Verfahrensgang

ArbG Hamburg (Beschluss vom 11.06.1992; Aktenzeichen 15 Ca 282/90)

 

Tenor

Die sofortige Beschwerde der Beklagten gegen den Beschluß des Arbeitsgerichts Hamburg vom 11.6.1992 – 15 Ca 282/90 – wird zurückgewiesen.

Die Beklagte hat die Kosten der Beschwerde nach einem Beschwerdewert in Höhe von 6.000,– DM zu tragen.

 

Gründe

1. Die gem. § 17 a Abs. 4 S. 3 GVG i.V.m. § 48 ArbGG statthafte sofortige Beschwerde ist auch im übrigen zulässig, da sie form- und fristgerecht gem. §§ 569, 577 Abs. 2 S. 1 ZPO i.V.m. § 78 Abs. 1 S. 1 ArbGG eingelegt worden ist.

2. Über eine sofortige Beschwerde, die sich gegen einen die sachliche Zuständigkeit betreffenden Beschluß des Arbeitsgerichts richtet, kann eine Entscheidung ohne mündliche Verhandlung und durch den Vorsitzenden allein ergehen (LAG Berlin vom 13.1.1992, LAGE Nr. 5 zu § 48 ArbGG; LAG Köln vom 3.9.1991, LAGE Nr. 3 zu § 48 ArbGG; LAG Köln vom 28.2.1992, LAGE Nr. 6 zu § 48 ArbGG; LAG Hamburg vom 24.3.1992 – 2 Ta 20/91 – n.v.).

Aus §§ 573 Abs. 1, 577 ZPO i.V.m. § 78 Abs. 1 S. 1 ArbGG ergibt sich, daß es dem zur Entscheidung berufenen Beschwerdegericht grundsätzlich freisteht, ob die Entscheidung über das Rechtsmitel mit oder ohne mündliche Verhandlung ergeht (LAG Berlin vom 13.1.1992, LAGE Nr. 5 zu § 48 ArbGG; LAG Hamburg vom 24.3.1992 – 2 Ta 20/91 – n.v.; Oetker, NZA 1989, 201, 202; Germelmann/Matthes/Prütting, Arbeitsgerichtsgesetz, 1990, § 78 Rdnr. 13; Grunsky, Arbeitsgerichtsgesetz, 1990, § 78 Rdnr. 4).

Wird keine mündliche Verhandlung durchgeführt, wirken die ehrenamtlichen Richter entsprechend § 53 Abs. 1 S. 1 ArbGG nicht mit (LAG Hamburg vom 24.3.1992 – 2 Ta 20/91 – n.v.; LAG Berlin vom 13.1.1992, LAGE Nr. 5 zu § 48 ArbGG; LAG Köln vom 3.9.1991, LAGE Nr. 3 zu § 48 ArbGG; LAG Köln vom 28.2.1992, LAGE Nr. 6 zu § 48 ArbGG; Oetker, NZA 1989, 201, 207; Germelmann/Matthes/Prütting, Arbeitsgerichtsgesetz, 1990, § 78 Rdnr. 13; Grunsky, Arbeitsgerichtsgesetz, 1990, § 78 Rdnr. 4; Stahlhacke/Bader, Arbeitsgerichtsgesetz, 1991, § 78 Rdnr. 2).

Der entsprechenden Anwendung des § 53 Abs. 1 S. 1 ArbGG steht die ausdrückliche Anordnung in § 48 Abs. 1 Nr. 2 ArbGG nicht entgegen, der bei Entscheidungen gem. § 17 a Abs. 4 GVG stets einen Kammerbeschluß verlangt, denn diese Regelung bezieht sich ausschließlich auf das erstinstanzliche Verfahren (LAG Köln vom 28.2.1992, LAGE Nr. 6 zu § 48 ArbGG; LAG Hamburg vom 24.3.1992 – 2 Ta 20/91 – n.v.; LAG Berlin vom 13.1.1992, LAGE Nr. 5 zu § 48 ArbGG).

Es existiert auch kein allgemeiner Rechtssatz des Inhalts, daß die Entscheidung über eine Beschwerde, die sich gegen einen Beschluß richtet, der im ersten Rechtszug aufgrund gesetzlicher Regelung der Kammer obliegt, in der Beschwerdeinstanz gleichfalls einer Kammerentscheidung bedarf (LAG Köln vom 3.9.1991, LAGE Nr. 3 zu § 48 ArbGG).

Dies zeigt sich schon daran, daß im vergleichbaren Fall der Entscheidung über die nachträgliche Zulassung verspäteter Kündigungsschutzklagen gem. § 5 KSchG die Entscheidung von der Kammer des Arbeitsgerichts nach Durchführung der mündlichen Verhandlung getroffen wird (KR-Friedrich, 1989, § 5 KSchG Rdnr. 126), wohingegen das Landesarbeitsgericht als Beschwerdeinstanz ohne mündliche Verhandlung durch den Vorsitzenden allein zu entscheiden befugt ist (KR-Friedrich, 1989, § 5 KSchG Rdnr. 151; LAG Berlin vom 24.7.1977, AuR 1977, 346).

Auszugehen ist allein von der Regelung des § 78 ArbGG. Wenn in dieser Norm davon die Rede ist, daß das Landesarbeitsgericht die Entscheidung über die Beschwerde zu treffen hat, besagt dies nicht notwendigerweise, daß die gesamte Kammer tätig zu werden hat.

Die in § 78 ArbGG enthaltene Generalverweisung auf die Regelungen der ZPO, die für die Beschwerde gegen Entscheidungen des Amtsgerichts maßgeblich sind, führt zu keinem anderen Ergebnis. Auch aus diesen Bestimmungen ergeben sich keine Anhaltspunkte für oder gegen ein Alleinentscheidungsrecht des Vorsitzenden des Landesarbeitsgerichts.

Ebensowenig läßt sich die Heranziehung des § 53 Abs. 1 S. 1 ArbGG damit ablehnen, daß § 78 ArbGG nicht auf diese Norm verweist (Oetker, NZA 1989, 201, 206; Germelmann/Matthes/Prütting, Arbeitsgerichtsgesetz, 1990, § 78 Rdnr. 13; Grunsky, Arbeitsgerichtsgesetz, 1990, § 78 Rdnr. 4).

Die Anwendbarkeit des § 53 Abs. 1 S. 1 ArbGG im Beschwerdeverfahren läßt sich nämlich aus §§ 64 Abs. 7 ArbGG herleiten, der die entsprechende Geltung des § 53 ArbGG anordnet.

Dem Rückgriff auf § 64 Abs. 7 ArbGG steht nicht entgegen, daß diese Norm sich auf das Berufungsverfahren bezieht. Das arbeitsgerichtliche Beschwerdeverfahren hat lediglich eine unvollkommene Regelung erfahren (LAG Berlin vom 13.1.1992, LAGE Nr. 5 zu § 48 ArbGG; LAG Hamburg vom 24.3.1992 – 2 Ta 20/91 – n.v.; Grunsky, Arbeitsgerichtsgesetz, 1990, § 78 Rdnr. 4). Angesichts dessen erscheint es wenig sinvoll, die Anwendbarkeit des § 64 Abs. 7 ArbGG auf das Berufungsverfahren zu beschränken (LAG Berlin vom 13.1.1992, LAGE Nr. 5 zu § 48 ArbGG; LAG Hamburg vom 24.3.1992 – 2 Ta 20/91 – n.v.; Grunsky, Arbeitsgerichtsgese...

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