Entscheidungsstichwort (Thema)
Gegenstandswert für Ordnungsgeldantrag zur Durchsetzung eines titulierten betriebsverfassungsrechtlichen Unterlassungsanspruchs
Leitsatz (amtlich)
Bei der Festsetzung des Gegenstandswertes eines Ordnungsgeldantrages - auch betreffend einen betriebsverfassungsrechtlichen Unterlassungsanspruch - ist im Regelfall von einem Bruchteil des Wertes der Hauptsache auszugehen, es kann sich dieser Bruchteilswert nach den Umständen des jeweiligen Einzelfalles allerdings erhöhen oder erniedrigen.
Normenkette
RVG § 25 Abs. 1 Nr. 3; ZPO § 890 Abs. 1; BetrVG § 23 Abs. 3
Verfahrensgang
ArbG Hamburg (Entscheidung vom 11.12.2012; Aktenzeichen 9 BV 29/12) |
Tenor
Der Gegenstandswert für das Beschwerdeverfahren wird auf € 218.500,- festgesetzt.
Gründe
I.
Im Ausgangsverfahren hatten die Beteiligten des Beschlussverfahrens - 5 TaBV 9/06 - vor dem LAG Hamburg am 7. Februar 2007 einen Vergleich geschlossen u.a. mit folgender Regelung:
"... 3. Die Beteiligte zu 2 verpflichtet sich, es zu unterlassen, - bei Meidung eines Ordnungsgeldes von bis zu € 10.000,00 (i. W.: € zehntausend) für jeden einzelnen Fall in Bezug auf jeweils einen Arbeitnehmer - einzelnen vollzeitbeschäftigten Arbeitnehmern gegenüber Überstunden anzuordnen oder zu dulden bzw. einzelnen in Teilzeit beschäftigten Arbeitnehmern gegenüber Mehrarbeitsstunden anzuordnen oder zu dulden, soweit nicht die Zustimmung des Betriebsrats zu diesen Überstunden/Mehrarbeitsstunden vorliegt oder aber eine solche Zustimmung durch eine Einigungsstelle erteilt ist..."
Mit Schriftsatz vom 18. Juni 2012 (Bl. 1236 d.A.) stellte der Antragsteller - der Betriebsrat - gestützt auf von ihm vorgetragene Verstöße gegen den Vergleich zum wiederholten Mal betreffend jeweils unterschiedliche Zeiträume einen Antrag auf Verhängung von Ordnungsgeld Nr. 7 in Höhe von € 137.500,00 und mit Antrag vom 3. September 2012 (Bl. 1293 d.A.) den Antrag auf Verhängung von Ordnungsgeld Nr. 8 in Höhe von € 81.000,00.
Das Arbeitsgericht wies diese Ordnungsgeldanträge mit Beschluss vom 11. Dezember 2012 im Hinblick auf einen mittlerweile getroffenen Einigungsstellenspruch zurück. Die hiergegen eingelegte sofortige Beschwerde des Betriebsrates wurde unter dem 1. November 2013 zurückgenommen. Sodann wurde beantragt, den Wert des Beschwerdeverfahrens auf € 218.500,- festzusetzen.
II.
Wie die Beschwerdekammer bereits im Beschluss vom 9. März 2012 - 5 Ta 8/12 -dargelegt hat, ist von folgenden Rechtsgrundsätzen auszugehen: Der Wert der anwaltlichen Tätigkeit bei der Durchsetzung von titulierten Unterlassungsansprüchen bestimmt sich gemäß § 25 Abs. 1 Nr. 3 RVG (vgl. Zöller/Herget, ZPO, 30. Aufl., § 3 Rdn. 16 "Ordnungs- und Zwangsmittelfestsetzung"). Maßgeblich ist danach der Wert, den die zu erwirkende Duldung oder Unterlassung für den Gläubiger hat. Dieser Wert muss geschätzt werden. Er richtet sich grundsätzlich nicht nach der Höhe des beantragten oder festgesetzten bzw. festzusetzenden Zwangsgeldes (vgl. LAG Hamm, Beschluss vom 5. Oktober 2007 - 10 Ta 245/07, zitiert nach juris, Tz. 28).
Wie das Interesse des Gläubigers an der Vornahme der Duldung oder Unterlassung. zu bewerten ist, ist streitig. Im Beschluss des OLG Celle vom 23. April 2009 (13 W 33/09 - JurBüro 2009, 441-442, juris) findet sich folgende Darstellung des Streitstandes:
"Während nach der einen Auffassung das Interesse des Gläubigers in der Regel dem der Hauptsache entspricht (vgl. Gerold/Schmidt/Müller-Rabe, aaO., § 25 Rdn. 13; AnwK-RVG/Wolf, aaO., § 25 Rdn. 17; Hüßtege in Thomas/Putzo, ZPO, 29. Aufl., § 3 Rdn. 115; zu § 888 ZPO: OLG Köln, Beschluss vom 24. März 2005 - 25 WF 45/05, OLGR Köln 2005, 259, zitiert nach juris, Tz. 6 sowie OLG Celle, Beschluss vom 13. August 2007 - 2 W 71/07, OLGR Celle 2008, 91), soll nach anderer Ansicht im Regelfall nur ein Bruchteil des Wertes der Hauptsache anzusetzen sein, wobei überwiegend eine Spanne von 1/5 bis 1/3 vertreten wird (vgl. Ahrens/Berneke, Der Wettbewerbsprozess, 5. Aufl., Kap. 40 Rdn. 62; OLG Karlsruhe, Beschluss vom 4. November 1991 - 4 W 72/91, WRP 1992, 198 (1/5 - 1/3); Hanseatisches OLG Hamburg, Beschlüsse vom 30. Juni 1993 - 3 W 110/93, WRP 1994, 42 (1/5) und 11. Mai 1982 - 3 W 53/82, WRP 1982, 592 (1/5); OLG Stuttgart, Beschluss vom 15. Dezember 1981 - 2 W 48/81, WRP 1982, 432, 433 (1/10 aufgrund der besonderen Umstände des Einzelfalles); einen Überblick über die OLG-Rspr. bietet Harte/Henning/Retzer, aaO., § 12 Rdn. 887 f.). Nach wiederum anderer Auffassung soll sich jede schematische Betrachtung verbieten. Maßgeblich sollen vielmehr allein die Umstände des jeweiligen Einzelfalles sein, insbesondere die Schwere des Verstoßes, die Gefahr weiterer Wiederholungen sowie der Grad des Verschuldens des Schuldners (vgl. Teplitzky, aaO.; Zöller/Herget, aaO., § 3 Rdn. 16 "Ordnungs- und Zwangsmittelfestsetzung"; Schuschke/Walker/Sturhahn, Vollstreckung und Vorläufiger Rechtsschutz, 4. Aufl., § 890 Rdn. 60)."
Im Regelfall ist in der Tat von einem Bruchteil des Wertes der Hauptsache auszugehen, ...