Verfahrensgang
ArbG Hamburg (Urteil vom 27.11.1985; Aktenzeichen 21 Ca 80/85) |
Nachgehend
Tenor
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Hamburg vom 27. November 1985 (Az.: 21 Ca 80/85) wird zurückgewiesen
Die Beklagte trägt die Kosten der Berufung.
Die durch die Nebenintervention verursachten Kosten fallen der Streitgehilfin zur Last.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten um die Wirksamkeit einer ordentlichen Kündigung des zwischen ihnen bestehenden Arbeitsverhältnisses durch die Beklagte und um Leistungen nach dem Tarifvertrag über den Vorruhestand im Baugewerbe vom 12. Dezember 1984 (abgek. Vorruhestandstarifvertrag).
Die Beklagte ist ein kleines Bauunternehmen.
Der Inhaber der Beklagten beschäftigte bis Ende Februar 1985 mindestens zwei Arbeitnehmer. Ein neben dem Kläger von der Beklagten beschäftigter Maurer, Herr …, wurde im August oder September 1984 eingestellt. Dieser Arbeitnehmer ist ungefähr 51 Jahre alt. Das Arbeitsverhältnis mit ihm wurde bislang nicht gekündigt. Der im Februar 1926 geborene Kläger ist verheiratet. Seit Mai 1975 wurde er von der Beklagten als Maurer zu einem durchschnittlichen Gehalt von DM 3.000.– brutto monatlich beschäftigt.
Der Kläger war innerhalb der letzten 15 Jahre 120 Monate in Baugewerbebetrieben tätig.
Der Inhaber der Beklagten hat bei der Zusatzversorgungskasse des Baugewerbes Schulden in Höhe von mehreren Tausend DM.
Am 18. Januar 1985 kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis zum 28. Februar 1985.
Der Kläger bezog seit etwa der 2. Hälfte des Dezembers 1984 Schlechtwettergeld. Dieses hätte er auch bis zum Ablauf der Kündigungsfrist am 28. Februar 1985 erhalten, wenn er nicht vorher seinen Resturlaub angetreten hätte.
Die Beklagte erhielt spätestens ab etwa 22. März 1985 weitere Bauaufträge, darunter zum genannten Zeitpunkt einen Auftrag über Rohbauarbeiten in Norderstedt über eine Summe von ungefähr DM 140.000.–.
Der Kläger hat vorgetragen:
Er habe bereits zwei Tage vor der Kündigung, nämlich am 16. Januar 1985, Vorruhestandsgeld beantragt (Abl. d. Antr. Bl. 17 d.A.). Den Antrag habe der Inhaber der Beklagten, Herr … am selben Tag in seiner – des Klägers – Wohnung von ihm entgegengenommen. Gegen den Antrag sei – unstreitig – kein Einspruch eingelegt worden.
Bie Kündigung sei unwirksam.
Nach § 4 Abs. 4 des Vorruhestandstarifvertrages sei aufgrund seines Antrages auf Gewährung von Vorruhestandsbezügen eine ordentliche Kündigung ausgeschlossen. Weiter verstoße die Kündigung gegen § 7 des Gesetzes zur Förderung von Vorruhestandsleistungen vom 13. April 1984 (abgek. VRG).
Schließlich sei die Kündigung auch treu- und sittenwidrig, da der Kündigungsgrund in Wahrheit auf den Zahlungsrückstand der Beklagten bei der Zusatzversorgungskasse zurückzuführen sei.
Die Beklagte habe nämlich befürchtet, daß die Zusatzversorgungskasse ihr die an ihn zu zahlenden Vorruhestandsbezüge nicht erstatten, sondern gegen ihre Erstattungsansprüche mit eigenen Forderungen gegen sie in Höhe von ungefähr DM 10.000.– aufrechnen werde.
Im übrigen spreche auch ein Beweis des ersten Anscheins dafür, daß die Kündigung nur wegen seines Antrags auf Zahlung von Vorruhestandsgeld erfolgt sei.
Der Kläger hat beantragt
- festzustellen, daß das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die Kündigung der Beklagten vom 18. Januar 1985 zum 28. Februar 1985 nicht beendet worden ist, sondern durch Eintritt in den Vorruhestand mit Wirkung vom 1. Mai 1985 als beendet gilt,
- die Beklagte zu verurteilen, an ihn. DM 2.705,85 brutto monatlich, vom 1. Mai 1985 an – abzüglich, wöchentlich DM 342,00 netto – zu zahlen.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat vorgetragen:
Die Kündigung sei wirksam.
Der Kläger falle nicht in den Schutzbereich, des Kündigungsschutzgesetzes, da sie – was der Kläger zunächst zugestanden hatte – nur einen Kleinbetrieb mit regelmäßig weniger als 5 Arbeitnehmern gehabt habe.
Die Kündigung sei auch weder treu- noch sittenwidrig. Sie habe nämlich aus Arbeitsmangel gekündigt, weil ein Kunde, Herr …, am 15. Januar 1985 von einem im Dezember 1984 erteilten Auftrag im wert von DM 150.000 zurückgetreten sei.
Im übrigen habe sie einen Antrag des Klägers auf Zahlung von Vorruhestandsgeld nicht erhalten.
Den Rechtsauffassungen des Klägers zu den Vorruhestandsregelungen hinsichtlich eines von ihm angenommenen Kündigungsverbotes ist die Beklagte entgegengetreten. Sie hat weiter behauptet, daß der Auftrag, durch den sie im 1. Halbjahr 1985 einen Umsatz von ca. DM 100.000 erzielt habe, erst nach der Kündigung des Klägers ihr erteilt worden sei.
Die Beklagte hat mit Schreiben vom 26. September 1985 der Zusatzversorgungskasse des Baugewerbes VVaG den Streit verkündet (Bl. 57 f. d.A.).
Das Arbeitsgericht Hamburg hat gemäß seinen Beschlüssen vom 26. August 1985 (Bl. 37 d.A.) und vom 16. Oktober 1985 (Bl. 62 d.A.) Beweis erhoben durch Vernehmung der Zeugin Frau … und des Zeugen Herrn Wolfgang Büchler.
Wegen des Inhalts der Zeugena...