Entscheidungsstichwort (Thema)
Inzidentkontrolle nach Ablauf der Wegfrist von drei Wochen
Leitsatz (amtlich)
Die Unwirksamkeit einer Sachgrundbefristung kann bei der Überprüfung eines anschließenden nach § 1 Abs. 1 BeschFG befristeten Vertrages auch dann noch berücksichtigt werden, wenn nicht innerhalb von drei Wochen nach Ablauf des vermeintlich mit Sachgrund befristeten Vertrages eine Feststellungsklage gegen die Wirksamkeit der Befristung anhängig gemacht worden ist.
Normenkette
BGB § 620; BeschFG § 1
Verfahrensgang
ArbG Hamburg (Urteil vom 22.10.1998; Aktenzeichen 15 Ca 139/98) |
Tenor
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Hamburg vom 22. Oktober 1998 (15 Ca 139/98) wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Der Kläger verlangt mit der Klage die Feststellung der Unwirksamkeit einer Befristung.
Der am 1. Juni 1966 geborene Kläger ist seit dem 30. Mai 1996 bei der Beklagten als Kraftfahrer mit einer Wochenarbeitszeit von zuletzt 20 Stunden und einem Monatsentgelt in Höhe von zuletzt DM 2400,– brutto beschäftigt. Arbeitsvertraglich ist die Geltung des Tarifvertrages für die Arbeiter der Deutschen Bundespost vereinbart.
Der Kläger vereinbarte mit der Beklagten zunächst einen Arbeitsvertrag, der bei 20 Wochearbeitsstunden eine Befristung vom 30. Mai 1996 bis zum 31. März 1997 vorsah. Als Zweck der Befristung war angegeben: „Bis zum Netzanschluss des BZ Hamburg Zentrum”. Durch Änderungsvertrag vom 9. Januar 1997 wurde die Wochenarbeitszeit von 20 auf 37,5 Stunden hochgesetzt. Für die Änderung der Wochenarbeitszeit wurde als Grund angegeben: „Personalunterdeckung ab dem 27.01.1997 im Bereich vAkr für den Fuhrdienst in der Führerscheinklasse 3”. Mit Arbeitsvertrag vom 1. April 1997 wurde für den Zeitraum vom 1. April 1997 bis zum 30. Juni 1997 eine Tätigkeit mit 20 Wochestunden aufgrund § 1 Abs. 1 BeschFG vereinbart. Ein Änderungsvertrag vom 17. Juni 1997 sah eine Verlängerung dieser befristeten Tätigkeit bis zum 30. September 1997 vor. Durch Änderungsvertrag vom 22. September 1997 wurde die Tätigkeit bis zum 4. Januar 1998 und durch Änderungsvertrag vom 22. Dezember 1997 bis zum 30. Juni 1998 verlängert. Wegen der Einzelheiten der vertraglichen Vereinbarungen wird auf die anlagen K 1 bis K 6 zur Klagschrift (Bl. 7 ff d.A.) verwiesen. Nach Ablauf der Befristung zum 30. Juni 1998 teilte die Beklagte dem Kläger mit, dass eine Weiterbeschäftigung des Klägers nicht beabsichtigt sei.
Der Kläger war im Rahmen der Befristungen zunächst als Springer und dann als ständiger Fahrer im Fuhrpark tätig. Auch nach dem Ausscheiden des Klägers setzte die Beklagte auf solchen Arbeitsplätzen wieder befristet eingestellte Arbeitskräfte ein.
Der Kläger hat vorgetragen, dass es einen sachlichen Grund für die Befristung der Arbeitsverträge vom 28. Mai 1996 und 9. Januar 1997 nicht gegeben habe. Aus diesem Grunde hätten sich an diese Verträge auch keine wirksamen Befristungen nach § 1 Abs. 1 BeschFG anschließen können.
Der Kläger hat beantragt,
festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis nicht mit Ablauf des 30. Juni 1998 geendet hat, sondern unbefristet mit einer Wochenarbeitszeit von 20 Stunden über den 30. Juni 1998 hinaus fortbesteht.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat vorgetragen, dass jedenfalls die letzte Befristung, auf die es allein ankomme, wirksam sei. Der Kläger könne sich nicht darauf berufen, dass die Befristung eines vorhergehender mit Sachgrund befristeten Arbeitsvertrages unwirksam sei.
Das Arbeitsgericht Hamburg hat durch Urteil vom 22. Oktober 1998 der Klage stattgegeben und zur Begründung ausgeführt, dass für die letzte Befristung kein sachlicher Grund vorgelegen habe und auch die Voraussetzungen nach § 1 Abs. 1 BeschFG nicht erfüllt gewesen seien. Einen sachlichen Grund habe die Beklagte nicht dargelegt. Da der Kläger geltend gemacht habe, dass sich seit seiner Einstellung am 28. Mai 1996 nicht geändert habe, handele es sich bei der Befristung bis zum 30. Juni 1998 bereits um die vierte, mit der die zulässige Höchstdauer von zwei Jahren überschritten werde. Das Fehlen eines sachlichen Grundes für den Vertrag vom 28. Mai 1996 könne inzident auch noch bei der Prüfung der letztmaligen Befristung berücksichtigt werden, weil es sonst nicht möglich wäre, eine Überschreitung der höchstzulässigen Anzahl von Verlängerungen und der Höchstdauer der Befristungen festzustellen.
Gegen dieses Urteil, das der Beklagten am 4. Februar 1999 zugestellt wurde, hat sie mit Schriftsatz vom 24. Februar 1999, beim Landesarbeitsgericht eingegangen am 4. März 1999, Berufung eingelegt und diese mit Schriftsatz vom 6. April 1999 (Dienstag nach Ostern), beim Landesarbeitsgericht eingegangen am selben Tage, begründet. Die Beklagte trägt vor, dass für die beiden ersten Befristungen ein sachlicher Grund vorgelegen habe, der sich aus dem im Vertrag angegebenen Zweck bzw. dem Grund für die Aufstockung der Arbeitszeit ergebe. Im Übrigen komme es allein auf die Befristung aus dem Vertra...