Entscheidungsstichwort (Thema)
Ausschlussfrist. Geltendmachung tariflicher AZV-Tage
Leitsatz (redaktionell)
Die tarifvertragliche Ausschlussfrist nach § 15 MTV Systemgastronomie findet auf AZV-Tage nach § 3 Nr. 2 MTV Systemgastronomie keine Anwendung (Anschluss an Hessisches LAG Urteil v. 24.06.2002 – 6 Sa 1712/00 und LAG Hamburg Urteil v. 01.07.2005 – 3 Sa 109/04).
Normenkette
MTV Systemgastronomie § 15
Verfahrensgang
ArbG Hamburg (Urteil vom 31.05.2005; Aktenzeichen 1 Ca 666/04) |
Tenor
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Hamburg vom 31. Mai 2005 – 1 Ca 666/04 – wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten darüber, ob der Klägerin für die Jahre 2001 bis 2004 und zukünftig bezahlte freie Tage als Arbeitszeitausgleich (sog. „Arbeitszeitverkürzungstage” – „AZV-Tage”) nach dem Manteltarifvertrag für die Systemgastronomie zustehen.
Die Klägerin ist seit dem 23. Juli 1996 bei der Beklagten in einem ihrer Restaurants als Mitarbeiterin im Rotationssystem zu einer wöchentlichen Arbeitszeit von 40 Stunden bei einer Stundenvergütung von EUR 7,44 brutto beschäftigt (Arbeitsvertrag, Anl. K 1, Bl. 6 ff d.A.). Auf das Arbeitsverhältnis findet kraft beiderseitiger Tarifbindung und einzelvertraglicher Inbezugnahme der zwischen dem Bundesverband der Systemgastronomie e.V. und der Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten geschlossene Bundesmanteltarifvertrag für die Systemgastronomie vom 07. Juli 2000 (zuk. MTV) Anwendung.
Der MTV enthält u. a. folgende Regelungen:
Ӥ 3 Arbeits- und Ruhezeit
1. Regelmäßige Arbeitszeit
Die Regelarbeitszeit, ausschließlich der Pausen, beträgt für vollzeitbeschäftigte Arbeitnehmer/innen täglich 8 Stunden bzw. 40 Stunden wöchentlich bzw. 173 Stunden monatlich. Für Teilzeitbeschäftigte gilt die jeweils vertraglich vereinbarte Arbeitszeit.
…
2. Arbeitszeitausgleich
Für alle vollzeitbeschäftigten Arbeitnehmer/innen ist jeweils für zwei Beschäftigungsmonate ein bezahlter Ausgleichstag zu gewähren.
Der jeweilige Arbeitszeitausgleich ist möglichst innerhalb eines halben Jahres vom Entstehen zu gewähren.
Die Bezahlung der zusätzlichen freien Tage erfolgt nach den Regeln für die Berechnung des Urlaubsentgelts (§ 9 Ziffer 9 dieses Tarifvertrages).
Der jeweilige zusätzliche freie Tag kann nach Abstimmung mit dem/der Arbeitnehmer/in zeitlich geteilt werden.
Kann der Arbeitszeitausgleich wegen Beendigung des Arbeitsverhältnisses ganz oder teilweise nicht gewährt werden, so ist er abzugelten.
Teilzeitbeschäftigte erhalten entsprechend ihrer einzelvertraglichen Arbeitszeit einen anteiligen Arbeitszeitausgleich.
3. Arbeitszeit für Neueinstellungen ab 01.07.1996
a) Bei Neueinstellungen ab 01.07.1996 werden für 1996 keine AZV-Tage gewährt.
1997 erhalten alle Arbeitnehmer/innen einen bezahlten Ausgleichstag.
1998 erhalten alle Arbeitnehmer/innen zwei bezahlte Ausgleichstage.
Beschäftigte, die nicht ein volles Kalenderjahr beschäftigt sind, erhalten diese AZV-Tage anteilig.
Die Gewährung dieser AZV-Tage kann mit übertariflichen Leistungen einzelvertraglich verrechnet werden.
b) Einzelvertraglich kann für Neueinstellungen ab 01.07.1996 eine Jahresarbeitszeitvereinbarung vereinbart werden (maximal bis zu 2076 Stunden).
Mehrarbeit, die über die Obergrenze der Jahresarbeitszeit von 2076 Stunden hinausgeht, ist mit 33% Mehrarbeitszuschlag entweder auszuzahlen oder in Freizeit in gleicher Höhe abzugelten, und zwar nach Ablauf der jeweils vereinbarten Jahresarbeitszeit.
Der jeweilige Arbeitgeber hat ein Jahresarbeitszeitkonto für den/die einzelne/n Arbeitnehmer/in zu führen, und zwar auf monatlicher Basis. Die Arbeitszeitunterlagen sind 2 Jahre aufzubewahren.
4. ….
§ 15 Ausschluss von Ansprüchen
1. Geltendmachung
Ansprüche aus diesem Tarifvertrag sind innerhalb einer Ausschlussfrist von drei Monaten nach ihrer Fälligkeit geltend zu machen. Ansprüche, die nicht innerhalb dieser Frist schriftlich geltend gemacht werden, sind ausgeschlossen. Diese Regelung gilt beiderseitig.
2. Gerichtliche Geltendmachung
Bleibt die rechtzeitige Geltendmachung erfolglos und wird die Erfüllung endgültig schriftlich abgelehnt, so ist der Anspruch innerhalb von drei Monaten seit der Ablehnung gerichtlich geltend zu machen. Eine spätere Geltendmachung ist ausgeschlossen. Diese Regelung gilt beiderseitig. ….”
Im Zusammenhang mit zwischen den Tarifvertragsparteien entstandenem Streit über die Auslegung des § 3 Ziffer 2 und 3a MTV gewährte die Beklagte wie auch andere Systemgastronomieunternehmen bereits ab 1999 bundesweit keine AZV-Tage nach dem MTV mehr. Auf die hierzu ergangenen Urteile des Bundesarbeitsgerichts vom 20. Juni 2001 – 4 AZR 585/00 – AP Nr. 1 zu § 1 TVG Tarifverträge: Systemgastronomie – und 4 AZR 268/00 (Bl. 116 ff d.A.)zu entsprechenden Regelungen des MTV Systemgastronomie vom 06. November 1996, gültig ab 01. Juli 1996, wird verwiesen. Tarifverhandlungen haben bislang nicht zum Abschluss eines neuen Manteltarifvertrages geführt.
Jedenfalls ab 2001 gewährte die Beklagte auch der Kläge...