Entscheidungsstichwort (Thema)
Befristetes Arbeitsverhältnis einer Redakteurin bei programmgestaltender Mitarbeit im Produktionsteam einer Fernsehserie. Unbegründete Feststellungsklage bei unzureichenden Darlegungen der Arbeitnehmerin zu ihrem nur unwesentlichen Einfluss auf die inhaltliche Programmgestaltung
Leitsatz (redaktionell)
1. Zur Befristung eines Arbeitsvertrags zwischen einer Rundfunkanstalt und einer programmgestaltenden Mitarbeiterin ist bei der Auslegung und Anwendung des Begriffs des sachlichen Grundes im Sinne des § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 TzBfG die durch Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG gewährleistete Rundfunkfreiheit zu berücksichtigen. Diese schließt die Entscheidung darüber ein, ob Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter fest oder nur für eine vorübergehende Dauer beschäftigt werden.
2. Die Befristung der Arbeitsverträge mit programmgestaltend tätigen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern kann mit der Rundfunkfreiheit gerechtfertigt werden. Gegenüber dem Interesse der Arbeitnehmerin an einer Dauerbeschäftigung kommt der Rundfunkfreiheit kein genereller Vorrang zu.
3. Ist der Schutzbereich der Rundfunkfreiheit berührt, sind die Belange der Rundfunkanstalten und der betroffenen Arbeitnehmerin im Einzelfall abzuwägen.
4. Der verfassungsrechtliche Schutz aus Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG ist auf diejenigen beschränkt, die an Hörfunk- und Fernsehsendungen inhaltlich gestaltend mitwirken und typischerweise ihre eigene Auffassung zu politischen, wirtschaftlichen, künstlerischen oder anderen Sachfragen, ihre Fachkenntnisse und Informationen, ihre individuelle künstlerische Befähigung und Aussagekraft in die Sendungen einbringen.
5. Die Tätigkeit von Redakteurinnen und Redakteuren ist typischerweise programmgestaltend, weil durch die Auswahl der zu beschaffenden Beiträge oder das Verfassen eigener Beiträge unmittelbar Einfluss auf die inhaltliche Gestaltung des Programms genommen wird. An einem programmgestaltenden Einfluss fehlt es nur, wenn die Tätigkeit als Redakteurin oder Redakteur nicht den überwiegenden Teil der Arbeitszeit ausmacht oder im Einzelfall nur unwesentlich Einfluss auf die inhaltliche Gestaltung des Programms genommen wird.
6. Für einen nur unwesentlichen Einfluss auf die inhaltliche Gestaltung des Programms ist die auf Feststellung eines unbefristeten Arbeitsverhältnisses klagende Redakteurin darlegungspflichtig, da es sich um eine Ausnahme von dem Grundsatz handelt, dass Redakteurinnen und Redakteure typischerweise programmgestaltend tätig sind. Dazu reicht die Darlegung der Klägerin, dass ihr Wirken in keiner Weise sicht- oder hörbaren Niederschlag in einzelnen Folgen der Staffel einer Fernsehserie gefunden hat, nicht aus, wenn die Betreuung einer Sendung einer Mehrzahl von Personen unterliegt, die auf die Gestaltung Einfluss nehmen können und nehmen sollen, da nicht erwartet werden kann, dass jede einzelne dieser Personen sich zumindest einmal so durchsetzt, dass “ihre„ Handschrift erkennbar ist.
7. Für die Teilnahme einer Redakteurin an der Programmgestaltung einer für eine öffentlich-rechtlichen Fernsehanstalt produzierten Fernsehserie reicht es aus, dass sie die redaktionellen Aufgaben im Gesamtzusammenhang des Produktionsteams wahrnimmt. Das kann auch dadurch geschehen, dass sich die Redakteurin zu bestimmten Themen nicht äußert, wenn sie insoweit zu den gestalterischen Vorschlägen anderer keine abweichende Meinung hat.
Normenkette
GG Art. 5 Abs. 1 S. 2; TzBfG § 14 Abs. 1 S. 2 Nr. 4; ZPO § 256 Abs. 1
Verfahrensgang
ArbG Hamburg (Entscheidung vom 24.03.2015; Aktenzeichen 25 Ca 279/15) |
Nachgehend
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Hamburg vom 24. März 2015 (25 Ca 279/15) wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten darüber, ob das Arbeitsverhältnis durch Befristung beendet worden ist.
Die 55-jährige Klägerin war zunächst aufgrund eines Arbeitsvertrages vom 11. Dezember 2008 (Anlage B1 zum Schriftsatz des Beklagten vom 25. Juli 2014, Bl. 17 ff. d.A.) für die Zeit vom 01. Januar 2009 bis zum 31. Dezember 2009 als Redakteurin bei dem Beklagten tätig. Es folgten sechs weitere Arbeitsverträge, zuletzt vom 25. Juli 2013 (Anlage B2 zum Schriftsatz des Beklagten vom 25. Juli 2004, Bl. 21 ff. d.A.). § 1 dieses Arbeitsvertrages sah eine Beschäftigung die Klägerin als Redakteurin mit den Aufgaben einer "Gehobenen Fernsehproducerin" ab dem 1. September 2013 vor. Die mit der Hälfte der regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit tätige Klägerin wurde nach Vergütungsgruppe 3 der für den Beklagten geltenden Vergütungsgruppe bezahlt und erhielt € 3.151,94 brutto monatlich.
Vergütungsgruppe 3 gilt für eine Gehobene Fernsehproducerin, "die Features, Dokumentarfilme oder andere Produktionen gleicher Schwierigkeit überwiegend selbständig in Abstimmung mit der Redaktion zu gestalten, die Endfertigung dieser Produktionen zu leiten und sich durch das Maß ihrer Verantwortung erheblich aus der Ver...