Entscheidungsstichwort (Thema)
Keine ordnungsgemäße Unterschrift des Zeugnisausstellers bei leicht erkennbarer Abweichung von seinen sonstigen Unterschriften. Fehlende Schriftform der Unterschrift bei Paraphen oder Strichen. Indizien für eine Distanzierung des Zeugnisausstellers vom Inhalt des Arbeitszeugnisses
Leitsatz (amtlich)
Die Unterschrift eines Arbeitgebers unter einem Arbeitszeugnis ist nur dann ordnungsgemäß, wenn sie nicht in leicht erkennbaren Elemente von den sonstigen Unterschriften abweicht.
Ein von den sonstigen Unterschriften deutlich abweichendes Schriftbild lässt darauf schließen, dass sich der Unterzeichner vom Inhalt des Unterschriebenen distanzieren will, und kann als gem. § 109 II BGB unzulässiges Merkmal bewertet werden.
Leitsatz (redaktionell)
1. Besteht die Unterschrift unter einem Arbeitszeugnis aus einem Strich, einer Schleife und einem weiteren Strich, liegt keine eigenhändige Unterschrift i.S.d. § 126 BGB vor, sondern lediglich eine Paraphe. Diese wahrt nicht die Schriftform des § 126 BGB.
2. Die Aneinanderreihung von Buchstaben, auch wenn diese den Namen des Ausstellers ergeben, ist noch keine eigenhändige Unterschrift i.S.d. § 126 BGB. Es fehlen individuelle und charakteristische Merkmale, die erst eine individuelle Unterschrift erkennbar werden lassen.
Normenkette
BGB §§ 630, 126; GewO § 109 Abs. 2; BGB § 242; GewO § 109 Abs. 1
Verfahrensgang
ArbG Hamburg (Entscheidung vom 23.03.2020; Aktenzeichen 12 Ca 60/19) |
Tenor
1. Auf die sofortige Beschwerde der Gläubigerin wird der Beschluss des Arbeitsgerichts Hamburg vom 23.03.2020 (12 Ca 60/19) abgeändert:
Gegen die Schuldnerin wird zur Durchsetzung ihrer Verpflichtung, der Gläubigerin das im Beschluss des Arbeitsgerichts vom 13.01.2020 bezeichnete, von der Geschäftsführung unterzeichnete Arbeitszeugnis unter dem 31.10.2018 zu erteilen und zu übersenden ein Zwangsgeld in Höhe von € 500,- festgesetzt.
2. Die Kosten des Vollstreckungsverfahrens hat die Schuldnerin zu tragen.
Gründe
I. Die Parteien erledigten die Hauptsache durch einen Vergleich, in dem sich die Schuldnerin verpflichtete, der Gläubigerin ein Zeugnis mit einem bestimmten Wortlaut unter einem bestimmten Datum zu erteilen. Dieser Verpflichtung ist die Schuldnerin unstreitig nachgekommen. Nach dem Vergleich sollte das Zeugnis von der Geschäftsführung unterzeichnet sein. Die Gläubigerin hat die Auffassung vertreten, die Schuldnerin habe ihre Verpflichtung nicht erfüllt, weil der Text des Zeugnisses und die Unterschrift des Geschäftsführers vom Schriftbild in früheren Zeugnissen abwichen. Das Arbeitsgericht hat den Antrag der Gläubigerin auf Festsetzung eines Zwangsmittels zur Durchsetzung ihres Anspruchs zurückgewiesen. Die Parteien hätten im Vergleich weder für den Text des Zeugnisses noch für die Unterschrift bestimmte Schriftbilder vereinbart. Auch aus dem Gesetz ließen sich keine Vorgaben ableiten. Wegen der Einzelheiten wird auf die Gründe der angefochtenen Entscheidung (Bl. 196 - 199 d.A.) Bezug genommen.
Gegen den ihr am 27.03.2020 zugestellten Beschluss hat die Gläubigerin am 14.04.2020, dem Dienstag nach Ostern, sofortige Beschwerde eingelegt, auf deren Inhalt (Bl. 207 - 210 d.A.) und denjenigen des ergänzenden Schriftsatzes vom 23.04.2020 (Bl. 217 - 227) ebenfalls Bezug genommen wird.
Die Gläubigerin beantragt,
unter Abänderung des Beschlusses des Arbeitsgerichts Hamburg vom 23.03.2020 das mit Schriftsatz vom 25.02.2020 beantragte Zwangsmittel gegen die Schuldnerin zur Erzwingung der ihr nach dem Beschluss des Arbeitsgerichts vom 13.01.2020 obliegenden Erteilung und Übersendung eines unter dem Ausstellungsdatum 30.10.2018 von der Geschäftsführung unterzeichneten Arbeitszeugnisses mit dem entsprechenden Inhalt festzusetzen.
Die Schuldnerin beantragt,
die sofortige Beschwerde zurückzuweisen.
Sie verteidigt die angefochtene Entscheidung des Arbeitsgerichts. Wegen der Einzelheiten wird auf den Schriftsatz vom 27.04.2020 (Bl. 230-236 d.A.) Bezug genommen.
Das Arbeitsgericht hat am 30.04.2020 beschlossen, der sofortigen Beschwerde nicht abzuhelfen. Auf die Gründe des Beschlusses (Bl. 244 - 247 d.A.) wird Bezug genommen.
II. Die sofortige Beschwerde ist zulässig und begründet.
1. In jeder Hinsicht zutreffend hat das Arbeitsgericht ausgeführt, dass die Parteien im Vergleich vom 13.01.2020 weder ein bestimmtes Schriftbild für den Text des Zeugnisses noch die Verwendung eines bestimmten Briefpapiers vereinbart haben. Ein ordnungsgemäßes Zeugnis setzt insoweit lediglich voraus, dass es in einem im Geschäftsleben üblichen Schriftbild auf Briefpapier erstellt wird, welches der Aussteller auch sonst verwendet. Die Angabe der vertretungsberechtigten Organe ist nicht entscheidend, sofern bei einem von der Geschäftsführung zu unterzeichnenden Zeugnis der Unterzeichner des Zeugnisses aufgeführt wird. Aus diesem Grund ist das erteilte Zeugnis weder vom Schriftbild noch vom verwendeten Briefpapier her zu beanstanden.
2. Abweichend vom Arbeitsgericht geht die Beschwerdekammer aber davon aus, dass das ...