Entscheidungsstichwort (Thema)
Anrechnung eines übertariflichen Entgeltbestandteils auf die Erhöhung des tariflichen Gehaltsanteils
Leitsatz (amtlich)
Eigene übertarifliche Entgeltstufen (neben tariflichen Entgeltstufen) können trotz der Zuordnung der Mitarbeiter zu einer übertariflichen Entgeltstufe einen anrechnungsfähigen Entgeltbestandteil enthalten.
Das gilt auch dann, wenn (auch) der übertarifliche Entgeltbestandteil über Jahre entsprechend der Tarifsteigerungen angehoben wurde.
Normenkette
BGB § 362 Abs. 1, §§ 151, 242, 305 Abs. 1, § 307 Abs. 1 Sätze 1-2, § 611 Abs. 1; BPersVG § 75 Abs. 3 Nr. 4; BetrVG § 87 Abs. 1 Nr. 10
Verfahrensgang
ArbG Hamburg (Entscheidung vom 15.02.2017; Aktenzeichen 28 Ca 351/16) |
Nachgehend
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Hamburg vom 15. März 2017 (28 Ca 351/16) wird kostenpflichtig zurückgewiesen.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten über die Frage, ob die Beklagte berechtigt war, die Tariferhöhung in Höhe von 1,5 % zum 01. Oktober 2016 auf das Gehalt der klagenden Partei anzurechnen.
Die klagende Partei ist bei der Beklagten und ihren Rechtsvorgängern seit dem 1. Oktober 1989 beschäftigt.
Die Beklagte ist die Gemeinsame Klassenlotterie der Länder. Ursprünglich gab es die S. (S.) und die N. (N.). Die Durchführung der N. wurde von den Trägerländern einem Bankenkonsortium bestehend aus den Landesbanken der Länder übertragen. Konsortialführerin war die Bank 1 bzw. Bank 2. Zu diesem Zwecke wurde durch das Bankenkonsortium eine BGB-Gesellschaft gegründet, welche auch den vorliegenden Arbeitsvertrag mit der klagenden Partei schloss. Im Jahr 2000 wurde die N. als ein gemeinsamer Eigenbetrieb öffentlichen Rechts der Länder ins Handelsregister eingetragen.
Am 01. April 2009 errichteten die Länder mit dem Staatsvertrag die länderübergreifende Anstalt des öffentlichen Rechts. Diese war Gesamtrechtsnachfolgerin des Eigenbetriebs und des Bankenkonsortiums. Hierbei wurden die Arbeitsverträge durch dreiseitige Überleitungsvereinbarungen von dem Bankenkonsortium übergeleitet. Alle Mitarbeiter wurden über den Betriebsübergang unterrichtet. Dabei wurde ihnen mitgeteilt, dass die Bankentarifverträge zunächst statisch weitergelten sollten, soweit sich aus den Arbeitsverträgen nichts anderes ergab.
Mit Staatsvertrag vom 15. Dezember 2011 wurde die Beklagte mit Wirkung zum 1. Juli 2012 gegründet. Die Beklagte ist Gesamtrechtsnachfolgerin der N. und S. geworden.
Die hinsichtlich der Anwendung der Tarifverträge vereinbarte arbeitsvertragliche Regelung hat folgenden Wortlaut (Anl. K 1, Bl. 6 d.A.):
"Das Arbeitsverhältnis richtet sich nach dem Tarifvertrag für das private Bankengewerbe und die öffentlichen Banken sowie der Dienstordnung in ihrer jeweiligen Fassung."
Die N. wandte aufgrund obiger Verweisungsklausel die Bankentarifverträge an. Dazu gehörte der Manteltarifvertrag und der Gehaltstarifvertrag. Zum Zeitpunkt des Arbeitsvertragsschlusses war sie nicht tarifgebunden.
Der Manteltarifvertrag enthält Regelungen zur Eingruppierung der Mitarbeiter in die Tarifgruppen 1-9. Bei der Bank 1 gab es zudem seit jeher ein hausinternes Vergütungssystem, in dem es neben den Tarifgruppen des Bankentarifvertrages noch 4 übertarifliche Stufen (ÜT) und außertarifliche Stufen (AT) gab. Diese übertariflichen Stufen trugen die Bezifferungen "21, 31, 41 und 51" (vgl. Anl. B 2, Bl. 38 d.A.), waren aber nicht Teil des Tarifvertrages für das private Bankengewerbe und die öffentlichen Banken. Die Vergütung in übertariflichen Stufen wurde und wird als einheitlicher Betrag angegeben. Sie wurde nicht in einen tariflichen und übertariflichen Teil aufgespalten. In den Entgeltabrechnungen werden als zusätzliche Vergütungsbestandteile andere Zulagen - wie z.B. die Kinderzulage - ausgewiesen.
In dem Arbeitsvertrag wurde der klagenden Partei mitgeteilt, dass sie ein Bruttogehalt nach der Tarifgruppe 7 im 8. Berufsjahr erhalte. Mit Schreiben vom 30. Dezember 1996 wurde der klagenden Partei mitgeteilt, dass ihr Gehalt mit Wirkung vom 1. Januar 1997 angehoben werde. Es betrage jetzt in der Tarifgruppe 7 der übertariflichen Stufe 21 DM 5.431 monatlich (Anl. B 3, Bl. 40 d.A.). Inzwischen ist die klagende Partei in die Tarifgruppe 7/11 mit einem Bruttomonatsgehalt von € 4.056,00 sowie in die übertarifliche Stufe "ÜT - 7/51" mit einem Gehalt von € 4.464,00 brutto eingruppiert. Nach übereinstimmenden Angaben der Parteien in der mündlichen Verhandlung vom 13. Juli 2017 sind die meisten Mitarbeiter einer übertariflichen Stufe zugeordnet. Einige erhalten lediglich ein Tarifentgelt, einige wenige ein außertarifliches Gehalt.
Streitig ist, ob das Bankenkonsortium als BGB-Gesellschaft unter der Firma "N." seit dem 25. Oktober 1997 Mitglied im Bundesverband Öffentlicher Banken und Mitglied der Tarifgemeinschaft Öffentlicher Banken war. Zum 31. März 2009 trat die "N." aus der Tarifgemeinschaft Öffentlicher Banken aus.
Vor und nach dem Tarifau...