Verfahrensgang
ArbG Hamburg (Urteil vom 31.01.1990; Aktenzeichen 25 a Ca 253/89) |
Tenor
Unter Zurückweisung der Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Hamburg vom 31. Januar 1990 – 25 a Ca 253/89 – wird die Beklagte verurteilt, an die Klägerin DM 207,40 (i.W.: Deutsche Mark zweihundertsieben 40/100) brutto zuzüglich 4 % Zinsen seit dem 01. April 1989 sowie weitere DM 414,80 (i.W.: Deutsche Mark vierhundertvierzehn 80/100) brutto zuzüglich 4 % Zinsen seit dem 21. September 1989 zu zahlen.
Die Kosten der Berufung trägt die Beklagte.
Der Streitwert beträgt in der Berufungsinstanz DM 622,20.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Zwischen den Parteien besteht Streit über restliche Gehaltsansprüche der Klägerin für die Monate März bis August 1989.
Die Beklagte ist ein Groß- und Einzelhandelsunternehmen mit etwa 70 Beschäftigten nach ihrem eigenen Vorbringen, nach dem Vortrag der Klägerin mit etwa 96 Beschäftigten.
Seit 1970 ist die Klägerin bei der Beklagten als Angestellte beschäftigt. Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien findet kraft Tarifgebundenheit der zwischen der … und der Industrie-Gewerkschaft Metall sowie der Gewerkschaft … abgeschlossene Gehaltstarifvertrag Anwendung. Die Klägerin ist in Gehaltsgruppe V/1 dieses Gehaltstarifvertrages eingruppiert.
In § 3 des Gehaltstarifvertrags vom 1. März 1989 heißt es:
„Ist einzelvertraglich ein höheres Gehalt als das Tarifgehalt (§ 2) vereinbart, so werden die einzelvertraglichen Gehaltsteile, die bis zu 5 % über dem Tarif liegen, wie Tarifgehalt behandelt.”
Bis zum Februar 1989 bezog die Klägerin ein monatliches Gesamtentgelt von DM 3.705,– brutto, das sich gemäß Mitteilung der Beklagten vom 26. April 1988 (Anlage K 1, Bl. 5 d.A.) wie folgt zusammensetzte:
Gehaltsgruppe V/1 |
DM 3.537,00 |
übertarifliche Zulage |
DM 168,00 |
insgesamt |
DM 3.705,00 |
Am 1. März 1989 trat eine Tariflohnerhöhung von 2,8 % in Kraft. Mit Schreiben vom 13. April 1989 (Anlage K 2, Bl. 6 d.A.) teilte die Beklagte der Klägerin u.a. mit:
„Nach den zum 1. März 1989 wirksam gewordenen Tarifveränderungen setzt sich Ihr Lohn/Gehalt mit Wirkung vom 1. März 1989 wie folgt zusammen:
Tariflohn/Tarifgehalt V/1 |
DM 3.636,00 |
freiwillige Zulage |
DM 69,00 |
gesamt Gehalt/Lohn |
DM 3.705,00.” |
Mit Schreiben der Industriegewerkschaft … vom 24. Mai 1989 (Anlage K 3, Bl. 7 d.A.) wandte sich die Klägerin gegen die Aufrechnung der Tariflohnerhöhung mit übertariflichen Zulagen und machte für die Monate März und April 1989 einen Differenzbetrag von DM 104,– monatlich geltend. Mit der am 7. Juli 1989 bei Gericht eingegangenen Klage hat sie zunächst die Zahlung von DM 208,– brutto für die beiden Monate März und April 1989 verlangt und mit Klägerweiterung vom 14. September 1989, bei Gericht eingegangen am 19. September 1989, weitere DM 416,– brutto für die Monate Mai bis August 1989 geltend gemacht.
Nach Bereinigung eines Rechenfehlers verlangt sie für die Monate März bis August 1989 eine monatliche Differenz von DM 103,70, die sie wie folgt errechnet:
Gehaltsgruppe V/1 |
DM 3.636,– |
übertarifliche Zulage |
DM 168,– |
|
DM 3.804,– |
+2,8 %ige Tariflohnerhöhung auf die Zulage |
DM 4,70 |
insgesamt |
DM 3.808,70 |
Gegenüber den von der Beklagten gezahlten DM 3.705,– ergibt sich danach eine monatliche Differenz von DM 103,70.
Die Klägerin hat vorgetragen:
Ihr stehe die geltend gemachte Gehaltsdifferenz zu, denn die Verrechnung der von der Beklagten gewährten übertariflichen Zulage, die diese seit April 1989 einseitig als „freiwillige Zulage” definiert habe, mit der tariflichen Vergütungserhöhung sei unwirksam. Die Beklagte habe den Betriebsrat im Rahmen seiner Mitbestimmungsrechte nach § 87 Abs. 1, Ziffern 10, 11 Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG) nicht beteiligt.
Außerdem gebiete § 3 des Gehaltstarifvertrags, daß ein einzelvertraglich über dem Tarifgehalt liegendes Entgelt bis zu 5 % wie Tarifgehalt behandelt werde. Dies ergebe sich auch aus den Stellungnahmen der Industriegewerkschaft …, vom 26. September 1989 (Bl. 28, 29 d.A.) und der Gewerkschaft … 23. Oktober 1989 (Bl. 31 d.A.).
Die Klägerin hat beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin DM 208,– brutto zuzüglich 4 % Zinsen seit dem 1. April 1989 sowie weitere DM 416,– brutto zuzüglich 4 % Zinsen seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagte hat vorgetragen:
Sie sei zur Anrechnung des übertariflichen Gehaltsanteils der Klägerin anläßlich der Tariflohnerhöhung in voller Höhe berechtigt gewesen. § 3 des Gehaltstarifvertrags könne den Anspruch der Klägerin nicht begründen. Dies ergebe sich auch aus dem Schreiben des … vom 26. Juni 1989 (Anlage A, Bl. 16 d.A.). Außerdem laufe die von der Klägerin vorgenommene Auslegung des § 3 des Gehaltstarifvertrags darauf hinaus, daß es sich bei dieser tarifvertraglichen Regelung um eine unzulässige Effektivklausel handle.
Hinsichtlich des weiteren Vorbringens der Parteien in der ersten Instanz wird auf den Tatbestand des Urteils des Arbeitsgerichts Hamburg vom 31. Januar 1990 – 25a Ca 253/89 – (Bl. ...