Verfahrensgang
ArbG Hamburg (Beschluss vom 15.06.1993; Aktenzeichen 22 Ca 168/93) |
Tenor
Die Beschwerde des Klägers vom 02. August 1993, bei Gericht am 03. August 1993 eingegangen, gegen den Beschluß des Arbeitsgerichts Hamburg vom 15. Juni 1993 – 22 Ca 168/93 – wird auf seine Kosten bei einem Beschwerdewert von 598,– DM zurückgewiesen.
Tatbestand
I.
Die befristete Beschwerde des Klägers ist gemäß § 10 Abs. 3 Satz 1 BRAGO statthaft. Insbesondere übersteigt der Beschwerdegegenstand 100,– DM. Die Beschwerde ist auch im übrigen zulässig. Sie ist form- und fristgerecht eingelegt, weil der angegriffene Beschluß dem Kläger bzw. seinem Prozeßbevollmächtigten nicht förmlich zugestellt worden ist. Darüber hinaus ist der Beschluß ausweislich der Akten auch nicht mit einer Rechtsmittelbelehrung versehen worden (§ 10 Abs. 3 BRAGO, § 569 ZPO).
Entscheidungsgründe
II.
Die Beschwerde hat jedoch in der Sache keinen Erfolg. Die vom Arbeitsgericht vorgenommene Festsetzung des Gegenstandswertes der Klage auf sieben Bruttomonatsverdienste, irrtümlich mit 52.550,– DM anstatt 53.550,– DM errechnet, ist dem Grunde nach nicht zu beanstanden. Das Arbeitsgericht hat zu Recht für jede der beiden angegriffenen Kündigungen, d. h. sowohl für die fristgemäße Kündigung vom 24. März 1993 zum 30. Juni 1993 als auch für die fristlose Kündigung vom 20. April 1993 jeweils einen Betrag in Höhe des für die Dauer eines Vierteljahres zu leistenden Arbeitsentgelts in Ansatz gebracht und beide Werte gemeinsam mit dem Wert eines Monatsverdienstes für den Weiterbeschäftigungsantrag gemäß § 5 ZPO zusammengerechnet.
Nach wie vor ist in Literatur und Rechtsprechung umstritten, wie der Streitwert nach § 12 Abs. 7 Satz 1 Arbeitsgerichtsgesetz festzusetzen ist, wenn in einem Verfahren mehrere Kündigungen angegriffen werden. Zum einen wird vertreten, daß dann, wenn mehrere Kündigungen des selben Arbeitsverhältnisses mit Klagen oder Klagerweiterungen in dem selben Rechtstreit angegriffen werden, für alle auch die in § 12 Abs. 7 Satz 1 Arbeitsgerichtsgesetz festgelegte Streitwertobergrenze gilt und unter Berücksichtigung dieser Grenze nur ein, einheitlicher Streitwert festgesetzt werden kann, der insgesamt drei Monatsverdienste nicht überschreitet (vgl. hierzu statt aller nur BAG, 20. Januar 1967, AP Nr. 12 zu § 12 Arbeitsgerichtsgesetz 1953; BAG, 06. Dezember 1984, NZA 1985, 296; LAG Berlin, 22. Oktober 1984, NZA 1985, 297; LAG Köln, 06. Dezember 1984, Kostenrechtsprechung Nr. 107 zu § 12 Arbeitsgerichtsgesetz; Philippsen/Dörner, NZA 1987, 113, 115). Zum anderen wird von der wohl überwiegenden Rechtsprechung der Landesarbeitsgerichte der Grundsatz der Einzelbewertung und Addition vertreten, d. h. es werden die Einzelstreitwerte für die in dem Rechtstreit angegriffenen Kündigungen ermittelt und dann zu einem Gesamtstreitwert addiert; (vgl. zum Meinungsstreit Darstellung bei Philippsen/Dörner, NZA 1987, Seite 115). Der Grundsatz der Einzelbewertung wird wesentlich mit der auch vom Bundesarbeitsgericht vertretenen punktuellen Streitgegenstandstheorie (vgl. dazu BAG, 06. Dezember 1984, AP Nr. 8 zu § 12 Arbeitsgerichtsgesetz 1979; BAG, 12. Juni 1986, NZA 1987, 273 ff) begründet, da mit jeder Kündigung ein unterschiedlicher Streitgegenstand vorliege, der auch streitwertmäßig getrennt zu berücksichtigen sei (so auch Beschluß der Ersten Kammer des Landesarbeitsgerichts Hamburg vom 07. August 1987, LAGE § 12 Arbeitsgerichtsgesetz Streitwert Nr. 67; Beschluß der Dritten Kammer des Landesarbeitsgerichts Hamburg vom 19. November 1990 – 3 Ta 12/90, soweit ersichtlich nicht veröffentlicht; vgl. auch Wenzel in GK – Arbeitsgerichtsgericht. § 12 Randnote 137).
Die angerufene Beschwerdekammer schließt sich dem Grundsatz der Einzelbewertung und Addition zu einem Gesamtstreitwert an. Wie die Dritte Kammer des Landesarbeitsgerichts Hamburg in ihrem eben zitierten Beschluß vom 19. November 1990 (3 Ta 12/90) zutreffend ausführt, geht der Schutzzweck des § 12 Abs. 7 Satz 1 Arbeitsgerichtsgesetz entgegen der Auffassung des Bundesarbeitsgerichts nicht soweit, daß durch diese Vorschrift auch verschiedene Streitgegenstände zu einer Einheit zusammengefaßt werden könnten. Die punktuelle Streitgegenstandstheorie hat zur Folge, daß jeder Feststellungsantrag, der sich auf eine konkrete Kündigung bezieht, einen eigenen Streitgegenstand beinhaltet. Hierfür spricht im übrigen auch, daß nach der Auffassung des Bundesarbeitsgerichts Urteile im Kündigungsschutzverfahren eine Präklosionswirkung haben (BAG, 12. Juni 1986, NZA 1987, 273 ff). Auf die weiteren hierfür sprechenden Argumente in der zuvor zitierten Rechtsprechung und Literatur wird Bezug genommen.
Innerhalb der Auffassungen, die grundsätzlich bei mehreren Kündigungen eine Streitwertaddition vornehmen, bestehen allerdings unterschiedliche Ansichten über die Bemessung des Streitwertes. Weil letztlich bei allen Anträgen das wirtschaftliche Begehren, den Fortbestand des Arbeitsverhältnisses auf unbestimmte Zeit zu klären, im Hintergrund steht, werde...