Leitsatz (amtlich)
§ 9 TVK verletzt mit seinem generellen Vorbehalt der vorherigen Zustimmung, soweit nicht eine Nebentätigkeit nach § 9 Abs. 2 TVK vorliegt, die Grundrechte der Arbeitnehmer aus Art. 12 und Art. 2 Abs. 1 GG. Die Bestimmung muß deshalb verfassungskonform einschränkend dahingehend ausgelegt werden, daß die Arbeitnehmer nicht nur bei Nebentätigkeiten im Sinne von § 9 Abs. 2 TVK, sondern auch in allen, anderen Fällen, einen Anspruch auf Zustimmung zu der Nebentätigkeit haben, wenn geneigte Interessen des Arbeitgebers nicht beeinträchtigt werden. Es Sprechen weiter erhebliche Gesichtspunkte dafür, daß § 9 TVK darüber hinaus insoweit wegen eines unverhältnismäßigen Eingriffs in die genannten Grundrechte der Arbeitnehmer unwirksam ist, als danach eine Nebentätigkeit grundsätzlich nur mit Vorheriger Zustimmung des Arbeitgebers zulässig ist, und zwar auch dann, wenn durch sie berechtigte Interessen des Arbeitgebers nicht berührt wenden können. Ob eine entsprechende Teilnichtigkeit gegeben ist, kann vorliegend aber dahingestellt bleiben. Jedenfalls ist die tarifliche Regelung der Nebenbeschäftigung im § 9 TVK insoweit rechtswirksam, als mit dem generellen Genehmigungsvorbehalt eine generelle Mitteilungspflicht hinsichtlich aller Nebenbeschäftigungen geregelt ist. Die Tarifvertragsparteien haben damit weder ihre Normsetzungszuständigkeit überschritten noch in unzulässiger. Weise in den durch Art. 1 und 2, GG gewährleisteten Persönlichkeitsschutz und in das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung eingegriffen.
Verfahrensgang
ArbG Hamburg (Urteil vom 12.01.1994; Aktenzeichen 19 Ca 495/93) |
Nachgehend
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Hamburg vom 12. Januar 1994 – 19 Ca 495/93 – wird zurückgewiesen.
Die Klage wird auch hinsichtlich der in der Berufungsinstanz klagerweiternd gestellten Hilfsanträge abgewiesen.
Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt der Kläger.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten um die Frage, ob der Kläger etwaige Nebenbeschäftigungen der Beklagten mitteilen muß.
Der Kläger ist seit dem 2. September 1978 im Philharmonischen Staatsorchester der Beklagten als. 1. Fagottist beschäftigt. Gemäß § 4 des Arbeitsvertrages vom 6. November 1978 (Bl. 7 d. A.) bestimmt sich das Arbeitsverhältnis nach dem Tarifvertrag für die Musiker in Kulturorchestern (TVK) vom 1. Juli 1971 in der jeweils geltenden Fassung und den ihn ergänzenden, ändernden oder an seine Stelle tretenden Tarifverträgen. Der Kläger ist nicht Mitglied einer der tarifvertragsschließenden Gewerkschaften.
Der mit „Nebenbeschäftigung” überschriebene § 9 des TVK lautet:
„(1) Jede Nebenbeschäftigung bedarf der vorherigen Zustimmung des Arbeitgebers. Die Zustimmung kann jederzeit widerrufen werden.
(2) Zu einer Nebenbeschäftigung als Solist, als Musiker in einem anderen Kulturorchester, als Musikpädagoge oder auf kammermusikalischem Gebiet darf die Zustimmung nicht versagt oder widerrufen werden, wenn die Nebenbeschäftigung die Erfüllung der arbeitsvertraglichen Pflichten des Musikers oder sonstige berechtigte Interessen des Arbeitgebers nicht beeinträchtigt.”
§ 3 Abs. 1 TVK lautet:
„Mit dem Musiker ist ein Arbeitsvertrag nach dem Muster der Anlage 1 abzuschließen. Der Arbeitsvertrag bedarf zu seiner Wirksamkeit der Schriftform. Das gleiche gilt für Änderungen und Ergänzungen.”
Mit Schreiben vom 3. Mai 1993 (Bl. 8 d. A.) wurde der Kläger von dem Intendanten des Orchesters unter Verweis auf § 9 TVK aufgefordert, zukünftig jeweils für die zurückliegenden 3 Monate alle Nebentätigkeiten der Orchesterdirektion zu melden. Für diese Meldungen hatte die Beklagte ein Verfahren vorgegeben, nachdem sie unter Verwendung einer nur der Intendantur bekannten Code-Nummer verschlüsselt anonym erfolgen sollten. Nur wenn sich nach einer Auswertung Grund zu der Annahme einer übermäßigen Nebenbeschäftigung ergeben würde, sollte ein Einzelgespräch zwischen dem Intendanten und dem Musiker über die Einschränkung der Nebenbeschäftigung durchgeführt werden.
Hintergrund der Anweisung über die Meldung der Nebentätigkeiten war eine Aufforderung des Rechnungshofes an die Beklagte, den Umfang der Nebenbeschäftigung im Philharmonischen Staatsorchester besser als bisher zu überwachen und übermäßige Nebentätigkeiten zu beschränken (vgl. Bericht des Rechnungshofes der Beklagten vom 24.09.1992, Bl. 29 ff. d. A.).
Als der Kläger der Anweisung der Beklagten gemäß Schreiben vom 3. Mai 1993 nicht nachkam, drohte sie ihm in einem an seinen Prozeßbevollmächtigten gerichteten Schreiben vom 12. Juli 1993 (vgl. Bl. 11 d. A.) für den Fall der fortgesetzten Verweigerung eine Abmahnung an.
Der Kläger übt seit etwa 18 Jahren Nebenbeschäftigungen aus, ohne daß dies in der Vergangenheit von der Beklagten beanstandet wurde. In den letzten Jahren beliefen sich seine Einkünfte aus Nebentätigkeit auf maximal 5.000,– DM im Jahr.
Der Kläger hat vorgetragen, eine Verpflichtung zur. Auskunf...