Entscheidungsstichwort (Thema)
Sofortige Beschwerde gegen Kostenfestsetzungsbeschluss. Einwendungen, die nicht im Gebührenrecht ihren Grund haben. Einrede der Schlechterfüllung. Einwand der nicht wirksamen Erteilung eines Auftrags
Leitsatz (amtlich)
1. Soweit im Festsetzungsverfahrens solche Einwendungen oder Einreden erhoben werden, die nicht im Gebührenrecht ihren Grund haben, darf und muss der Rechtspfleger die Festsetzung der Vergütung des Anwalts im Verfahren nach § 11 RVG als unzulässig ablehnen.
2. Wird nachvollziehbar im Einzelnen behauptet, der Rechtsanwalt habe den Vertrag schlecht erfüllt, stellt dies meist einen nicht gebührenrechtlichen Einwand dar. Die Nichteinhaltung der Berufungsbegründungsfrist durch Verschulden des Rechtsanwalts ist regelmäßig eine Schlechterfüllung.
3. Die Behauptung, dass persönlich überhaupt kein wirksamer Auftrag erteilt worden sei, stellt ebenfalls einen nicht gebührenrechtlichen Einwand dar.
Normenkette
ZPO § 104 Abs. 3 S. 1; RPflG § 11 Abs. 1; ZPO §§ 567, 569; RVG § 11 Abs. 5 S. 1
Verfahrensgang
ArbG Hamburg (Aktenzeichen 16 Ca 374/09) |
LAG Hamburg (Aktenzeichen 4 Sa 65/10) |
BAG (Aktenzeichen 10 AZN 361/11) |
Tenor
Auf die sofortige Beschwerde der Antragsgegnerin vom 19. März 2012 wird der Kostenfestsetzungsbeschluss des Arbeitsgerichts Hamburg vom 09. März 2012 - 16 Ca 374/09, 4 Sa 65/10 und 10 AZN 361/11 - aufgehoben und die Anträge des Antragstellers vom 07. Februar 2012 auf Kostenfestsetzung für das Berufungsverfahren beim LArbG Hamburg und für das Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren beim BAG zurückgewiesen.
Die Kosten des Festsetzungsverfahrens werden dem Antragsteller auferlegt.
Der Beschwerdewert wird auf € 2.801,73 festgesetzt.
Gründe
I. In dem dem Kostenfestsetzungsverfahren zu Grunde liegenden Rechtsstreit haben die Parteien über den Bestand eines Arbeitsverhältnisses, um Zahlungsansprüche sowie um Schmerzensgeldansprüche gestritten. Durch Beschluss vom 18. Januar 2010 hat das Arbeitsgericht Hamburg der Klägerin für die erste Instanz Prozesskostenhilfe bewilligt und den ehemaligen Prozessbevollmächtigten der Klägerin beigeordnet (Bl. 44 f). Das Arbeitsgericht Hamburg hat durch Urteil vom 05. Mai 2010 die Klage abgewiesen und das Urteil im Wesentlichen damit begründet, dass die Klägerin keine hinreichenden Umstände dafür vorgetragen habe, dass im März 2009 ein Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien bestanden habe; wegen der weiteren Einzelheiten der Entscheidung wird auf das vorgenannte Urteil Bezug genommen. Gegen dieses Urteil hat die Klägerin durch ihren ehemaligen Prozessbevollmächtigten Berufung eingelegt. Durch Urteil vom 18. Januar 2011 - 4 Sa 65/10 - hat das Landesarbeitsgericht Hamburg die Berufung der Klägerin gegen das vorgenannte Urteil des Arbeitsgerichts Hamburg unter gleichzeitiger Zurückweisung ihres Antrags auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand auf deren Kosten als unzulässig verworfen und die Revision nicht zugelassen. Zur Begründung hat das Landesarbeitsgericht u.a. ausgeführt, dass dem Prozessbevollmächtigten der Klägerin (Antragsgegnerin) im vorliegenden Streitfall ein Verschulden an der Fristversäumung treffe, welche sich die Klägerin (Antragsgegnerin) zurechnen lassen müsse (vgl. Seite 16 ff des vorgenannten Urteils). Der ehemalige Prozessbevollmächtigte der Klägerin (Antragsgegnerin) hat gegen die Nichtzulassung der Revision im vorgenannten Urteil des Landesarbeitsgerichts Hamburg Nichtzulassungsbeschwerde eingelegt, die durch Beschluss des Bundesarbeitsgerichts vom 27. April 2011 - 10 AZN 361/11 - als unzulässig verworfen wurde.
Mit seinen Schriftsätzen vom 07. Februar 2012 hat der Antragsteller beim Arbeitsgericht Hamburg beantragt gemäß § 11 RVG die Kosten für das Berufungsverfahren in Höhe von € 1.776,43 und die Kosten für das Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren in Höhe von € 1.025,30 festzusetzen. Durch Verfügung vom 17. Februar 2012 hat das Arbeitsgericht der Antragsgegnerin Gelegenheit zur Stellungnahme binnen einer Frist von zwei Wochen gegeben. Die Antragsgegnerin hat darauf nicht reagiert.
Durch Festsetzungsbeschluss vom 09. März 2012 hat das Arbeitsgericht Hamburg die von der Antragsgegnerin an den Herrn Rechtsanwalt D. zu zahlende gesetzliche Vergütung gemäß § 11 RVG auf € 1.776,43 für die zweite Instanz sowie auf € 1.025,30 für die dritte Instanz, insgesamt daher auf € 2.801,73 nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab dem 08. Februar 2012 auf den Gesamtbetrag festgesetzt. Der vorgenannte Beschluss wurde der Antragsgegnerin durch Zustellungsurkunde am 17. März 2012 zugestellt.
Mit Schriftsatz vom 19. März 2012, der am 20. März 2012 beim Arbeitsgericht Hamburg eingegangen ist, hat die Antragsgegnerin "Beschwerde" gegen den vorgenannten Festsetzungsbeschluss eingelegt und die Beschwerde sogleich begründet. Zur Begründung hat die Antragsgegnerin u.a. ausgeführt, der Antragsteller habe eigenmächtig die aussichtslose Sache vor das Landesarbeitsgericht gebracht und dort eine Frist nicht eingehalten. Dies sei ...