Entscheidungsstichwort (Thema)
Rechtsstellung des stellvertretenden Datenschutzbeauftragten
Leitsatz (amtlich)
Eine gesetzliche Pflicht zur Bestellung eines (stellvertretenden) Datenschutzbeauftragten ergibt sch aus § 4f I 1 BDSG, wenn der zunächst bestellte Datenschutzbeauftragte für einen längeren Zeitraum verhindert ist und Aufgaben im Zuständigkeitsbereich des Datenschutzbeauftragten zu erledigen sind.
Stellvertretende Datenschutzbeauftragte genießen jedenfalls dann den Sonderkündigungsschutz gemäß § 4f III 5 BDSG, wenn sie während der Verhinderung des (Haupt-) Datenschutzbeauftragten dessen Tätigkeit tatsächlich wahrgenommen haben.
Normenkette
BDSG 1990 § 4f Abs. 3 Sätze 5-6, Abs. 1 S. 1
Verfahrensgang
ArbG Hamburg (Entscheidung vom 13.04.2016; Aktenzeichen 27 Ca 486/15) |
Nachgehend
Tenor
1. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Hamburg vom 13.04.2016 (27 Ca 486/15) wird zurückgewiesen.
2. Die Beklagte hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
3. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten um die Wirksamkeit einer ordentlichen Kündigung.
Bei der Beklagten handelt es sich um eine Betriebskrankenkasse in der Rechtsform einer Körperschaft des öffentlichen Rechts mit ca. 400 Mitarbeitern. Es besteht ein Personalrat. Der Kläger ist bei der Beklagten seit dem 01.04.2014 im Rahmen eines Pilotprojekts als Referent Risikomanagement auf Grundlage eines Arbeitsvertrages beschäftigt.
Zum 01.11.2012 berief die Beklagte eine Mitarbeiterin als Datenschutzbeauftragte. Nachdem diese längere Zeit arbeitsunfähig erkrankt war, berief die Beklagte den Kläger mit Schreiben vom 01.08.2014 mit dessen Zustimmung ab dem 01.08.2014 befristet bis zum 01.02.2015 zum stellvertretenden Datenschutzbeauftragten. Der Kläger führte in dieser Funktion u.a. folgende Aufgaben aus: Verfahrensbesprechung zur Prüfung der Auftragsdatenverarbeitung durch den Dienstleister, Erörterung der Veröffentlichung einer Arbeitsunfähigkeitsstatistik sowie die Führung von Mitarbeitergesprächen mit dem Vorstand u.a. mit Sachstandsmeldung zum Datenschutz (bzgl. der weiteren Einzelheiten wird auf Bl. 211 - 218 d.A. verwiesen). Die ursprünglich als Datenschutzbeauftragte berufene Mitarbeiterin war ab dem 01.03.2015 wieder arbeitsfähig. Am 18.08.2015 entschied sich die Beklagte, die Aufgaben des Referenten Risikomanagements von dem Vorstand der Beklagten ausüben zu lassen und erklärte dem Kläger gegenüber mit Schreiben vom 01.10.2015 die Kündigung des Arbeitsverhältnisses zum 31.10.2015.
Gegen diese Kündigung hat der Kläger am 13.10.2015 Kündigungsschutzklage erhoben, die der Beklagten am 22.10.2015 zugestellt worden ist.
Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben. Die Kündigung sei gemäß § 4f III BDSG unwirksam, weil der Kläger als ehemaliger Datenschutzbeauftragter nachwirkenden Kündigungsschutz genieße, die Kündigung also aus wichtigem Grund möglich gewesen wäre, dessen Vorliegen auch die Beklagte nicht behaupte. Wegen der Einzelheiten wird auf die Entscheidungsgründe (Bl. 120 - 125 d.A.) Bezug genommen.
Gegen das am 13.04.2016 verkündete und den Prozessbevollmächtigten der Beklagten am 22.04.2016 zugestellte Urteil hat die Beklagte am Montag, dem 23.05.2016, Berufung eingelegt und diese am 10.06.2016 begründet.
Die Beklagte ist der Auffassung, dass die Voraussetzungen des nachwirkenden Sonderkündigungsschutzes nach § 4f III 6 BDSG nicht erfüllt seien. § 4f III 6 BDSG setze zunächst eine Abberufung des Datenschutzbeauftragen voraus. Eine Abberufung i.S.v. § 4f III 6 BDSG liege nicht vor, da das Amt des Klägers als stellvertretender Datenschutzbeauftragter unstreitig mit Befristungsablauf endete und der Befristungsauslauf mit der Abberufung nicht gleichzusetzen sei. Denn der nachwirkende Sonderkündigungsschutz des § 4f III 6 BDSG solle den Arbeitnehmer nur davor bewahren, dass das Arbeitsverhältnis aufgrund eines Konflikts gekündigt werde, dessen Ursache in der Ausübung der Funktion als Datenschutzbeauftragter liege. An einer solchen Konfliktsituation fehle es bei der Beendigung der Bestellung durch Befristungsauslauf. Ferner ist die Beklagte der Auffassung, dass es an einer für § 4f III 6 BDSG notwendigen gesetzlichen Verpflichtung zur Bestellung eines stellvertretenden Datenschutzbeauftragten fehle. Das Gesetz habe eine lückenlose Verfügbarkeit des Datenschutzbeauftragten nicht sicherstellen wollen. Dies ergebe sich aus § 4f I 4 BDSG, wonach in Kleinbetrieben nichtöffentlicher Stellen keine Verpflichtung zur Bestellung von Datenschutzbeauftragten bestehe. Allein die tatsächliche Ausübung der Tätigkeit reiche für die Nachwirkung des Sonderkündigungsschutzes nicht aus. Schließlich ist die Beklagte der Auffassung, dass sich der Sonderkündigungsschutz des § 4f III 5 BDSG nicht auf den stellvertretenden Datenschutzbeauftragten erstrecke. Dies ergebe sich zum einen aus der inneren Systematik des § 4f BDSG. Dem § 4f III BDSG sei im Verhältnis zwischen § 4f III 1-4 BD...