Entscheidungsstichwort (Thema)

Gegenstandswert. Urteilsverfahren. unzulässige Feststellungsklage. wiederkehrende Leistungen. kein Abschlag bei unzulässigem Klagantrag

 

Leitsatz (amtlich)

1. Auch möglicherweise unzulässige Feststellungsanträge sind bei der Gegenstandswertfestsetzung zu berücksichtigen.

2. Die Bemessungsgrundlage für die Streitwertfestsetzung bei wiederkehrenden Leistungen ändert sich grundsätzlich nicht deswegen, weil das Klagebegehren in einen Feststellungsantrag gekleidet ist.

3. Von dem Wert eines Feststellungsantrags ist kein Abschlag vorzunehmen, wenn neben der Feststellungsklage eine Leistungsklage auf rückständige Leistungen erhoben ist.

 

Normenkette

RVG § 33; GKG § 42 Abs. 2, 4; ZPO § 256

 

Verfahrensgang

ArbG Hamburg (Beschluss vom 12.12.2011; Aktenzeichen 27 Ca 33/11)

 

Tenor

Auf die Beschwerde des Prozessbevollmächtigten des Klägers wird der Beschluss des Arbeitsgerichts Hamburg vom 12. Dezember 2011 – 27 Ca 33/11 – wie folgt abgeändert:

Der Gegenstandswert der anwaltlichen Tätigkeit des Prozessbevollmächtigten des Klägers wird auf 37.395 EUR festgesetzt.

Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.

 

Tatbestand

I.

Zu entscheiden ist über eine Beschwerde gegen einen Gegenstandswertfestsetzungsbeschluss des Arbeitsgerichts.

Zwischen den Parteien des Ausgangsrechtsstreits besteht ein Arbeitsverhältnis, im Rahmen dessen der Kläger als Verkäufer bei der Beklagten, die Sportschuhe vertreibt, beschäftigt ist. Im zugrundeliegenden – durch mit Schriftsatz vom 22. November 2011 (Bl. 80 d.A.) erklärter Klagerücknahme beendeten – Ausgangsverfahren begehrte der Kläger die Feststellung (Antrag zu 1.), dass ihm ein Anspruch auf Zahlung einer monatlichen Umsatzprovision in Höhe vom 2 % des monatlichen Nettoumsatzes der Filiale zusteht und mit dem Antrag zu 2. die Auszahlung dieser Umsatzprovision für die Monate ab November 2010. Mit dem Antrag zu 3. begehrte der Kläger die Feststellung, er könne ein Weihnachts-/Urlaubsgeld in Höhe von je einem halben Bruttomonatsgehalt beanspruchen, welches anteilig pro Monat ausgezahlt werden müsse. Mit dem Antrag zu 4. begehrte der Kläger die Auszahlung der mit dem Antrag zu 3. geltend gemachten Beträge ab Oktober 2010.

Mit Schriftsatz vom 22. November 2011 (Bl. 80 d.A.) beantragte der Klägervertreter, den Gegenstandswert für das Verfahren auf bis zu 50.000 EUR festzusetzen. Der mit den Anträgen zu 1. und 2. geltend gemachte Betrag ist vom Klägervertreter dabei unwidersprochen auf 900 EUR monatlich, der mit den Anträgen zu 3. und 4. geltend gemachte Betrag ist mit monatlich EUR 138,75 EUR angesetzt worden. Insgesamt seien die Feststellungsanträge mit dem jeweiligen 36-fachen Betrag und die Zahlungsanträge zusätzlich mit dem jeweiligen Monatsbetrag zu berücksichtigen, der bis zur Klagerücknahme angefallen sei.

Das Arbeitsgericht setzte mit Beschluss vom 12. Dezember 2011 (Bl. 85 d.A.) den Gegenstandswert der Klage auf den Wert der bis zur Klagerücknahme fälligen Beträge in Höhe von 12.603,75 EUR fest (12 * 900 EUR sowie 13 * 138,75 EUR) und teilte mit, die Feststellungsanträge zu 1. und 3. seien nicht werterhöhend berücksichtigt worden.

Gegen diesen dem Klägervertreter am 15. Dezember 2011 zugestellten Beschluss vom 12. Dezember 2011 erhob dieser mit Schriftsatz vom 15. Dezember 2011 (Bl. 92 ff) Beschwerde, hilfsweise unbestimmtes Rechtsmittel. Zur Begründung führt er aus, die Feststellungsanträge bezögen sich auf künftige Leistungen, die Leistungsanträge (Antrag zu 2. und zu 4.) beschränkten sich hingegen auf einen zeitlich klar begrenzten Zeitraum. Beides sei zu berücksichtigen. Wegen der weiteren Ausführungen des Klägervertreters in der Beschwerde wird Bezug genommen auf den Schriftsatz vom 12. Dezember 2011 (Bl. 92 ff. d. A.).

Mit Beschluss vom 18. Januar 2012 (Bl. 99 ff. d. A.) hat das Arbeitsgericht der Beschwerde nicht abgeholfen und diese dem Landesarbeitsgericht vorgelegt. Zur Begründung führt das Arbeitsgericht aus, die offensichtlich unzulässigen, weil den Vorrang der Leistungsklage missachtenden Feststellungsanträge erhöhten den Wert nicht. Die Frage, ob ein Provisions- bzw. ein Weihnachts-/Urlaubsgeld überhaupt besteht, sei im Rahmen der Leistungsanträge inzident zu prüfen. Unabhängig von der fehlenden Zulässigkeit könnten die Feststellungsanträge für die Zukunft die Rechtspflichten der Beklagten (z.B. hinsichtlich der Zahlung von Weihnachtsgeld) nicht zementieren. Mithin seien allein die Anträge zu 2. und 4. im Rahmen der Streitwertfestsetzung zu berücksichtigen.

 

Entscheidungsgründe

II.

Die Beschwerde des Klägervertreters hat überwiegend Erfolg.

1.

Die Beschwerde des Prozessbevollmächtigten des Klägers ist gemäß § 33 Abs. 3 RVG zulässig. Die Antragsberechtigung folgt aus § 33 Abs. 2 Satz 2 RVG. Der Wert des Beschwerdegegenstandes übersteigt 200,00 EUR. Die Frist des § 33 Abs. 3 Satz 3 RVG ist eingehalten.

2.

Der Gegenstandswert der anwaltlichen Tätigkeit für den Rechtsstreit beträgt EUR 37.395,–.

a) Der Gegenstandswert für die anwaltliche Tätigkeit bemisst sich gem. § 23 Ab...

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