Verfahrensgang
ArbG Hamburg (Urteil vom 17.08.1984; Aktenzeichen 13 Ca 487/83) |
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Hamburg vom 17. August 1984 – 13 Ca 487/83 – wie folgt abgeändert:
Die Klage wird abgewiesen. Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen. Der Streitwert wird auf 9.712,– DM festgesetzt.
Die Revision wird in dem aus den Urteilsgründen ersichtlichen Umfang zugelassen.
Tatbestand
Der am 3. Oktober 1941 geborene und ledige Kläger war seit dem 23. September 1964 zunächst als Dreher bei der Beklagten beschäftigt. Seit 1981 war er wegen Abnutzung seiner Kniegelenke in der Fernschreib- und Telefonzentrale mit einem Brutto-Monatsverdienst von zuletzt 2.428,– DM eingesetzt.
Im Zuge ihres „Unternehmenskonzepts 1983” (Bl. 71 ff d.A.) hat die Beklagte die Fernschreibzentrale unstreitig aufgelöst und den Arbeitsplatz des Klägers eingespart. Die Beklagte hat die Fernschreibarbeiten auf die bei ihr noch vorhandenen Sekretärinnen und Schreibkräfte verteilt und der Feuerwehrzentrale die Vermittlung der Ferngespräche übertragen, soweit diese nicht im Durchwahlverkehr abgewickelt werden können.
Die Beklagte hat dem Kläger mit Schreiben vom 21. September 1983 das Arbeitsverhältnis hiernach zum 31. März 1984 aufgekündigt.
Der Kläger wendet sich in diesem Rechtsstreit gegen diese Kündigung und hat hierzu schon in der Vorinstanz in erster Linie geltend gemacht, daß der Betriebsrat nicht ordnungsgemäß gehört worden sei. Die Beklagte habe nämlich am 6. September 1983 gleichzeitig wegen insgesamt 1.354 beabsichtigter betriebsbedingter Kündigungen – einschließlich der bevorstehenden Entlassung des Klägers – das Anhörungsverfahren durch Überreichung umfangreicher Listen an den Betriebsrat eingeleitet. Gleichzeitig habe die Beklagte den Betriebsrat aufgefordert, bis zum 13. September 1983 zu den beabsichtigten Kündigungen abschließend Stellung zu nehmen. Der Betriebsrat hat demgegenüber zunächst einen Beschluß des Arbeitsgerichts Hamburg im Wege einer einstweiligen Verfügung am 13. September 1983 erwirkt (12 GaBv 3/83), wonach der Beklagten untersagt worden sei, personelle Maßnahmen im Zusammenhang mit der Betriebsänderung gegenüber gewerblichen Mitarbeitern vor dem 12. Oktober 1983 und gegenüber angestellten Mitarbeitern vor dem 27. September 1983 durchzuführen. Das Arbeitsgericht habe in diesem Zusammenhang ausgeführt, daß die einwöchentliche Anhörungsfrist des § 102 Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG) im Falle dieser Massenentlassung nicht ausreiche und entsprechend verlängert werden müsse. Auf die Beschwerde der Beklagten habe das Landesarbeitsgericht mit Beschluß vom 21. September 1983 (6 TaBv 23/83) die Entscheidung des Arbeitsgerichts vom 13. September 1983 abgeändert und die Anträge des Betriebsrats zurückgewiesen. Danach habe die Beklagte sofort die von ihr beabsichtigte Kündigung des Arbeitsverhältnisses mit dem Kläger ausgesprochen.
Der Kläger hat hierzu schon in der Vorinstanz die Auffassung vertreten, daß die Wochenfrist des § 102 BetrVG im Falle einer Massenentlassung in diesem Umfang um einen angemessenen Zeitraum verlängert werden müsse, weil sonst dem Betriebsrat keine ausreichende Zeit zur Beratung über die bevorstehenden Kündigungen verbleibe. Insoweit habe die Beklagte vor Ablauf der Anhörungsfrist gekündigt mit der Folge, daß die Kündigung schon aus diesem Grunde unwirksam sei. Aber selbst wenn man dieser Rechtsansicht nicht folge, könne der Zeitraum zwischen der Entscheidung des Arbeitsgerichts und der anderslautenden Entscheidung des Landesarbeitsgerichts nicht in die Anhörungsfrist eingerechnet werden. Hierdurch verlängerte sich die Anhörungsfrist um 1 1/2 Tage wiederum mit der Folge, daß auch vor Ablauf dieses Zeitraums die Beklagte vorzeitig und damit rechtsunwirksam die Kündigung ausgesprochen habe.
Darüber hinaus genieße der Kläger den Kündigungsschutz als Schwerbehinderter, obwohl er bisher nur eine Minderung der Erwerbsunfähigkeit von weniger als 50% bescheinigt erhalten habe, denn er habe ein neuerliches Anerkennungsverfahren laufen, dessen Ausgang die Beklagte abwarten müsse.
Darüber hinaus habe die Beklagte insbesondere die soziale Auswahl nicht gewahrt, denn der Kläger könne sich mit sämtlichen Sekretärinnen in allen Abteilungen der Beklagten vergleichen und zwischen diesen und ihm hätte die Beklagte eine soziale Auswahl durchführen müssen. Der Kläger habe nämlich eine kaufmännische Ausbildung, er könne Englisch sprechen, Schreibmaschine und Stenographie schreiben.
Der Kläger hat daher in der Vorinstanz die Feststellung beantragt, daß das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien durch die ordentliche Kündigung seitens der Beklagten vom 21. September 1983 zum 31. März 1984 nicht aufgelöst worden sei und die Beklagte darüber hinaus verurteilt werde, den Kläger zu unveränderten Arbeitsbedingungen weiterzubeschäftigen.
Die Beklagte hat demgegenüber in der Vorinstanz beantragt, die Klage abzuweisen.
Die Beklagte hat hierzu in der Vorinstanz im wesentlichen folg...