Leitsatz (amtlich)
„Die Erteilung einer Lohnabrechnung ist eine unvertretbare Handlung. Die Zwangsvollstreckung richtet sich daher nach § 888 Abs. 1 ZPO (anders die wohl herrschende Meinung, die § 887 Abs. 1 ZPO anwendet)”
Tenor
Die Kosten des Verfahrens auf Festsetzung eines Zwangsgeldes hat die Beklagte zu tragen.
Der Streitwert wird auf DM 1.500,00 festgesetzt.
Gründe
Nachdem beide Parteien die sofortige Beschwerde der Beklagten übereinstimmend für erledigt erklärt haben – womit sie das Verfahren selbst für erledigt erklären wollten –, war gemäß § 91 a ZPO nur noch über die Kosten des Zwangsgeldverfahrens zu entscheiden, die danach die Beklagte zu tragen hat.
§ 91 a ZPO ist auch im Beschwerdeverfahren anwendbar (vgl. nur BAG in DB 1986, 2396; Zöller, ZPO, 17. Aufl., § 91 a Rz. 18) und setzt voraus, daß das Rechtsmittel der Beschwerde zulässig war (vgl. BGHZ 50, 191; Zöller, aaO, § 91 a Rz. 20). Das ist vorliegend der Fall. Das Rechtsmittel der sofortigen Beschwerde war gemäß § 793 Abs. 1 ZPO der statthafte Rechtsbehelf gegen den Zwangsgeldbeschluß des Arbeitsgerichts Hamburg vom 14. September 1995. Sie erfolgte auch fristgemäß innerhalb der Notfrist von 2 Wochen nach § 577 Abs. 2 Satz 1 ZPO, da der Beschluß der Beklagten am 25. September 1995 zugestellt wurde und die sofortige Beschwerde der Beklagten am 7. Oktober 1995 beim Arbeitsgericht Hamburg einging.
Die Kostenentscheidung gemäß § 91 a ZPO hat das Gericht unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes nach billigem Ermessen zu treffen. Demzufolge ist maßgeblich, ob die sofortige Beschwerde der Beklagten begründet gewesen wäre, wenn das erledigende Ereignis nicht eingetreten wäre; zudem sind hierbei auch Billigkeitsgesichtspunkte zu berücksichtigen (vgl. Koblenz, Das Juristische Büro 1982, 1897; Zöller. aaO, § 91 a Rz. 43). Bei Anwendung dieses Entscheidungsmaßstabes waren im vorliegenden Fall die im Zwangsgeldverfahren gemäß § 888 ZPO entstandenen Kosten der Beklagten aufzuerlegen, da der Zwangsgeldbeschluß zu Recht ergangen ist und die sofortige Beschwerde keinen Erfolg gehabt hätte.
Die allgemeinen Voraussetzungen für die Zwangsvollstreckung aus dem rechtskräftigen Versäumnisurteil des Arbeitsgerichts Hamburg vom 29. Juni 1995 – 1 Ca 251/95 – waren unstreitig gegeben. Der Zwangsgeldbeschluß vom 14. September 1995 erging auch zu Recht gemäß § 888 ZPO i.V.m. § 62 Abs. 2 ArbGG, da sowohl die „Herausgabe der ordnungsgemäß ausgefüllten Arbeitspapiere” als auch die „Erteilung der Lohnabrechnungen” unvertretbare Handlungen im Sinne des § 888 ZPO sind.
Was die Herausgabe der Arbeitspapiere angeht, so sind zwar gemäß § 883 ZPO Herausgabeansprüche dadurch zu vollstrecken, daß der Gerichtsvollzieher die herauszugebenden Sachen dem Vollstreckungsschuldner wegnimmt.
Der Titel des Versäumnisurteils lautet jedoch auf „Herausgabe der ordnungsgemäß ausgefüllten Arbeitspapiere”. Insoweit umfaßte er neben der Herausgabeverpflichtung auch die Pflicht zur Ausfüllung. Letztere stellt eine unvertretbare Handlung dar, da die Arbeitspapiere von der Schuldnerin persönlich ausgefüllt werden müssen. Die Vollstreckung richtet sich dann insgesamt nach § 888 ZPO (LAG Frankfurt/Main, DB 1981, 535; Germelmann/Matthes/Prütting, ArbGG, § 62 Rn. 44; Zöller, § 888 Rn. 3).
Auch die Verpflichtung zur Erteilung einer Lohnabrechnung ist als unvertretbare Handlung nach § 888 ZPO zu vollstrecken.
Die herrschende Meinung geht allerdings davon aus, daß die Erteilung einer Lohnabrechnung auch durch einen Dritten vorgenommen werden kann und nicht ausschließlich von dem Willen des Schuldners abhängt, so daß sie nach § 887 Abs. 1 ZPO vollstreckt wird, indem sie ein Dritter auf Kosten des Schuldners vornimmt (vgl. LAG Hamm, DB 1983, 2257, m.w.N. von Entsch. anderer LAGe; LAG Köln, MDR 1991, 650 f; Germelmann/Matthes/Prütting. aaO, Thomas-Putzo, ZPO, § 887 Rn. 2).
Begründet wird dies damit, daß Lohnabrechnungen in aller Regel von jedem sachkundigen Dritten erstellt werden könnten, sofern die betrieblichen Lohnunterlagen zur Verfügung stünden, ob es sich um einen Steuerberater, einen Buchsachverständigen oder um sonstigen Fachmann handele. Träfe dies zu, so müßte die Zwangsvollstreckung nach § 887 ZPO betrieben werden, wie es auch beim Buchauszug oder bei der Provisionsabrechnung zuträfe, auch wenn eine Vollstreckung nach § 887 ZPO vielfach als ineffektiv erachtet werde. Ausnahmen seien nur dort denkbar, wo die Lohnabrechnung – wie es in Kleinstbetrieben vorkomme – anhand flüchtiger handschriftlicher Notizen erstellt werden müßten, die nur der Betriebsinhaber deuten könne.
Die erkennende Kammer schließt sich demgegenüber der Auffassung der Sechsten Kammer des Landesarbeitsgerichts Hamburg an (vgl. unveröffentlichten Beschluß vom 13.08.1990 – 6 Ta 12/90 –), wonach die Erteilung einer Lohnabrechnung eine unvertretbare Handlung im Sinne des § 888 ZPO ist.
Der Umstand, daß jeder sachkundige Dritte, dem die betrieblichen Lohnunterlagen zur Verfügung stehen, in der Lage ist, unter Anwendung von Lohnab...