Entscheidungsstichwort (Thema)
Tarifdynamische Anpassung des übertariflichen Gehalts bei arbeitsvertraglicher Bezugnahme auf die Geltung des Branchentarifvertrags in seiner jeweiligen Fassung. Unbegründete Zahlungsklage aufgrund fehlender Gesamtzusage oder betrieblichen Übung
Leitsatz (amtlich)
1. Verweist ein Arbeitsvertrag auf die Geltung des Branchentarifvertrags in seiner jeweiligen Fassung, kann aufgrund des eindeutigen Wortlauts aus dieser Bezugnahmeklausel kein Anspruch auf eine tarifdynamische Anpassung des außertariflichen Gehalts nach den "AT-Stufen" einer betriebsintern als "Haustarif" bezeichneten Gehaltstabelle hergeleitet werden.
2. Der jährlichen Veröffentlichung von Gehaltstabellen, die neben den tariflichen Gehaltsgruppen übertarifliche ÜT-Stufen und außertarifliche AT-Stufen ausweisen, kann nicht die Gesamtzusage entnommen werden, dass die nächste Erhöhung der Tarifgehälter zu einer entsprechenden Erhöhung der ÜT- und der AT-Stufen führen wird. Die regelmäßige Erhöhung der Gehälter nach den ÜT- und AT-Stufen entsprechend der Tarifsteigerungen begründet auch keine dahin gehende betriebliche Übung. Bei einem hierzu nicht aufgrund seiner Tarifbindung verpflichteten Arbeitgeber kann eine betriebliche Übung der Erhöhung der Löhne und Gehälter entsprechend der Tarifentwicklung in einem bestimmten Tarifgebiet nur entstehen, wenn es über die Weitergabe der Tariferhöhungen hinaus deutliche Anhaltspunkte im Verhalten des Arbeitgebers dafür gibt, dass er auf Dauer die von den Tarifvertragsparteien ausgehandelten Tariferhöhungen übernehmen will (BAG Urt. V. 23.03.201, 4 AZR 268/09, juris Rn 61).
3. Aus dem Umstand, dass der Arbeitgeber seine Entscheidung, die ÜT- und AT-Stufen des "Haustarifs" nicht entsprechend der Steigerung des Branchentarifvertrags zu erhöhen und die übertariflichen Anteile der Gehälter nach den ÜT-Stufen auf die Steigerung des Tarifanteils der Gehälter anzurechnen, ohne Beteiligung des Personalrats getroffen hat, kann sich kein Anspruch der außertariflichen Arbeitnehmer auf eine tarifdynamische Steigerung ihres AT-Gehalts ergeben. Dem Personalrat steht nach § 75 Abs. 3 Nr. 4 BPersVG kein Mitbestimmungsrecht zu. Durch die Entscheidung, die AT-Stufen nicht entsprechend der Steigerung der Bankentarifverträge anzuheben, hat der Arbeitgeber weder die Lohngestaltung noch die Entlohnungsgrundsätze für die AT-Angestellten verändert. Die AT-Stufen stellen ein eigenes Entgeltsystem der AT-Angestellten dar. Die Entscheidung über den Abstand der untersten AT-Stufe von der obersten Tarifgruppe unterliegt nicht der Mitbestimmung nach § 75 Abs. 3 Nr. 4 BPersVG.
Normenkette
BGB §§ 145, 151; BetrVG § 87 Abs. 1 Nr. 10; BPersVG § 75 Abs. 3 Nr. 4; BGB §§ 242, 611a
Verfahrensgang
ArbG Hamburg (Entscheidung vom 22.02.2017; Aktenzeichen 22 Ca 295/16) |
Nachgehend
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Hamburg vom 22. Februar 2017 - Az. 22 Ca 295/16 - wird auf seine Kosten zurückgewiesen.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Der Kläger verlangt die Zahlung von Entgelt. Er hält die Beklagte für verpflichtet, die regelmäßigen Gehaltszahlungen entsprechend der Tarifsteigerung des Branchentarifvertrags zu erhöhen. Demgegenüber geht die Beklagte davon aus, zur Anrechnung von Bestandteilen der regelmäßigen Gehaltszahlungen auf die Tariferhöhung berechtigt gewesen zu sein.
Der Kläger ist bei der Beklagten und ihren Rechtsvorgängern seit dem 23. August 1993 beschäftigt.
Die Beklagte als gemeinsame Klassenlotterie der Länder mit Sitz in Hamburg und M. ist eine Anstalt öffentlichen Rechts. Sie ist die staatliche Anbieterin von Klassenlotterie und Glücksspielen in Deutschland und wird von den 16 Bundesländern getragen. Ursprünglich gab es die S. und die N., jeweils gegründet im Jahre 1947. Die Durchführung der N. wurde von den Trägerländern einem Bankenkonsortium bestehend aus den Landesbanken der Länder übertragen. Konsortialführerin war die Bank 1. Zu diesem Zwecke wurde durch das Bankenkonsortium eine BGB-Gesellschaft gegründet, die auch den Arbeitsvertrag mit der klagenden Partei schloss.
Im Jahr 2000 wurde die N. (N.) als gemeinsamer Eigenbetrieb öffentlichen Rechts der Länder ins Handelsregister eingetragen.
Zum 1. April 2009 errichteten die Länder durch den sogen. N.-Staatsvertrag die N. als länderübergreifende Anstalt des öffentlichen Rechts. Diese war Gesamtrechtsnachfolgerin des Eigenbetriebs und des Bankenkonsortiums. Die Beklagte als Gemeinsame Klassenlotterie der Länder wurde durch Staatsvertrag vom 15. Dezember 2011 mit Wirkung zum 01. Juli 2012 gegründet. Sie ist Gesamtrechtsnachfolgerin der N. und der S..
Dem Arbeitsverhältnis der Parteien liegt ein Schreiben der "N. N. Lotterie-Direktion" vom 31. Juli 1990 zugrunde, mit dem die Lotterie-Direktion im Namen des Bankenkonsortiums des Klägers seine (zunächst befristete) Einstellung als DV-Organisator zum 1. Januar 1991 bestätigte und ihm u.a. mitteilte:
"...Das Arbeitsverhältnis...