Entscheidungsstichwort (Thema)
Betriebsrentenanpassung aufgrund einer Versorgungsordnung mit Anpassungsvorbehalt. Zahlungsklage auf wiederkehrende Leistungen bei unzureichenden Darlegungen der Arbeitgeberin zu den finanziellen Gründen ihrer Anpassungsentscheidung
Leitsatz (amtlich)
Ist in einem Tarifvertrag über die betriebliche Altersversorgung vorgesehen, dass der Vorstand von einer für den Regelfall vorgesehenen Erhöhung der Betriebsrente entsprechend der Steigerung der gesetzlichen Altersrente absehen kann, wenn er eine solche Steigerung für nicht vertretbar hält, kann dieser Vorbehalt nur in Anspruch genommen werden, wenn auf das Unternehmen bezogene wirtschaftliche Gründe der Bereitstellung der finanziellen Mittel für die regelhaft vorgesehene Betriebsrentenerhöhung entgegenstehen.
Normenkette
BetrAVG § 16; BetrVG § 77; BGB § 315; ZPO § 258
Verfahrensgang
ArbG Hamburg (Entscheidung vom 09.03.2017; Aktenzeichen 11 Ca 301/16) |
Nachgehend
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Hamburg vom 9. März 2017 - Az. 11 Ca 301/16 - unter Zurückweisung der weitergehenden Berufung geringfügig abgeändert und zur Klarstellung insgesamt wie folgt neu gefasst:
Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin beginnend mit dem 01. August 2016 über den Betrag von € 1.021,65 brutto hinaus jeweils zum 01. eines Monats einen Betrag in Höhe von € 54,91 brutto zu zahlen.
Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin einen Betrag von € 248,71 brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab Rechtskraft zu zahlen.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
Die Revision wird nur für die Beklagte zugelassen.
Tatbestand
Die klagende Partei verlangt eine höhere Anpassung ihrer Betriebsrente für die Jahre 2015 und 2016.
Die klagende Partei war bis zum 31. Juli 2006 bei einem Unternehmen des B.-Konzerns tätig, dessen Rechtsnachfolgerin die Beklagte ist. Die Beklagte ist als Versicherungsunternehmen in den deutschen A.-Konzern eingebunden. Die klagende Partei bezieht seit dem 1. August 2006 eine Betriebsrente.
Die B. errichtete bereits in den 60-ger Jahren eine betriebliche Altersversorgung, die als "Betriebliches Versorgungswerk" bezeichnet wurde. Die Ansprüche waren (und sind) in einer Gesamtbetriebsvereinbarung geregelt, die sich in Grundbestimmungen, Ausführungsbestimmungen und Übergangsbestimmungen gliedert und für Mitarbeiter gilt, die bis zum 31. März 1985 Mitarbeiter eines B.-Unternehmens wurden.
§ 6 der Ausführungsbestimmungen des Betrieblichen Versorgungswerks lautet:
"§ 6 Anpassung der betrieblichen Versorgungsbezüge an veränderte wirtschaftliche Verhältnisse
1. Die Gesamtversorgungsbezüge werden jeweils entsprechend der gemäß § 49 AVG vorgegebenen Entwicklung der Renten der gesetzlichen Rentenversicherung angepasst. (...)
2. Die Anpassung der Gesamtversorgungsbezüge erfolgt zum gleichen Zeitpunkt, zu dem die Renten der gesetzlichen Rentenversicherung verändert werden.
3. Hält der Vorstand die Veränderung der Gesamtversorgungsbezüge nach Ziffer 1 nicht für vertretbar, so schlägt er nach Anhören der Betriebsräte/des Gesamtbetriebsrates dem Aufsichtsrat zur gemeinsamen Beschlussfassung vor, was nach seiner Auffassung geschehen soll.
Der Beschluss ersetzt die Anpassung gemäß Ziffer 1.
....."
Im Jahr 1985 vereinbarten die Tarifgemeinschaft der B. Unternehmensgruppe und die Gewerkschaft Handel, Banken und Versicherungen die "Versorgungsordnung vom 01.04.1985 - Tarifvertrag über die betriebliche Versorgungsordnung - 01.04.1985" (im Folgenden VO 85). Arbeitnehmer, die nach dem 31. März 1985 in ein Unternehmen der B.-Unternehmensgruppe eingetreten sind, haben Anspruch auf eine betriebliche Altersversorgung nach den Regelungen der VO 85. Hierbei sind die Regelungen der VO 85 an die Bestimmungen des Betrieblichen Versorgungswerks angelehnt. Gewährt wird u.a. eine Altersrente, die in § 5 Ziff. 1 der VO 85 geregelt ist.
In § 1 Ziff. 3 VO 85 ist Folgendes bestimmt:
"Auf die Versorgungsleistungen besteht ein Rechtsanspruch.
Die B.-Unternehmen behalten sich vor, durch Beschlüsse im Vorstand und Aufsichtsrat die Leistungen zu kürzen oder einzustellen, wenn die bei Erteilung der Zusage maßgebenden Verhältnisse sich nachhaltig so wesentlich geändert haben, daß den B.-Unternehmen die Aufrechterhaltung der zugesagten Leistungen auch unter objektiver Beachtung der Belange des Versorgungsberechtigten nicht mehr zugemutet werden kann."
§ 6 der VO 85 "Anpassung der Renten" lautet:
1. "Die Renten werden jeweils entsprechend der gemäß § 49 AVG vorgegebenen Entwicklung der Renten der gesetzlichen Rentenversicherung angepasst.
2. Die Anpassung der Renten erfolgt zum gleichen Zeitpunkt, zu dem die Renten der gesetzlichen Rentenversicherung verändert werden.
3. Die Renten werden angepasst, wenn der Versicherungsfall vor dem 01.12. des Vorjahres eingetreten ist.
4. Hält der Vorstand die Veränderung der Renten nach Ziffe...