Entscheidungsstichwort (Thema)
Mitbestimmung bei der Bereitstellung von Arbeits- und Schutzkleidung im Rahmen eines Gestellungsvertrages. Unbegründeter Antrag des Betriebsrats des Gestellungsträgers bei Eingliederung der gestellten Beschäftigten im Einsatzbetrieb
Leitsatz (redaktionell)
1. Bei einem Gestellungsvertrag verpflichtet sich der Gestellungsträger gegenüber der Betriebsinhaberin, die für die Erfüllung des Betriebszwecks erforderlichen Personen zur Verfügung zu stellen, ohne dass mit der Betriebsinhaberin Arbeitsverträge geschlossen werden. Beschäftigte gehören betriebsverfassungsrechtlich zur Belegschaft der Betriebsinhaberin, wenn die gestellten Personen mit der Betriebsinhaberin ohne Arbeitsvertrag in ein arbeitsrechtliches Weisungsverhältnis zu ihr treten.
2. Werden Beschäftige im Rahmen eines Gestellungsvertrages einem Betrieb überlassen, in dem sie auch ihre Kleidung erhalten, und unterliegen die gestellten Beschäftigten wie leihweise Beschäftigte dem Weisungsrecht der Betriebsinhaberin, ist der dort gewählte und zuständige Betriebsrates berechtigt und verpflichtet, die Mitbestimmungsrechte auch mit Wirkung für die gestellten Beschäftigten auszuüben.
Normenkette
BetrVG § 87 Abs. 1 Nr. 7; ArbSchG §§ 3-4
Verfahrensgang
ArbG Hamburg (Entscheidung vom 31.07.2013; Aktenzeichen 3 BV 11/13) |
Nachgehend
Tenor
Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Hamburg vom 31. Juli 2013 - 3 BV 11/13 - wird zurückgewiesen.
Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.
Gründe
I. Die Beteiligten streiten über das Bestehen eines Mitbestimmungsrechtes hinsichtlich der Gestellung von Arbeits- und Schutzkleidung.
Der Antragsgegner hat ca. 1.000 Mitglieder, die er verschiedenen Kranken- und Pflegeeinrichtungen gestellt. U.a. werden durch ihn ca. 320 Pflegekräfte in dem von der A. W. H. betriebenen Krankenhaus eingesetzt, darunter ca. 180 Mitglieder sowie ca. 140 Arbeitnehmer. Der Antragsteller ist der von den im A. W. H. eingesetzten Arbeitnehmern des Antragsgegners gebildete Betriebsrat.
Im A. W. H. besteht zudem ein von den Arbeitnehmern der A. W. H. gebildeter Betriebsrat.
Die A. W. H. stellt (unter Einschaltung eines externen Dienstleisters) für alle im A. W. H. eingesetzten Pflegekräfte Arbeitskleidung.
In der Vergangenheit kam es hinsichtlich der Verfügbarkeit verschiedener Größen der Personalwäsche und deren Sauberkeit zu Beschwerden von Arbeitnehmern des Antragsgegners (vgl. E-Mails der Frau Di., Anlagen A 3 - A 9, Bl. 36-42 d.A.).
Der antragstellende Betriebsrat rief gegenüber dem Arbeitgeber die Einigungsstelle mit dem Regelungsgegenstand "Zurverfügungstellung geeigneter Arbeitskleidung für Beschäftigte der D.-Schwesternschaft. im A. W. R., mit Ausnahme der D.-Mitgliedsschwestern" an. Die daraufhin eingesetzte Einigungsstelle erklärte sich für unzuständig. Insoweit ist in der Begründung der Entscheidung der Einigungsstelle vom 2. Februar 2013 (Anlage A 2, Bl. 27-29 d.A.) ausgeführt, dass dem Betriebsrat kein Mitbestimmungsrecht bei der im A. W. zu tragenden Arbeitskleidung zustehe.
Der Betriebsrat hat die Auffassung vertreten, ihm stehe ein Mitbestimmungsrecht bei Regelungen über die Gestellung von Arbeits- und Schutzkleidung zu, das sich aus §§ 87 Abs. 1 Nr. 7 BetrVG iVm. §§ 3, 4 ArbSchG ergebe.
Primär sei der Vertragsarbeitgeber, also der Antragsgegner, verpflichtet, durch geeignete Maßnahmen dafür Sorge zu tragen, dass gesundheitliche Gefährdungen oder Beeinträchtigungen der Beschäftigten im Rahmen ihrer Tätigkeit unterblieben. Die Tatsache, dass das Pflegepersonal des Antragsgegners im A. W. tätig sei, entbinde ihn nicht von seinen Verpflichtungen aus dem Arbeitsschutzgesetz, die sich vorrangig an den Vertragsarbeitgeber richten würden.
Dem widerspreche auch nicht die Regelung des § 11 Abs. 6 AÜG. Danach sei der Verleiher verpflichtet, geeignete Maßnahmen zur Einhaltung des Arbeitsschutzes zu ergreifen und umzusetzen; hinsichtlich diesbezüglicher Pflichten aus dem Arbeitsschutzgesetz, die dem Arbeitgeber einen Handlungsspielraum einräumen, seien Regelungen unter Beachtung der Mitbestimmungsrechte des Betriebsrates zu regeln. Werde im Entleiherbetrieb gegen Vorschriften des Arbeitsschutzes oder Mitbestimmungsrechte des Betriebsrates verstoßen, müsse der Verleiher die Tätigkeiten des Leiharbeitnehmers im Einsatzbetrieb aus eigener Verpflichtung unterbinden, soweit Gefährdungen oder Gefahren für Leben und Gesundheit bestehen. Anderenfalls verstoße der Entleiher gegen seine arbeitsvertraglichen Pflichten und gegen Vorschriften des Arbeitsschutzrechtes iSd. § 3 Abs. 1 Nr. 1 AÜG. Zu berücksichtigen sei auch, dass anerkannt sei, dass Regelungen in einer Betriebsvereinbarung auch dann getroffen werden könnten, wenn die Umsetzung der Mitbestimmung lediglich durch eine entsprechende Vertragsgestaltung mit einem Dritten sichergestellt werden könne. Soweit im Entleiherbetrieb Arbeits- und Schutzkleidung gestellt werde, die den Arbeitsschutzanforderungen...