Entscheidungsstichwort (Thema)
Wirksamkeit der Befristung eines Arbeitsverhältnisses bei mittelbarer Vertretung
Leitsatz (amtlich)
Voraussetzung für die Wirksamkeit einer mittelbaren Vertretung ist regelmäßig die gedankliche Zuordnung zu einer bestimmten Vertretungskette bei Abschluss des befristeten Vertrags.
Diese gedankliche Zuordnung muss in nach außen erkennbarer Weise dokumentiert werden.
Normenkette
TzBfG § 14 Abs. 1 S. 2 Nr. 3
Verfahrensgang
ArbG Hamburg (Entscheidung vom 17.11.2015; Aktenzeichen 21 Ca 161/15) |
Nachgehend
Tenor
1. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Hamburg vom 17.11.2015 (21 Ca 161/15) wird zurückgewiesen.
2. Die Beklagte hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
3. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten um die Wirksamkeit einer Befristung.
Die am ...1956 geborene Klägerin war seit dem 01.11.2010 - mit Ausnahme der jährlichen "großen" Ferien - ohne Unterbrechung für die Beklagte als Lehrerin für das Fach "Darstellendes Spiel" am G.-Gymnasium tätig. Der Beschäftigung lagen insgesamt 10 befristete Arbeitsverträge mit der Beklagten mit unterschiedlichen Anteilen einer Vollzeitkraft zugrunde. In keinem der Verträge war die Tätigkeit an einer bestimmten Schule vereinbart. Der letzte Arbeitsvertrag der Parteien (Anl. K10, Bl.18ff d.A.) datiert vom 10.07.2014 und sah eine Tätigkeit vom 19.08.2014 bis 15.07.2015 im Umfang von 50 % einer Vollzeitkraft und eine Eingruppierung in Entgeltgruppe 9 TV-L vor, was einem monatlichen Bruttogehalt von € 1.242,29 entspricht. In einem am 30.06.2014 vom stellvertretenden Schulleiter des G.-Gymnasiums ausgefüllten "Lehrauftrag" (Anl. B2, Bl. 29 d.A.) ist als Unterrichtseinsatz die "Sekundarstufe II / Darstellendes Spiel/Theater" vorgesehen. Als Begründung ist "Aufgaben von begrenzter Dauer" angegeben. Unter Bemerkungen heißt es "Frau R. (Arbeitszeit 100%) geht in ein Sabbatjahr".
Während ihres Sabbatjahres wurde Frau R., die Bildende Kunst und Mathematik unterrichtet, in einem Wahlpflichtkurs des Jahrgangs 8 im Bereich "Bildende Kunst" von Frau S. vertreten. Diese musste aufgrund dessen in einem Englischkurs (...) im Umfang von 6 Wochenstunden von Frau E. vertreten werden. Für Frau E. übernahm die Klägerin zwei Theater-Kurse in den Jahrgängen 12 und 13.
Zwei weitere Kurse "Bildende Kunst" von Frau R. in den Klassen 7.. und 5.. übernahm Frau E1, die aufgrund dessen in einem Französischkurs im Jahrgang 9 im Umfang von 5,8 Wochenstunden von Herrn T. vertreten werden musste. Die Klägerin übernahm deshalb für Herrn T. einen Theaterkurs im Jahrgang 13 im gleichen Umfang.
Drei weitere Kunstkurse von Frau R. (7.., 7.. und ...) übernahm Frau A., die deshalb in zwei Spanischkursen in den Jahrgängen 8 und 9 im Umfang von 5,8 bzw. 1,4 Stunden von Frau A1 vertreten werden musste. Die Klägerin hat dafür Frau A1 in 2 Theaterkursen (Thea ... im Jahrgang 12 und Thea ... im Jahrgang 11) vertreten.
Mit ihrer am 08.04.2015 bei Gericht eingegangenen und der Beklagten am 20.04.2015 zugestellten Klage begehrt die Klägerin die Feststellung der Unwirksamkeit der Befristung und Weiterbeschäftigung. Es fehle an einem sachlichen Grund für die Befristung. Die wiederholte Tätigkeit im gleichen Fach an der gleichen Schule belege, dass dort ein dauerhafter Bedarf an der Tätigkeit der Klägerin bestehe.
Die Klägerin hat beantragt,
1. Es wird festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien nicht aufgrund der am 19.08.2014 vereinbarten Befristung am 15.07.2015 beendet wird.
2. Im Fall des Obsiegens mit dem Antrag zu 1 wird die Beklagte verurteilt, die Klägerin bis zum rechtskräftigen Abschluss des Verfahrens zu unveränderten arbeitsvertraglichen Bedingungen als Lehrerin weiter zu beschäftigen.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat die Ansicht vertreten, die Befristung sei gemäß § 14 I 2 Ziffer 3 gerechtfertigt. Es handele sich um einen Fall der mittelbaren Stellvertretung. Unter Einbeziehung einer Stunde "Funktionszeit" ergäbe sich aus den Vertretungen exakt der Umfang der vertraglich geschuldeten Arbeitszeit der Klägerin.
Das Arbeitsgericht hat die Beklagte antragsgemäß verurteilt. Die Befristung sei unwirksam, selbst wenn ein Vertretungsbedarf zu Gunsten der Beklagten unterstellt werde. Da die Klägerin nach ihrem Arbeitsvertrag an allen Hamburger Schulen eingesetzt werden könne, könne für den sachlichen Grund nicht auf eine einzelne Schule abgestellt werden. Im Übrigen sei die streitgegenständliche Befristung auch wegen institutionellen Rechtsmissbrauchs unwirksam. Wegen der Einzelheiten wird auf die Entscheidungsgründe des Arbeitsgerichts (Bl. 54 - 60 d.A.) Bezug genommen.
Gegen das am 17.11.2015 verkündete und der Beklagten am 16.12.2015 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 06.01.2016 Berufung eingelegt und diese - nach Verlängerung der Begründungsfrist bis zum 16.03.2016 - am 11.03.2016 begründet.
Die Beklagte meint, das Arbeitsgericht sei fehlerhaft von ...