat hat beantragt,
den Antrag abzuweisen.
Der Betriebsrat hat vorgetragen, seine Zustimmung zu der beabsichtigten personellen Maßnahme sei aus den im Zustimmungsverweigerungsschreiben genannten Gründen nicht zu ersetzen. Die befristete Einstellung der Arbeitnehmerin auf einen Dauerarbeitsplatz verstoße gegen die gesetzliche Vorschrift des § 1 Abs. 1 Satz 2 AÜG, weil die Entleihe nicht nur "vorübergehend" erfolge. Auch die dringende Erforderlichkeit einer vorläufigen Durchführung der personellen Maßnahme sei nicht erkennbar.
Durch den dem Betriebsrat am 11. März 2013 zugestellten Beschluss vom 7. März 2013, auf den zur näheren Sachdarstellung Bezug genommen wird, hat das Arbeitsgericht beiden Anträgen stattgegeben.
Hiergegen richtet sich die am 9. April 2013 eingelegte und mit am Montag, 13. Mai 2013 beim Landesarbeitsgericht Hamburg eingegangenen Schriftsatz begründete Beschwerde des Betriebsrates.
Er trägt vor, die ausgeschriebene Stelle betreffe einen Dauerarbeitsplatz, ein zukünftiger Wegfall des Bedarfs sei nicht zu erwarten, der fragliche Einsatz deshalb nicht "vorübergehend". Eine Auslegung, die dies nicht berücksichtige verstoße gegen die Richtlinie 208/104/EG.
Der Betriebsrat beantragt,
unter Abänderung des Beschlusses des Arbeitsgerichts Hamburg vom 7. März 2013 - 17 BV 23/12 - die Anträge abzuweisen.
Die Arbeitgeberin beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Sie verteidigt die erstinstanzliche Entscheidung und verweist im Tatsächlichen darauf, dass es sich gar nicht um einen Einsatz auf einem Dauerarbeitsplatz, sondern um die Vertretung einer Kollegin im Rahmen des Mutterschutzes bzw. der Elternzeit handele.
Hinsichtlich des weiteren Vorbringens der Beteiligten, der von ihnen überreichten Unterlagen sowie ihrer Rechtsausführungen wird ergänzend auf den gesamten Akteninhalt Bezug genommen.
II.
1. Die Beschwerde des Betriebsrates ist gemäß § 87 Abs. 1 und 2 ArbGG statthaft und im Übrigen form- und fristgemäß eingelegt und begründet worden und damit zulässig (§§ 87 Abs. 2, 64 Abs. 6, 66 ArbGG, 519, 520 ZPO).
2. Mit ausführlicher, überzeugender Begründung hat das Arbeitsgericht die verweigerte Zustimmung des Betriebsrates gemäß § 99 Abs. 4 BetrVG ersetzt und die Feststellung der besonderen Dringlichkeit der vorläufigen Maßnahme gemäß § 100 ...