Entscheidungsstichwort (Thema)
Arbeitspapiere. Beschäftigungsanspruch. Entschädigung. Gegenstandswert. Kündigungsschutzklage. Verschlechterungsverbot. Zahlungsklage. Zeugnis
Leitsatz (amtlich)
1. Macht der Arbeitnehmer gleichzeitig mit einer Kündigungsschutzklage Verzugslohnansprüche geltend, deren Begründetheit allein vom Erfolg der Kündigungsschutzklage abhängt, so ist deren Gegenstandswert regelmäßig mit 20 % des eingeklagten Betrags in Ansatz zu bringen.
2. Klagen gegen eine fristlose und eine hilfsweise für den Fall der Unwirksamkeit der fristlosen Kündigung ausgesprochene fristgemäße Kündigung sind einheitlich mit dem Gegenstandswert gemäß § 42 IV 1 GKG zu bewerten.
3. Ein für den Fall der Nichterfüllung des vom Arbeitnehmer geltend gemachten Beschäftigungsanspruchs gestellter Entschädigungsanspruch gemäß § 61 II ArbGG ist neben dem Beschäftigungsanspruch nicht werterhöhend zu berücksichtigen.
4. Macht der Arbeitnehmer in einem Kündigungsrechtsstreit neben einem Anspruch auf ein Zwischenzeugnis für den Fall des Unterliegens im Bestandsrechtsstreit einen Anspruch auf ein Endzeugnis geltend, so sind beide Zeugnisansprüche einheitlich mit einem Bruttomonatsgehalt zu bewerten, soweit auch Regelungen zum Inhalt der Zeugnisse begehrt werden.
5. Eine Vereinbarung über die Freistellung des Arbeitnehmers von der Verpflichtung zur Arbeitsleitung während eines Kündigungsrechtsstreits ist – unabhängig von der Dauer der Freistellung – mit einem Bruttomonatsgehalt in Ansatz zu bringen.
6. Die Herausgabe von Arbeitspapieren ist pro Papier mit EUR 250,– zu bewerten.
7. Das auch im Beschwerdeverfahren nach § 33 GKG geltende Verschlechterungsverbot bedeutet, dass der Gegenstandswert gegenüber der angefochtenen Entscheidung im Ergebnis nicht zu Lasten des Beschwerdeführers abgeändert werden darf. Bis zu dieser Grenze dürfen Abänderungen, die das Beschwerdegericht in mehreren einzelnen Punkten nach oben und unten für angemessen hält, gegeneinander aufgerechnet werden. Das Vertrauen auf die Richtigkeit einzelner Rechnungsposten ist nicht geschützt.
Normenkette
GKG § 42 Abs. 4; ArbGG § 12 Abs. 7, § 61 Abs. 2; ZPO § 5
Verfahrensgang
ArbG Hamburg (Beschluss vom 08.05.2007; Aktenzeichen 23 Ca 4/07) |
Tenor
1. Auf die Beschwerde der Prozessbevollmächtigten des Klägers wird der Beschluss des Arbeitsgerichts Hamburg vom 08. Mai 2007 (23 Ca 4/07) teilweise abgeändert. Der Gegenstandswert für das Verfahren wird auf EUR 19.722,89 festgesetzt. Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.
2. Die Beschwerdeführer haben die Kosten des Beschwerdeverfahrens zur Hälfte zu tragen.
Tatbestand
I.
Gegenstand des Ausgangsverfahrens war eine fristlose, hilfsweise fristgemäße Kündigung vom 20.12.2006, mit dem der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis des Klägers beenden wollte, in dem dieser ein monatliches Bruttogehalt von EUR 3.477, 87 erhielt. Zusätzlich beantragte der Kläger gemäß § 256 ZPO die Feststellung des Fortbestands des Arbeitsverhältnisses sowie Weiterbeschäftigung über den Ablauf der Kündigungsfrist hinaus. Für den Fall der Nichtbeschäftigung beantragte er die Festsetzung einer Entschädigung gemäß § 61 II ArbGG. Des Weiteren begehrte der Kläger die Erteilung eines qualifizierten Zwischenzeugnisses und hilfsweise – für den Fall der Klageabweisung – die Erteilung eines qualifizierten Endzeugnisses, wobei er Angaben zum gewünschten Inhalt dieser Zeugnisse machte. Im Verlauf des Rechtsstreits erweiterte er seine Klage um restliche Entgeltansprüche für Dezember 2006 in Höhe von EUR 1.234, 08 und für die Monate Januar bis März 2007 in Höhe von jeweils 3.477, 87. In der Kammerverhandlung vom 11.04.2007 endete der Rechtsstreit durch Prozessvergleich, in dem sich die Parteien auf eine Beendigung des Arbeitsverhältnisses durch ordentliche Kündigung zum 31.05.2007 verständigten. Außerdem verpflichtete sich die Beklagte, den Kläger während des Kündigungsrechtsstreits unter Fortzahlung der Bezüge freizustellen, ihm 4 im Einzelnen bezeichnete Arbeitspapiere auszuhändigen sowie ein wohlwollendes Zeugnis nach dem Entwurf des Klägers zu erteilen.
Mit Beschluss vom 08.05.2007 (Bl. 88 – 93 d. A.) setzte das Arbeitsgericht den Gegenstandswert für die Klage auf EUR 17.389,35 und für den Vergleich auf weitere EUR 4.747,73 fest. Der Beschluss wurde den Prozessbevollmächtigten des Klägers am 21.05.2007 zugestellt. Mit der am 24.05.2007 bei Gericht eingegangen Beschwerde verlangen die Prozessbevollmächtigten des Klägers, den Gegenstandswert für die Klage auf EUR 78.747,46 und für den Vergleich auf EUR 49.914, 96 festzusetzen. Das Arbeitsgericht hat der Beschwere nicht abgeholfen.
Entscheidungsgründe
II.
Die Beschwerde ist gemäß § 33 III RVG zulässig. Der Wert der Beschwer übersteigt EUR 200,–. Die Prozessbevollmächtigten des Klägers sind gemäß § 33 II 2 RVG antragsbefugt und haben ihre Beschwerde form- und fristgerecht eingelegt.
III.
In der Sache hat die Beschwerde nur in geringem Umfang Erfolg; überwiegend ist sie unbegründet.
1) Die Beschwerde hat Erfolg, soweit sie die Nicht...