Entscheidungsstichwort (Thema)

Wirksamkeit eines Einigungsstellenspruchs. Zwischenbeschluss über die sachliche Zuständigkeit. fehlendes Rechtsschutzbedürfnis. unzutreffende „Rechtsbehelfsbelehrung” im Zwischenbeschluss

 

Leitsatz (amtlich)

1. Als Entscheidung über eine Rechtsfrage stellt der Zwischenbeschluss einer Einigungsstelle, in dem diese ihre Zuständigkeit bejaht, keine die Einigung der Betriebsparteien ersetzende und diese bindende Regelung dar und kann deshalb nicht isoliert angefochten werden.

2. Eine unzutreffende „Rechtsbehelfsbelehrung” im Zwischenbeschluss einer Einigungsstelle führt nicht zur Zulässigkeit eines Beschlussverfahrens, in dem die Feststellung der Unwirksamkeit des Zwischenspruchs der Einigungsstelle beantragt worden ist.

 

Normenkette

BetrVG § 76; ZPO § 256; GKG § 2

 

Verfahrensgang

ArbG Hamburg (Beschluss vom 27.04.2011; Aktenzeichen 16 BV 2/11)

 

Tenor

Die Beschwerde des Arbeitgebers gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Hamburg vom 27. April 2011 – 16 BV 2/11 – wird zurückgewiesen.

Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

I.

Die Beteiligten streiten über die Wirksamkeit eines Einigungsstellenspruchs.

Bei dem Arbeitgeber handelt es sich um ein Unternehmen mit Sitz in H., der bundesweit … Betriebsstätten betreibt. Er befasst sich im Wesentlichen mit der Montage und Wartung von … Anlagen. Der Arbeitgeber ist nach DIN EN 13015 zertifiziert und beschäftigt bundesweit mehr als 1.000 Arbeitnehmer. Der Beteiligte zu 2) ist der am Standort Hamburg gebildete Betriebsrat. Es existiert außerdem ein Gesamtbetriebsrat.

Zwischen den Beteiligten ist u.a. im Streit, ob über alle Standorte des Arbeitgebers dieselben Produkte vertrieben werden, ob die Arbeitsanweisungen an allen Standorten identisch sind und ob an allen Standorten dieselben Unterweisungs-, sowie Sicherheits- und Gefährdungsregelungen gelten.

Der Arbeitgeber ist tarifgebunden. Für den Standort Hamburg findet unter anderem der Entgelt-Rahmentarifvertrag für die Metallindustrie Bezirk Küste (ERA) Anwendung. § 13 ERA lautet auszugsweise:

  1. „Gesundheitsgefährdungen sind abzustellen; diese Pflicht kann nicht durch Zahlung einer Zulage kompensiert werden.

    Solange allerdings die Voraussetzungen gemäß Ziffer 2 gegeben sind, besteht … ein Anspruch auf Belastungsausgleich. Belastungszulagen sind zu zahlen, soweit…

  2. Unter Belastungen sind zu verstehen…
  3. Die Höhe der Zulagen ist zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat zu vereinbaren. Im Nichteinigungsfall entscheidet die Betriebliche Einigungsstelle.

…”

Zur Einführung des ERA haben die Betriebsparteien unter dem 16. November 2007 eine Betriebsvereinbarung abgeschlossen. In § 5 heißt es u.a. wie folgt:

„(1) Grundlage für die Ermittlung der ERA-Belastungszulage bildet § 13 ERA…

(2) Der Arbeitgeber stellt … die für die Beschäftigten bestehenden arbeitsbedingten Belastungen fest. Die Belastungsfeststellung muss mit der nach § 5 ArbSchG durchzuführenden Gefährdungsbeurteilung verbunden werden…”

Die Beteiligten einigten sich im Beschlussverfahren vor dem Arbeitsgericht Hamburg zum Aktenzeichen 26 BV 29/09 durch Vergleich vom 18. Dezember 2009 auf die Einsetzung einer Einigungsstelle unter dem Vorsitz des Richters am Arbeitsgericht Dr. E. H. für die Erstellung einer Regelung zu einer Gefährdungsbeurteilung nach § 5 ArbSchG und zur Belastungszulage nach § 13 TV-ERA (vgl. Anlage A 1).

Im Einigungsstellenverfahren bestritt der Arbeitgeber die Zuständigkeit der Einigungsstelle hinsichtlich der o.g. Regelungsgegenstände. Durch Spruch vom selben Tage wies die Einigungsstelle die Anträge des Arbeitgebers, die Einigungsstelle möge sich hinsichtlich der Durchführung einer Gefährdungsbeurteilung (Antrag zu 1.) und hinsichtlich der Ermittlung der Belastungszulagen (Antrags zu 2.) für unzuständig erklären, zurück (vgl. Anlage 2). Der mit Begründung versehene Zwischenspruch vom 06. Dezember 2011 enthielt eine „Rechtsbehelfsbelehrung”, wonach der Arbeitgeber oder der Betriebsrat die Überschreitung der Grenzen des Ermessens durch die Einigungsstelle nur binnen einer Frist von zwei Wochen, vom Tage der Zuleitung des Spruchs der Einigungsstelle an gerechnet, geltend machen kann und die Geltendmachung von Rechtsfehlern auch nach Ablauf dieser Frist möglich ist; wegen der weiteren Einzelheiten des Spruchs wird auf die Anlage 2 Bezug genommen. Der Spruch wurde dem Arbeitgeber am 10. Januar 2011 zugestellt. Weitere Sitzungstermine der Einigungsstelle haben zwischenzeitlich stattgefunden und stehen an.

Mit seiner am 20. Januar 2011 beim Arbeitsgericht eingegangenen Antragsschrift vom 19. Januar 2011 hat der Arbeitgeber das vorliegende Beschlussverfahren eingeleitet und die Unwirksamkeit des vorgenannten Einigungsstellenspruchs geltend gemacht. Er hat vorgetragen, der Spruch der Einigungsstelle sei hinsichtlich der „K. Hamburg GmbH” ergangen. Diese gebe es jedoch nicht, sondern nur die „K. GmbH”. Die Auffassung der Einigungsstelle, der Gesamtbetriebsrat sei für die Regelungsgegenstände der Einigungsstelle unzuständig, sei unzutreffend. ...

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