Entscheidungsstichwort (Thema)
Anrechnung von Zusatzleistungen auf die Altersversorgung
Leitsatz (redaktionell)
Für die Anrechnung von Zusatzleistungen auf die Altersversorgung, z.B. aus einer privaten Lebensversicherung, bedarf es einer ausdrücklichen Rechtsgrundlage, denn eine solche Anrechnung hat erhebliche Auswirkungen auf die Höhe der Versorgung. § 18 BetrAVG regelt zwar den rechnerischen Weg zur Ermittlung der Höhe der anzurechnenden Leistungen, trifft aber keine Regelung, welche Leistungen anzurechnen sind.
Normenkette
BetrAVG § 18 Abs. 2; HmbZVG §§ 7, 30 Abs. 2, § 31 Abs. 1-2; 1. RGG § 8 Abs. 3 Nr. 3, § 28 Abs. 8
Verfahrensgang
ArbG Hamburg (Entscheidung vom 24.05.2018; Aktenzeichen 9 Ca 17/18) |
Nachgehend
Tenor
1. Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Arbeitsgerichts Hamburg vom 24.05.2018 (9 Ca 17/18) teilweise abgeändert:
Es wird festgestellt, dass bei der Berechnung der Betriebsrente der Klägerin keine "fiktiv mitzählende Rente" in Abzug zu bringen ist.
Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.
2. Die Kosten des Verfahrens werden gegeneinander aufgehoben.
3. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten über die Höhe der Altersversorgung der Klägerin.
Wegen des Sach- und Streitstands in erster Instanz wird gemäß § 69 II ArbGG auf die Feststellungen im angefochtenen Urteil (Bl. 117 - 121 d.A.) Bezug genommen.
Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Auf die Entscheidungsgründe (Bl. 122 - 130 d.A.) wird ebenfalls Bezug genommen.
Gegen das am 24.05.2018 verkündete und dem Prozessbevollmächtigten der Klägerin am 26.05.2018 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 21.06.2018 Berufung eingelegt und diese - nach Verlängerung der Begründungsfrist bis zum 27.08.2018 - am 24.08.2018 begründet.
Die Klägerin ist der Ansicht, das Arbeitsgericht habe die Zulagen zur Entgeltfortzahlung zu Unrecht für nicht berücksichtigungsfähig gehalten. Bereits der Wortlaut von § 7 HmbZVG sei nicht so eindeutig wie vom Arbeitsgericht angenommen. Der Begriff "Entgelt für geleistete Arbeit" in § 7 II Nr. 2 HmbZVG sei im Kontext zu lesen. Aus dem Zusammenhang mit den in Nr. 1 geregelten Zulagen ergebe sich, dass nur Zahlungen außer Betracht bleiben sollten, die unabhängig von geleisteter Arbeit erfolgt seien. Die Höhe der Zulagen zum Krankengeld sei aber vom Umfang der Arbeitsleistung abhängig, die ohne die Arbeitsunfähigkeit zu erbringen gewesen wäre. Nach § 7 HmbZVG seien unterschiedliche Leistungen bei der Berechnung der Zusatzversorgung zu berücksichtigen, obwohl keine Leistungen erbracht worden seien. Schließlich sei nach Sinn und Zweck der Regelung nicht davon auszugehen, dass ein öffentlicher Arbeitgeber die Frage, ob Arbeitnehmer, die Entgeltfortzahlung in Anspruch nehmen, dafür an anderer Stelle Einbußen hinzunehmen hätten, in einer betriebsrentenrechtlichen Nebenfrage zu Lasten der kranken Arbeitnehmer entscheiden würde.
Bezüglich der Anrechnung der "mitzählenden Rente" sei - entgegen der Auffassung des Arbeitsgerichts - § 26 VIII des 1. RGG nicht anwendbar. Nach § 31 II HmbZVG sei für rentenferne Jahrgänge, zu denen die Klägerin unstreitig gehöre, das Grundruhegeld abweichend von § 30 II HmbZVG nach § 18 II BetrAVG zu berechnen. Die in § 30 II HmbZVG getroffene Regelung, wonach die Höhe des Grundruhegeldes nach den am Stichtag geltenden Regelungen zu berechnen sei, finde also keine Anwendung. Zu den danach unanwendbaren Regelungen gehöre § 28 VIII des 1. RGG. Aus der amtlichen Begründung zu § 18 BetrAVG könne die Beklagte nichts herleiten, da § 18 BetrAVG nur regele, wie anzurechnende Grundversorgungen zu berücksichtigen seien, sich aber nicht zu der Frage verhalte, bei welchen Versicherungen es sich um anzurechnende Grundversorgungen handele. Unzutreffend sei die in diesem Zusammenhang vom Arbeitsgericht getroffene Feststellung, wonach die Beklagte der Klägerin einen Zuschuss zu den Beiträgen zur Lebensversicherung gewährt habe, der über den Arbeitgeberanteil zur gesetzlichen Rentenversicherung hinausgehe. Tatsächlich habe die Beklagte nur einen Zuschuss in Höhe von 50 % der Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung gewährt, welche die Klägerin hätte zahlen müssen, wenn sie gesetzlich rentenversichert gewesen wäre. Die zusätzliche Rente, welche die Klägerin aus der privaten Lebensversicherung erhalte, beruhe nur zu einem geringen Teil auf Beiträgen, zu denen die Beklagte Zuschüsse gewährt habe. Tatsächlich werde der Klägerin eine fiktive Rente angerechnet, die weit über dem liege, was sie aus ihrer Lebensversicherung an Leistungen erhalten. Jedenfalls wäre die Beklagte verpflichtet gewesen, die in § 28 HmbZVG enthaltene Härtefallregelung zu Gunsten der Klägerin anzuwenden.
Die Anwendung von § 8 III Nr. 3 des 1.RGG auf die unständigen Bezüge der Klägerin in den Jahren 1999 - 2002 sei zu Unrecht erfolgt. Diese Regelung verstoße gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz. Die vom Arbeitsgericht angenommene Rechtfertigung für die Ungleichbehandlung...