Entscheidungsstichwort (Thema)
Einigungsstelle zu Beilegung von Meinungsverschiedenheiten über ein Auskunftsverlangen des Wirtschaftsausschusses. Offensichtliche Unzuständigkeit der Einigungsstelle zur Klärung des arbeitgeberseitigen Auskunftsverhaltens in der Vergangenheit
Leitsatz (amtlich)
1. Vor der Einleitung eines Einigungsstellenverfahrens nach § 109 Satz 1 BetrVG muss die konkrete gewünschte Information vergeblich vom Betriebsrat verlangt worden sein.
2. Die Frage, ob der Arbeitgeber in der Vergangenheit korrekt auf Auskunftsverlangen reagiert hat, kann nicht Gegenstand eines Einigungsstellenverfahrens nach § 109 Satz 1 BetrVG sein.
Normenkette
ArbGG § 98; BetrVG §§ 109, 106; ArbGG § 98 Abs. 1 S. 2; BetrVG § 106 Abs. 2, § 109 S. 1
Verfahrensgang
ArbG Hamburg (Entscheidung vom 16.04.2013; Aktenzeichen 17 BV 9/13) |
Tenor
Die Beschwerde des Beteiligten zu 1) gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Hamburg vom 16. April 2013 - 17 BV 9/13 - wird zurückgewiesen.
Gründe
I.
Die Beteiligten streiten um die Einrichtung einer Einigungsstelle nach § 109 BetrVG.
Die Beteiligte zu 2) ist ein Unternehmen des Bekleidungseinzelhandels mit bundesweit ca. 400 Filialen. Der Hauptsitz des Unternehmens befindet sich in Hamburg. In 106 Filialen sind Betriebsräte gewählt. Der Antragsteller und Beteiligte zu 1) ist der bei der Arbeitgeberin gebildete 40-köpfige Gesamtbetriebsrat. Es besteht ein Wirtschaftsausschuss.
Am 18.10.2012 informierte die Beteiligte zu 2) den Wirtschaftsausschuss in einer gemeinsamen Sitzung darüber, dass beabsichtigt sei, die Filiale XX1 am K. in B. zu schließen. Nach Vorstellung des Unternehmens sollte dies Ende Februar 2013 umgesetzt werden. Für den Ablauf der Sitzung vom 18.10.2012 wird auf den Auszug des gemeinsamen Protokolls der Geschäftsleitung und des Wirtschaftsausschusses (Anlage Ast. 1, Bl. 3 f. der Akte) verwiesen.
In der Folgezeit erörterten der Wirtschaftsausschuss und die Geschäftsleitung in gemeinsamen Sitzungen am 06.11.2012, 05.12.2012, 09.01.2013 und 07.02.2013 Fragen im Zusammenhang mit dem Thema "Schließung der Filiale XX1". Für die Gesprächsinhalte am 06.11.21012, 05.12.2012 und 07.02.2012 wird auf folgende interne schriftliche Zusammenfassungen durch Frau H. verwiesen, die als Vertreterin der Arbeitgeberin an den Gesprächen teilgenommen hat:
Sitzung am 06.11.2012
E-Mail von Frau H. vom 07.11.2012 an die Geschäftsleitung, Seite 3 ff. des Schriftsatzes der Beklagten vom 15.04.2013, Bl. 39 ff. der Akte;
Sitzung vom 05.12.2012
E-Mail Frau H. an die Geschäftsleitung vom 06.12.2012, Anlage AG 1, Bl. 53 ff. der Akte sowie Zusammenfassung der Antworten auf Fragen des Wirtschaftsausschusses Anlage AG 2, Bl. 57 der Akte;
Sitzung vom 07.02.2013
Interner Aktenvermerk Anlage AG 3, Bl. 58 ff. der Akte sowie die in der Sitzung am 07.02.2013 überreichte Übersicht über die Ergebnisse der vier Filialen am K., Anlage AG 4, Bl. 61 der Akte.
Die Beteiligte zu 2) teilte unter anderem mit, die Filiale XX1 sei wirtschaftlich nicht erfolgreich gewesen. Seit 2011 habe sie durchgehend defizitäre Ergebnisse erwirtschaftet. Am 18.09.2012 habe sich die Geschäftsführung der Beteiligten zu 2) mit der Frage befasst, ob sie die Filiale XX1 beibehalten möchte oder ob eine Schließung in Betracht komme. Die Anregung zu den Überlegungen zu einer eventuellen Schließung der Filiale XX1 in B. habe eine Anfrage aus Land S. gegeben, wonach für die neue Marke XXX" ein Standort gesucht worden sei. Es sei angedacht worden, dass die Filiale XX1 in B. ein guter Standort sei. Am 12. Oktober 2012 sei die Überlegung der Geschäftsführung, dass eine Schließung erwogen werden könne, soweit gereift, dass am 18.10.2012 der Wirtschaftsausschuss und der örtliche Betriebsrat der Filiale XX1 über diese Überlegungen informiert worden seien.
Der Wirtschaftsausschuss erbat sich in den Gesprächen u. a. eine chronologische Übersicht hinsichtlich des Entscheidungsfindungsprozesses der Geschäftsleitung zur Schließung der Filiale XX1, beginnend mit der ersten Überlegung über die Einbeziehung der neuen Marke XXX bis zur geplanten Schließung. Diese Übersicht sollte aufgeteilt sein in Informationsbeschaffungsphase, Planungsphase und Ergebnis der Schließung.
Am 17.01.2013 vereinbarte die Beteiligte zu 2) mit dem Betriebsrat der Filiale XX1 einen Interessenausgleich (Anlage AG 9, Bl. 81 ff. der Akte). Am 26.01.2013 wurde die Schließung der Filiale XX1 umgesetzt. Den Mitarbeitern der Filiale wurde eine Anschlussbeschäftigung in einer anderen Filiale der Beteiligten zu 2) in B. zu ansonsten unveränderten Bedingungen angeboten.
In der Sitzung des Beteiligten zu 1) vom 29.01.2013 bis 01.02.2013 (Einladung Anlage Bf. 1, Bl. 112 ff. der Akte) fasste der Beteiligte zu 1) zu "TOP 13c2" folgenden Beschluss (Anlage Ast. 3, Bl. 12 der Akte):
"Der GBR beschließt,
bevor der Beschluss zu TOP 13 C umgesetzt wird (Einsetzung einer Einigungsstelle bezüglich der geplanten Schließung der Filiale XX1 B.) wird der GBA mit einem letzten Einigungsversuch mit dem Arbeitgeber beauftragt. Der G...