Entscheidungsstichwort (Thema)

Altersgrenzenregelung des § 5 MTV Hamburger Hochbahn. Beendigung des Arbeitsverhältnisses bei Erreichen des Rentenalters

 

Leitsatz (amtlich)

Die Regelung in § 20 Abs. 5 MTV Hochbahn, nach der das Arbeitsverhältnis mit Ablauf des Monats endete, in dem der Beschäftigte das 65. Lebensjahr vollendete, ist wirksam.

 

Normenkette

TVG § 1; TzBfG § 14 Abs. 1 S. 1; GG Art. 3 Abs. 1; EGRL 78/2000 Art. 6 Abs. 1, Art. 4 Abs. 1; AGG §§ 1, 7 Abs. 1, § 10 S. 3 Nr. 5

 

Verfahrensgang

ArbG Hamburg (Urteil vom 26.07.2010; Aktenzeichen 22 Ca 33/10)

 

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Hamburg vom 26. Juli 2010 – 22 Ca 33/10 – abgeändert:

Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer tariflichen Regelung, die die Beendigung des Arbeitsverhältnisses mit Erreichen des gesetzlichen Rentenalters vorsieht.

Der 1945 geborene Kläger ist seit dem 1. Juni 1981 bei der Beklagten als Haltestellenwärter mit einer monatlichen Bruttovergütung in Höhe von zuletzt durchschnittlich EUR 2.836,67 EUR beschäftigt. Grundlage der vertraglichen Beziehungen ist der Arbeitsvertrag vom 01. Juni 1981; wegen der Einzelheiten wird auf die Anlage K 1 Bezug genommen.

Auf das Arbeitsverhältnis findet der Manteltarifvertrag der HH AG vom 24. November 1998 / 10. Februar 1999 (im Folgenden: MTV HH AG) kraft einzelvertraglicher Vereinbarung Anwendung. § 20 Abs. 5 dieses MTV lautete zunächst wie folgt:

„Ohne dass es einer Kündigung bedarf, endet das Arbeitsverhältnis mit Ablauf des Monats, in dem der Mitarbeiter das 65. Lebensjahr vollendet, es sei denn, dass das Arbeitsverhältnis im beiderseitigen Einvernehmen fortgesetzt wird. Einzelbestimmungen regelt eine Betriebsvereinbarung.”

Am 07. Mai 2010 änderten die Tarifvertragsparteien § 20 Abs. 5 MTV HH AG wie folgt (Anlage B 1):

„Ohne dass es einer Kündigung bedarf, endet das Arbeitsverhältnis mit Ablauf des Monats, in dem der Mitarbeiter die Regelaltersgrenze der gesetzlichen Rentenversicherung erreicht.”

Ergänzend vereinbarten die Tarifvertragsparteien eine Protokollnotiz zu § 20 Abs. 5 MTV HH AG, in der es wie folgt heißt:

„Mit dieser Reglung verfolgen die Tarifvertragsparteien, wie schon in der Vergangenheit, primär arbeitsmarktpolitische Ziele. Neben der Förderung der Beschäftigungsverteilung zwischen den Generationen soll damit auch ein positiver Beitrag zur Reduzierung der Arbeitslosigkeit geleistet werden.”

Mit Schreiben vom 22. August 2009 begehrte der Kläger die Beschäftigung über die Vollendung des 65. Lebensjahres hinaus. Mit Schreiben vom 22. September 2009 lehnte die Beklagte das Begehren des Klägers unter Berufung auf § 20 MTV HH AG ab und teilte ferner mit, dass das Arbeitsverhältnis automatisch mit dem 31. Mai 2010 enden werde.

Mit der am 23. Dezember 2009 beim Arbeitsgericht Hamburg eingegangenen Klage hat der Kläger sein Begehren weiterverfolgt. Er hat vorgetragen, die automatische Beendigung des Arbeitsverhältnisses mit Ablauf des Monats, in dem das 65. Lebensjahr erreicht wird, sei europarechtswidrig und verstoße gegen die Regelungen des AGG sowie gegen § 14 TzBfG, so dass sein Arbeitsverhältnis mit der Beklagten über den 31. Mai 2010 hinaus fortbestehe.

Der Kläger hat beantragt:

  1. Es wird festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien nicht mit Ablauf des 31. Mai 2010 endet, sondern darüber hinaus zu unveränderten Bedingungen fortbesteht.
  2. Die Beklagte wird verurteilt, den Kläger vorläufig bis zum rechtskräftigen Abschluss des Bestandsschutzverfahrens zu unveränderten Bedingungen als Haltestellenwärter zu den Bedingungen des Anstellungsvertrages aus dem Jahr 1981 weiterzubeschäftigen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat erwidert, die in § 20 Abs. 5 MTV HH AG vorgesehene Altersbefristung sei gemäß § 10 Satz 3 Nr. 5 AGG zulässig und damit rechtmäßig. Auch die in § 10 Satz 1 und 2 AGG vorgesehene Abwägung führe zu einer Rechtmäßigkeit der Befristungsabrede. Die vorliegend vereinbarte Befristungsabrede sei im Rahmen des nationalen Rechts durch ein legitimes Ziel gerechtfertigt, denn die Befristungsabrede diene auch der Gewährleistung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung und dem Gesundheitsschutz der Beschäftigten und Dritter.

Das Arbeitsgericht Hamburg hat durch Urteil vom 26. Juli 2010 der Klage überwiegend stattgegeben und nur den allgemeinen Feststellungsantrag abgewiesen. Zur Begründung seiner Entscheidung hat es im Wesentlichen ausgeführt, das Arbeitsverhältnis der Parteien sei mit Ablauf des 31. Mai 2010 nicht automatisch aufgelöst worden. Die entsprechende tarifliche Regelung sei unwirksam wegen des Verstoßes gegen § 14 TzBfG i. V. m. § 10 AGG. Die Beklagte könne sich nicht mit Erfolg darauf berufen, dass ein sachlicher Grund für die Befristung gem. § 14 Abs. 1 S. 1 TzBfG vorliege, da die tarifvertragliche Regelung gegen §§ 1, 7 AGG verstoße und damit gemäß § 7 Abs. 2 AGG unwirksam sei. Nach § ...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge