Verfahrensgang

ArbG Hamburg (Beschluss vom 15.10.1991; Aktenzeichen 3 Ca 176/91)

 

Tenor

Auf die Beschwerde des Prozeßbevollmächtigten der Klägerin vom 31. Oktober 1991, bei Gericht am 4. November 1991 eingegangen, und auf die Beschwerde des Prozeßbevollmächtigten der Beklagten vom 6. November 1991, bei Gericht am 7. November 1991 eingegangen, wird der Beschluß des Arbeitsgerichts Hamburg vom 15. Oktober 1991 – Az.: 3 Ca 176/91 – wie folgt abgeändert:

Der Gegenstandswert wird auf 10.400,– DM festgesetzt.

 

Gründe

Die aus eigenem Recht eingelegten Beschwerden der Prozeßbevollmächtigten der Parteien sind gemäß § 10 Abs. 3 Satz 1 BRAGO statthaft; insbesondere übersteigt der Beschwerdegegenstand DM 100,–. Die Beschwerden sind auch form- und fristgerecht eingelegt (§ 10 Abs. 3 BRAGO, § 569 ZPO).

Die Beschwerden sind auch begründet.

Wenn neben dem Antrag auf Feststellung, daß eine Kündigung ein Arbeitsverhältnis nicht beendet habe, hilfsweise für den Fall des Obsiegens ein Weiterbeschäftigungsantrag gestellt wird, so sind nach Auffassung des erkennenden Gerichts beide Klaganträge getrennt zu bewerten- und zur Berechnung des Gegenstandswertes zu addieren.

In Rechtsprechung und Literatur ist umstritten, ob der unechte Hilfsantrag auf Weiterbeschäftigung streitwerterhöhend zu berücksichtigen ist oder nicht (vgl. zum Streitstand nur Germelmann/Matthes/Prütting Arbeitsgerichtsgesetz (ArbGG) 1990, § 12 Rdn. 108–110; Grunsky 6. Aufl., § 12, Rdn. 5 c). Nach Auffassung „des erkennenden Gerichts ist auch dann, wenn der Weiterbeschäftigungsanspruch nur für den Fall des Erfolges des Feststellungsantrages hinsichtlich der Unwirksamkeit der Kündigung geltend gemacht wird, der Gegenstandswert für den Weiterbeschäftigungsantrag, und zwar in der Regel in Höhe eines Bruttomonatsverdienstes, getrennt in Anrechnung zu bringen. Das Gericht folgt insbesondere den vom Landesarbeitsgericht München in seinem Beschluß vom 30. Oktober 1990 (– Az.: 5 Ta 135/90 – nunmehr veröffentlicht in NZA 1992, 140 f.) dargelegten Erwägungen und macht sich die Gründe zu eigen. Es soll nur kurz zusammengefaßt noch folgendes herausgestellt werden:

Ein Hilfsantrag wie der Weiterbeschäftigungsantrag im vorliegenden Fall ist als sogenannter uneigentlicher Hilfsantrag nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts zulässig (BAG NZA 1988, 741).

Ausgehend von § 19 Abs. 4 GKG wird, soweit der unechte Hilfsantrag nicht gesondert berechnet wird, angenommen, § 19 Abs. 4 GKG erfasse alle Arten von Hilfsanträgen. Der Gesetzgeber habe die vor der Novellierung des Kostenrechts, durchgesetzt vom 9. Dezember 1986, herrschende Meinung gekannt und gleichwohl § 19 Abs. 4 GKG unverändert gelassen (vgl. LAG Baden-Württemberg, JurBüro 1988, 1156; vgl. auch LAG Düsseldorf, JurBüro 1989, 955). Dieser Auffassung folgt das erkennende Gericht nicht. Anders als bei einem normalen Hilfsantrag wird bei einer Fallkonstellation wie der vorliegenden letztlich eine Verurteilung nach beiden Anträgen angestrebt. § 19 Abs. 4 GKG ist in einem solchen Fall nicht anwendbar, d. h. die Anträge sind zu addieren, so daß eine Streitwerterhöhung eintritt (vgl. nur Grunsky a.a.O., § 12, Rdn. 5 c). Wie das Landesarbeitsgericht München in seinem Beschluß vom 30. Oktober 1990 (a.a.O.) zutreffend ausführt, ist nach der Vorstellung des Gesetzgebers eine Hilfsantrag ein Antrag, der für den Fall gestellt wird, daß der Hauptantrag keinen Erfolg hat. Wenn der Gesetzgeber der Kostennovelle vom 9. Dezember 1986 keine Veranlassung gesehen hat, § 19 Abs. 4 GKG zu ändern, so läßt dies nicht den Schluß zu, daß er dies in Kenntnis der herrschenden Lehre bewußt getan habe. Es ist vielmehr davon auszugehen, daß der Gesetzgeber auch mit der Kostennovelle den Fall des unechten Hilfsantrages, der außerhalb des arbeitsrechtlichen Weiterbeschäftigungsverlangens sehr selten ist, nicht regeln wollte und nicht geregelt hat (so zutreffend Schneider, Streitwertkommentar, 8. Aufl., Rdn. 2472). Aus diesem Grund ist § 19 Abs. 4 GKG auf den unechten Hilfsantrag nicht anzuwenden, denn Haupt- und unechter Hilfsantrag umfassen unterschiedliche Streitgegenstände anders als bei Haupt- und echtem Hilfsantrag, wenn nur der eine oder der andere Antrag zuerkannt werden soll.

Eine wirtschaftliche Identität zwischen Kündigungsschutzklage und Weiterbeschäftigungsanspruch ist nicht gegeben, so daß auch kein Begehren einer einheitlichen Leistung vorliegt. Auf die umfassende Begründung des Landesarbeitsgerichts München in seinem Beschluß vom 30. Oktober 1990 (a.a.O.) wird verwiesen.

Das erkennende Gericht ist ebenfalls der Überzeugung, daß die gesonderte Bewertung des in der Form des unechten Hilfsantrages verfolgten Weiterbeschäftigungsanspruches zu einer vernünftigen und sachgerechten Streitwertbemessung führt. Das wirtschaftliche Interesse des Klägers am Obsiegen als maßgeblicher Ausgangspunkt für die Streitwertbemessung ist bei echten und unechten Hilfsanträgen grundsätzlich verschieden: Auch insoweit kann den Erwägungen des Landesarbeitsgerichts Münche...

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