Entscheidungsstichwort (Thema)
Krankheitsbedingte Kündigung. betriebliche Ursachen der Erkrankung. Mitursächlichkeit einer Disposition des Arbeitnehmers, Mobbing
Leitsatz (amtlich)
Eine betriebliche Ursache, die bei einer krankheitsbedingten Kündigung im Rahmen der Interessenabwägung zugunsten der Arbeitnehmerin den Ausschlag geben kann, kann auch ein unangemessenes Verhalten von Vorgesetzten gegenüber der Arbeitnehmerin sein. Inwieweit dabei eine psychische Disposition des Arbeitnehmerin einer solchen ausschlaggebenden Berücksichtigung entgegensteht, ist eine Frage der Abwägung im Einzelfall.
Normenkette
KSchG § 1 Abs. 1, § 9 Abs. 1 S. 2
Verfahrensgang
ArbG Hamburg (Urteil vom 16.12.1996; Aktenzeichen 12 Ca 201/96) |
Nachgehend
Tenor
Das Arbeitsverhältnis der Parteien wird auf Antrag der Beklagten zum 31. März 1997 aufgelöst und die Beklagte zur Zahlung einer Abfindung in Höhe von DM 40.000,– verurteilt.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin zu ¼ und die Beklagte zu ¾.
Tatbestand
Nachdem auf Grund des Teilurteils der erkennenden Kammer vom 24. April 1998, auf dessen Tatbestand und Entscheidungsgründe ergänzend Bezug genommen wird, rechtskräftig feststeht, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien nicht durch die außerordentliche Kündigung der Beklagten vom 26. April 1996 aufgelöst worden ist, streiten die Parteien im vorliegenden Rechtsstreit nunmehr noch über die Wirksamkeit einer ordentlichen Kündigung durch die Beklagte mit Schreiben vom 27. September 1996, der Klägerin zugegangen am 1. Oktober 1996, zum 31. März 1997. Hilfsweise begehrt die Beklagte mit einem erstmalig in der Berufungsinstanz gestellten Antrag die Auflösung des Arbeitsverhältnisses durch Urteil gem. § 9 KSchG.
Die Beklagte stützt die ordentliche Kündigung vom 27. September 1996 auf krankheitsbedingte Fehlzeiten der Klägerin in der Vergangenheit, eine negative Gesundheitsprognose und durch die Fehlzeiten bedingte erhebliche betriebliche Belastungen. Das Kündigungsschreiben vom 27. September 1996 (Anlage zum Schriftsatz der Klägerin vom 9. Oktober 1996, Bl. 37 f. d. A.) wird Bezug genommen.
Die Klägerin hat erstinstanzlich geltend gemacht, die ordentliche Kündigung vom 27. September 1996 sei sozial ungerechtfertigt und deshalb unwirksam.
Das Arbeitsgericht hat in seinem mit der vorliegenden Berufung angefochtenen Urteil vom 16. Dezember 1996 zur Wirksamkeit der mit Schreiben vom 27. September 1996 ausgesprochenen ordentlichen Kündigung mit Rücksicht darauf nicht weiter Stellung genommen, dass es bereits den auf Feststellung der Unwirksamkeit der außerordentlichen Kündigung vom 26. April 1996 gerichteten Kündigungsschutzantrag der Klägerin abgewiesen hat.
Die Klägerin trägt zur Begründung ihrer Berufung im Hinblick auf die von ihr geltend gemachte Unwirksamkeit der ordentlichen Kündigung vom 27. September 1997 vor:
Zu der von der Beklagten vorgetragenen Anhörung des Personalrats erkläre sie sich mit Nichtwissen.
Die Kündigung sei sozial ungerechtfertigt. Auf ihre krankheitsbedingten Fehlzeiten könne sich die Beklagte zur Rechtfertigung der Kündigung nicht berufen, weil diese auf Mobbing durch ihre Vorgesetzten und andere Mitarbeiter der Beklagten zurückzuführen seien. Wegen der Einzelheiten wird auf den umfangreichen schriftsätzlichen Vortrag der Klägerin hierzu Bezug genommen.
Zu dem von der Beklagten hilfsweise gestellten Auflösungsantrag nach § 9 KSchG macht die Klägerin geltend, dieser sei unbegründet. Bei den von der Beklagten vorgetragenen Auflösungsgründen handele es sich, sämtlich um strafbare Handlungen im Sinne der §§ 185 ff. StGB. Den Wahrheitsbeweis für ihre angeblichen Verfehlungen könne die Beklagte bereits deshalb nicht erbringen, weil dieser gem. § 190 StGB durch ein Strafurteil erfolgen müsse. Eine entsprechende strafrechtliche Verurteilung sei bereits deshalb nicht mehr möglich, weil dafür die Antragsfrist abgelaufen sei. Im Übrigen seien vor einer Auflösung eines Arbeitsverhältnisses in größeren Unternehmen, zu denen die Beklagte gehöre, Umsetzungsversuche zu machen. Dies sei seitens der Beklagten abgesehen von einigen untauglichen Versuchen nicht geschehen. Es sei der Beklagten zuzumuten, sie anderweitig zu beschäftigen, wo sie nicht wie bisher gemobbt werde. Zu der von der Klägerin im Verlauf des Rechtsstreits aufgestellten Behauptung, der Zeuge Prof. Dr. L. habe seine „Tat” gegenüber einem Dritten eingestanden, erklärt die Klägerin in ihrem Schriftsatz vom 16. September 1999 (Bl. 722 d. A.), dass sie sich auf diese Behauptung nicht weiter berufe. Zur Begründung führt die Klägerin in diesem Zusammenhang weiter aus, der potentielle Zeuge stehe mit der Beklagten in vertraglichen Beziehungen, es könnte daher sein, dass er Nachteile aus seiner evtl. Aussage hätte. Der Schluss der Beklagten, die von ihr aufgestellte Behauptung müsste einen Prozessbetrug des Herrn D. einschließen, sei abwegig.
Wegen der weiteren...